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"Wir hätten auch mit Clement weitergearbeitet"

Rudolf Malzahn, Vorsitzender des SPD-Ortsverein Bochum-Hamme und Mitinitiator des Ausschlussverfahrens gegen Wolfgang Clement zeigt sich verwundert über Wolfgang Clements Reaktion auf die Rüge durch die Bundesschiedskommission. Man könne nicht dazu aufrufen, die eigene Partei nicht zu wählen, so Malzahn.

Rudolf Malzahn im Gespräch mit Sandra Schulz | 25.11.2008
    Sandra Schulz: Telefonisch bin ich jetzt verbunden mit einem Sozialdemokraten, der einiges ins Rollen gebracht hat: Rudolf Malzahn, der Vorsitzende des SPD-Ortsvereines Bochum-Hamme und Mitinitiator des Parteiausschlussverfahrens gegen Wolfgang Clement. Guten Tag!

    Malzahn: Guten Tag.

    Rudolf Schulz: Herr Malzahn, der 25. 11. 2008, ein guter Tag für die Sozialdemokraten?

    Malzahn: Ich sage mal, ich war überrascht, dass Clement aus der Partei ausgetreten ist. Ob das ein guter Tag ist, möchte ich nicht behaupten. Wir hätten auch mit Clement weitergearbeitet. Wir haben in Berlin eine Vereinbarung geschaffen und da hätte er gut und gerne mit leben können. Ich muss sagen, Schily war ja sein Beauftragter, Bevollmächtigter, und er hat ja auch eine Erklärung von Clement mitbekommen. Clement hat es ja nicht für nötig gehalten, dort zu erscheinen. Aber ich sage mal, die Mitteilung von Clement war wohl nicht ernst gemeint, nämlich sonst wäre er heute nicht aus der Partei ausgetreten. Das hätte er uns alle ersparen können, schon nach dem Bochumer Schiedsspruch.

    Schulz: Hätten Sie denn Wolfgang Clement auch etwas ersparen können?

    Malzahn: Nein. Wer sich so parteischädigend verhält, der muss letztendlich gerügt werden und der kann so mit uns und unserer Partei nicht umspringen.

    Schulz: Klingt denn da auch ein Dissens an mit SPD-Parteichef Franz Müntefering, der den Austritt Clements ja bedauert hat?

    Malzahn: Ich sage mal, er ist quasi Franz Müntefering in den Rücken gefallen. Mit seiner Erklärung, die er ja bei seinem Austritt abgegeben hat, muss ich sagen, da macht er ja Müntefering sogar noch den Vorwurf, mit den Linken paktieren zu wollen. Und zu sagen, er wäre drangsaliert worden, da soll er doch mal die Leute nennen, die ihn drangsaliert haben. Wir in Berlin, wir waren nämlich sehr, sehr offen zueinander und untereinander und ich kann Ihnen nur sagen, ich weiß nicht, was in Clement gefahren ist. Aber er hat den Schritt getan und ich sage mal, es wird wieder Ruhe in der SPD sein, weil wir einen Fall gelöst haben.

    Schulz: Aber mit der Meinungsfreiheit jedenfalls nehmen Sie es nicht allzu genau in der SPD?

    Malzahn: Wieso nicht genau?

    Schulz: Ist das Signal richtig, dass ein Genosse, der seine Meinung sagt, dafür mit einem monatelangen Parteiausschlussverfahren überzogen wird?

    Malzahn: Ich sage Ihnen mal, der Clement kann Meinungen haben so viele wie er will, auch in der SPD und als SPD-Mann. Nur er kann eines nicht tun: Er kann nicht dazu aufrufen, seine eigene Partei nicht zu wählen, und das hat er in Hessen getan. Darum ging das Schiedsverfahren. Um nichts anderes ging es. Es ging darum, dass Clement gesagt hat, die SPD nicht mehr zu wählen. Auch bei dem Plasberg-Interview hat er noch mal ganz klar gesagt, er würde nicht Ypsilanti wählen. Stellen Sie sich mal vor, der Steinmeier ist jetzt Bundeskanzlerkandidat und der Struck würde sich hinstellen und würde sagen, also das würde ich mir überlegen, den zu wählen, ich würde den nicht wählen. Was meinen Sie, was hier los wäre. Nichts anderes hat Clement getan.

    Schulz: Herr Malzahn, jetzt steckt die SPD in Hessen inzwischen in der Tat in einem Umfragetief, das allerdings ja auch auf die Versuche Andrea Ypsilantis zurückgeht, sich durch die Linkspartei tolerieren zu lassen. Muss dieser Kurs jetzt nicht auch eindeutig eine Absage bekommen?

    Malzahn: Ypsilanti hat sich wie viele Male entschuldigt dafür. Sie hat einen Fehler gemacht, das ist richtig. Nur hätte Clement seinerzeit diesen Aufruf nicht getan, hätten wir heute in Hessen eine Ministerpräsidentin Ypsilanti.

    Schulz: Wenn Wolfgang Clement eine klare Abgrenzung von der Linkspartei fordert, dann artikuliert er damit ja auch ein Unbehagen, das viele Wähler auch haben. Kann sich die SPD, können sich die Sozialdemokraten es leisten, diese Wähler zu verprellen?

    Malzahn: Nein, das kann sie nicht. Aber ich sage Ihnen mal, ich bin Gewerkschafter. Ich bin 50 Jahre IG-Metaller. Ein ganz, ganz großer Teil der Linken sind Gewerkschafter und ehemalige SPDisten und ich muss mir dann auch mal die Linken ansehen. Das ist eine demokratisch gewählte Partei. Ich kann nicht grundsätzlich alle jetzt als Kommunisten dort hinstellen. Von Fall zu Fall muss man da mal sehen, wer sind sie, die dort drin sind, und welches Programm haben sie.

    Schulz: Aber der Austritt Wolfgang Clements ist ein Erfolg für die SPD-Linke?

    Malzahn: Das kann ich nicht als Erfolg sagen. Ich sage mal, bei uns ist überhaupt kein Hurrah-Geschrei oder Hosianna, dass Clement jetzt aus der Partei ist, aber ich bin froh. Wir haben es versucht, Ruhe in der SPD einkehren zu lassen, mit Müntefering und allen Beteiligten in Berlin, und ich sage mal, es kehrt jetzt Ruhe ein. Nach 14 Tagen, drei Wochen spricht keiner mehr über Clement. Und wenn er sich dann noch mal äußert, dann äußert er sich als Wolfgang Clement und nicht mehr als Parteimitglied.

    Schulz: Rudolf Malzahn, der Vorsitzende des SPD-Ortsverbandes Bochum-Hamme und einer der Mitinitiatoren des Ausschlussverfahrens gegen Wolfgang Clement, heute in den "Informationen am Mittag". Danke schön!

    Malzahn: Bitte.