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Wirkung wie Epo
Studie zu Kobalt alarmiert Dopingfahnder

Forscher an der Universität Bayreuth haben herausgefunden, dass Kobalt schon in geringen Mengen einen ähnlichen Effekt wie das Blutdoping-Mittel Epo haben kann. Dopingfahnder befürchten jetzt, dass Kobalt seit Jahren als Dopingmittel im Einsatz ist. Eine gültige Nachweismethode gibt es bisher nicht.

Von Sebastian Krause | 28.01.2019
    Harald Wurm bei einem Wettkampf 2015
    Im Zusammenhang mit Kobalt überführt und gesperrt wurde bisher weltweit erst ein Sportler. Der Ski-Langläufer Harald Wurm (imago)
    Eine neue Studie zur Wirkung von Kobalt alarmiert die Dopingfahnder. Kobalt ist ein Schwermetall, das in ganz geringen Mengen über die Nahrung aufgenommen wird und als Bestandteil des Vitamin B12 im menschlichen Körper wichtig ist.
    Forscher der Universität Bayreuth haben jetzt gemeinsam mit den Anti-Doping-Laboren in Köln und Kreischa herausgefunden, dass Kobalt von außen zugeführt einen Dopingeffekt haben kann, und zwar schon in so kleiner Dosierung, wie sie in Nahrungsergänzungsmitteln NEM frei verkäuflich enthalten sind.
    Kobalt regt die Blutbildung an, wirkt wie ein Höhentraining und kann dadurch die Ausdauerleistung bei Spitzensportler verbessern, so das Ergebnis der Studie.
    Effekt wie im Höhentrainingslager
    Der Leiter der Studie, Prof. Walter Schmidt vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Bayreuth, sagt im Interview mit der ARD-Radio-Recherche Sport: "Meine Befürchtung ist, dass schon seit 30, 40 Jahren mit Kobalt gedopt wird, und dass das bislang einfach noch keiner gewusst hat."
    Die Forscher haben die Wirkung von Kobalt an Sportstudenten getestet. Sie haben ihnen Kobalt-Mengen wie sie in NEM enthalten sind über drei Wochen in flüssiger Form, also als Getränk, verabreicht. "Wir haben festgestellt, dass die Mengen, die von den NEM-Herstellern empfohlen werden, gerade so eben ausreichen können, um eben wirklich eine Blutbildung zu erreichen. Aber, natürlich kann der Sportler das doppelte, das dreifache, das fünffache nehmen, und damit könnte er dann wirklich ein Doping betreiben, er könnte das Hormon Erythropoetin erhöhen, und damit praktisch auch ein Höhentraining simulieren", so Prof. Schmidt weiter.
    "Wir haben festgestellt, dass damit so viel Hämoglobin, also der rote Blutfarbstoff, der den Sauerstoff transportiert, gebildet werden kann, wie durch ein Höhentrainingslager auf ungefähr 2.000 Meter im Rahmen von 2 bis 3 Wochen."
    Mehr rote Blutkörperchen für besseren Sauerstofftransport. Dass Kobalt den gleichen Effekt wie das Blutdopingmittel EPO haben könnte, ist schon seit Jahrzehnten unter Experten bekannt.
    Von den 1940er bis 1980er-Jahren wurde Kobalt laut den Verfassern der Studie zur medizinischen Behandlung von Blutarmut-Patienten eingesetzt. Als EPO dann als Medikament künstlich hergestellt werden konnte, geriet Kobalt in Vergessenheit, offensichtlich auch bei den Doping-Fahndern der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA.
    Erst seit 2015 auf der Dopingliste
    Kobalt steht erst seit 2015 auf der Dopingliste. Und bisher fehlt immer noch eine gültige Nachweismethode. Es gibt zwar einen Test auf Kobalt, bestätigt Prof. Mario Thevis vom Anti-Doping-Labor in Köln, die Ergebnisse könnten derzeit aber nicht zur Bestrafung eines Athleten herangezogen werden.
    Es sei noch kein Grenzwert festgelegt worden, "um zu unterscheiden, haben wir hier eine natürliche Menge an Kobalt im Blut oder Urin gefunden, oder sind das überdurchschnittlich hohe Mengen, die eigentlich nur aufgrund des Missbrauchs von Kobaltprodukten herrühren," so Dopingforscher Prof. Mario Thevis.
    Nach Informationen der ARD-Radio-Recherche Sport hat es in Deutschland tatsächlich schon einen Kobalt-Fall gegeben. Die nationale Anti-Doping-Agentur NADA teilt auf Anfrage mit, "dass der NADA eine Probe mit erhöhten Kobaltwerten vorlag." Die NADA ist diesem möglichen Verstoß auch in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft nachgegangen. Der Anfangsverdacht bestätigte sich nicht. Das Verfahren wurde eingestellt."
    Im Zusammenhang mit Kobalt überführt und gesperrt wurde bisher weltweit erst ein Sportler. Der Ski-Langläufer Harald Wurm aus Österreich. Bei ihm war das Mittel im Rahmen einer Hausdurchsuchung gefunden worden.
    Tests im Pferdesport üblich
    Dass der Test auf Kobalt immer noch Probleme bereitet, stößt bei Anti-Doping-Experten auf Unverständnis. Zumal es im Pferdesport schon länger eine gültige Nachweismethode gibt. Einige Rennpferde sind auch schon positiv getestet und deren Jockeys bzw. Besitzer bestraft worden.
    Was das Testverfahren bei Athleten angeht, ist laut Welt-Anti-Doping-Agentur WADA eine Studie zur Festlegung eines gültigen Grenzwertes im Gange, die in "naher Zukunft" abgeschlossen sein soll.