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Wird das Bundesinstitut für Sportwissenschaft geschlossen?

Wenig Transparenz, ein teurer Verwaltungsapparat und Entscheider, die über ihre eigenen Anträge abstimmen: Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft in Bonn steht seit längerem in der Kritik. Nun hat der Bundesrechnungshof einen Bericht zum Institut vorgelegt. Die Zukunft der deutschen Sportförderung soll sich in diesem Jahr entscheiden. Eine Schließung des Bundesinstitutes ist möglich.

Von Daniel Drepper | 19.06.2010
    Ende Mai hat der Bundesrechnungshof einen seit Monaten erwarteten Bericht zum Bundesinstitut für Sportwissenschaft fertig gestellt. Die 23 Seiten, die der Haushaltsausschuss schon 2007 in Auftrag gegeben hatte, liegen dem Deutschlandfunk vor.
    Der Bericht des Bundesrechnungshofes bestätigt in Teilen die Vorwürfe des Wissenschaftsrates der Bundesregierung. Dieser hatte dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft vor drei Jahren in einer ausführlichen Analyse Mittelverschwendung und Vetternwirtschaft vorgeworfen und die Schließung des Institutes empfohlen. Der Bundesrechnungshof attestiert dem Bundesinstitut jetzt zwar Verbesserungen, stellt aber noch immer erhebliche Mängel fest.

    Zur Vetternwirtschaft: Das Bundesinstitut hat einen Wissenschaftlichen Beirat und einen Gutachterausschuss. Beide beraten das Institut in wissenschaftlichen Fragen. Zwischen den Gremien gebe es jedoch Aufgaben- und Personalüberschneidungen, schreibt der Bundesrechnungshof. So seien zum Beispiel drei von vier Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirates auch Mitglieder im Gutachterausschuss. Der Rechnungshof fordert jetzt, die beiden Gremien zu einem einzigen Beirat zusammenzufassen und dessen Aufgaben genau zu definieren.

    Auch das Antragsverfahren der Sportförderer bemängelt der Rechnungshof. Das Verfahren der Förderung sei intransparent. Und die Entscheidungen, warum das Institut Projekte annimmt oder ablehnt, würden nicht ausreichend dokumentiert. Zudem seien Antragsteller zum Teil in Entscheidungen eingebunden, die ihre eigene Fachgruppe betreffen. In einzelnen Fällen komme es sogar immer noch zu Überkreuzbegutachtungen. Das bedeutet, dass Wissenschaftler A ein Projekt von Wissenschaftler B begutachtet und B wiederum eines von A – im gleichen Antragszeitraum.

    Eigentlich hatte die Bundesregierung schon vor über zwei Jahren "Zehn Leitlinien für eine moderne Ressortforschung” verabschiedet. Diese Leitlinien sollten solch wirre Strukturen eigentlich verhindern. Die Sportförderer hätten diese jedoch bis heute nicht umgesetzt, so der Rechnungshof.

    Zum Thema Mittelverschwendung ist der Bericht des Rechnungshofes etwas moderater: Beim Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis habe das Institut Verbesserungen eingeleitet. Zudem sei die Verwaltung etwas effizienter, als noch vor Jahren festgestellt. Dennoch fordert der Rechnungshof auch hier weitere Anstrengungen.

    Der Rechnungshof glaubt, dass das Sportinstitut effizienter wird, je mehr Mittel es verwaltet. Die Prüfer schlagen deshalb vor, den Bonner Sportförderern auch die Entscheidung über die Ausgaben zweier weiterer Sportinstitute zu übertragen: Des Institutes für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten, kurz FES, und des Institutes für Angewandte Trainingswissenschaft, kurz IAT. In diesem Jahr haben beide zusammen einen Etat von zwölf Millionen Euro, doppelt so viel Geld wie dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft zur Verfügung steht.

    Peter Danckert, bis 2009 Vorsitzender des Sportausschusses und seitdem Mitglied im Haushaltsausschuss, lehnt das jedoch ab. Es gebe immer noch erhebliche Zweifel an der Arbeit des Bundesinstitutes für Sportwissenschaft, so Danckert. Deshalb gebe es für ihn im Moment keinen Grund, diesem noch weitere Aufgaben zu übertragen. Die Sportförderer sollten erstmal ihre eigenen Probleme lösen.

    Die Haushaltspolitiker haben am vergangenen Mittwoch beschlossen, dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung zum Bundesinstitut für Sportwissenschaft fallen muss. Die Politik will jetzt noch einen Bericht des Wissenschaftsrates abwarten. Nach seiner verheerenden Prüfung im Jahr 2007, als er die Schließung des Bundesinstitutes empfahl, steht in diesem Jahr eine Nachprüfung an. Sie soll nun beschleunigt werden und vor den Haushaltsberatungen für das kommende Jahr vorliegen, also spätestens Anfang September. Damit nicht noch ein weiteres Jahr ohne Taten ins Land zieht. Von der Nachprüfung des Wissenschaftsrates hängt nun alles ab. Selbst eine Schließung des Bundesinstitutes ist noch nicht vom Tisch.