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"Wir haben es mit einer aggressiven Umwelt zu tun"

In Bremerhaven hat heute die Fachkonferenz "Windstärke 09 - Kurs Offshore" begonnen, eine Messe der Windenergiebranche. Die Windenergiegewinnung auf dem Meer ist für viele Länder die Zukunft - aber auch nicht ganz problemlos.

Von Christina Selzer | 16.06.2009
    Deutschlands erster Windpark auf dem Meer entsteht zurzeit in der Nordsee. Die ersten sechs Fundamente 45 Kilometer vor der Insel Borkum sind schon aufgestellt. Bis Jahresende sollen sich hier zwölf Windräder drehen. "Alpha Ventus" heißt dieses Testfeld vor Borkum und es ist erst der Anfang. Etliche Unternehmen stehen schon in den Startlöchern, sagt Jan Rispens von der Windenergieagentur, dem Organisator der Konferenz "Windstärke 09":
    "Es sind 20 Projekt genehmigt, drei davon in der Ostsee, 17 in der Nordsee. In der zwölf-Seemeilen Zone sind drei genehmigt, heute sind das schon 6000 bis 9000 Megawatt, das ist eine Menge und entspricht einer Investition von 20 bis 25 Milliarden Euro."

    Dass die Entwicklung von Windparks auf dem Meer sich so beschleunigt hat, liege vor allem an einer wichtigen politischen Entscheidung, die die Rahmenbedingungen verbessert habe, erklärt Bremens Umweltsenator Reinhard Loske von den Grünen:
    "Zentral ist dass wir seit Januar 2009 Klarheit haben, dass 15 Cent pro Kilowattstunde bezahlt werden. Aber nur, wenn die Windparks bis 2015 ans Netz gehen. Dieser Sprinterbonus, wer zuerst kommt, hat den Vorteil, zahlt sich aus, denn es gab vorher zwar positive Bekundungen, aber passiert war nicht viel."

    Ohne die Offshore-Windenergie seien die Ausbauziele für erneuerbare Energien in Deutschland nicht erreichbar, glaubt Reinhard Loske.

    Und das Ziel der Bundesregierung ist ehrgeizig: Bis 2030 sollen vor der deutschen Küste Anlagen mit Kapazitäten von zusammen 25.000 Megawatt entstehen. Die Offshore-Windparks würden dann 15 Prozent des deutschen Strombedarfs decken.
    Mit den neuen Rahmenbedingungen ist Windenenergie interessanter geworden. In Küstennähe wurden große Werke für Rotoren, Turbinen und Fundamente gebaut. Die Windkraftbranche hat 500 Millionen Euro investiert.

    Der Hersteller der Windräder, die Firma Multibrid aus Bremerhaven, die zum französischen Nuklearkonzern Areva gehört, hat gerade ein neues Konzept für ein Umspannwerk auf See entwickelt, erklärt Cederick Allwardt:

    "Das Umspannwerk wird an Land fertig montiert, dann mit Schleppern auf See gebracht, um es dann direkt zu errichten, wodurch man die Möglichkeit hat, Wind und Wetter zu umgehen."

    Wind und Wetter bereiten der gesamten Offshore-Technik noch große Probleme: Auf der Tagung "Windstärke 09" in Bremerhaven wird es deshalb auch darum gehen, wie sich die Anlagen vor Korrosion schützen lassen. Jan Rispens von der Windenergieagentur:

    "Wir haben es mit einer aggressiven Umwelt zu tun: Wind, Salz. Wir müssen überlegen, was man dagegen tun kann. Wie kann man die Windkraftanlagen so machen, dass es wenig Korrosion gibt."

    Neue Beschichtungsmaterialien werden zurzeit entwickelt. Insgesamt kommt es darauf an, so kostengünstig wie möglich Korrosion zu verhindern. Bei der Wartung der Anlagen gibt es noch andere Herausforderungen. Orkane können Kabelkanäle zerstören. Die Anlagen stehen auf großen Stahlfüßen, die tief im Erdboden verankert sind. Das macht die Arbeiten daran kompliziert. Die Kosten dafür sind schwer zu kalkulieren.

    Noch nicht gelöst ist auch die Frage, wie der Strom optimal ins Netz und von dort in die Steckdosen der Verbraucher kommt. Zwar soll jetzt ein neues Gesetz den Ausbau der Leitungen beschleunigen. Bisher ging die Anbindung ans Netz den Unternehmen aber nicht schnell genug voran. Jan Rispens hofft, dass die Bundesnetzagentur Druck macht, damit die Lücken im Stromnetz geschlossen werden.