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Wirtschaftliche Folgen der Lungenkrankheit
Autobauer kommen an ihre Grenzen

Das Coronavirus sei kein Konjunkturkiller, meint Bundeswirtschaftsminister Altmaier. Doch viele Ökonomen haben inzwischen ihre Prognose gekürzt. Und eine neue Studie zeigt: Besonders die Autobranche könnte die Folgen des Virus deutlich zu spüren bekommen.

Von Mischa Ehrhardt | 17.02.2020
Ein Volkswagen Passat steht am 19.04.2017 im chinesischen Shanghai im dichten Verkehr im Stau. Foto: Friso Gentsch/dpa | Verwendung weltweit
Das Coronavirus könnte die deutsche Industrie einige Milliarden an Umsatz kosten, erwartet Autoanalyst Pieper. Besonders hart trifft es die Autobranche (dpa)
Langsam zeigt sich, dass der Ausbruch des Virus in China die Autobranche besonders hart trifft.
"Weil halt die Automobilindustrie sowohl innerhalb Chinas als auch global relativ komplexe Lieferketten hat, und diese jetzt durch, sagen wir mal, auch die Isolierung der ganzen Region rund um Wuhan davon betroffen ist," sagt Nikolaus Lang, Autoexperte bei Boston Consulting.
So hat Volkswagen angekündigt, die Produktion in den Gemeinschaftswerken mit Shanghai Automotive nicht wie geplant diesen Montag, sondern erst nächsten Montag wieder aufzunehmen. Der Grund: Es gebe Probleme in Lieferketten und Logistik. Auch stellten die eingeschränkten Reisemöglichkeiten der Produktionsmitarbeiter ein Problem dar. Der chinesische Autoherstellerverband rechnet mit rund einer Million weniger verkaufter Fahrzeuge durch die Lungenkrankheit in diesem Jahr. Mittlerweile kommen die Autohersteller nun langsam an die Schmerzgrenze, meint Autoanalyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler.
"Das beeinflusst die Industrie dann, dass ist die Regel, kann man sagen, wenn das länger als zwei Wochen dauert. Was bis zwei Wochen dauert, kann man in der Regel durch Sonderschichten ganz gut auffangen. Aber danach kostet das dann richtig Geld."
Jedes fünfte Lenkrad für die USA kommt aus Wuhan
Die Berater bei Boston Consulting haben errechnet, dass in der vom Virus am meisten betroffenen chinesischen Provinz Hubei jährlich rund zwei Millionen Autos von den Bändern rollen – das sind acht Prozent der gesamten Fahrzeugproduktion in China. Bei leichten Nutzfahrzeugen sei Hubei nach der Provinz Guangdong an der Grenze zu Hongkong zweitwichtigster Produktionsstandort. Auch Gemeinschaftsunternehmen mit Honda, der Peugeot- und Opelmutter PSA und Renault haben ihre Hauptsitze in der abgeriegelten Provinzhauptstadt Wuhan. Dazu kommen noch rund 700 in- und ausländische Autozulieferer, die in der Region Teile für die globale Autoindustrie herstellen.
"Also ein interessantes Beispiel, das wir analysiert haben, ist, dass 21 Prozent der in den USA verbauten Lenkräder direkt aus Wuhan stammen. Und dementsprechend, Sie wissen selber, kann man schlecht ein Auto fertig bauen ohne Lenkrad," sagt Nikolaus Lang.
China ist der weltweit größte Exporteur von Autoteilen. Deswegen wird das Virus sich aller Voraussicht nach eben auch andernorts in der Autoproduktion auswirken. Denn die Autoindustrie ist besonders stark international organisiert – und damit in ihren Lieferketten auch abhängig. Diese Abhängigkeit von China gilt für die deutschen Autobauer zudem noch in anderer Hinsicht. Denn China ist zum wichtigsten Automarkt für die meisten deutschen Hersteller aufgestiegen. Jürgen Pieper meint deswegen, dass die Corona-Krise in China in den Bilanzen der deutschen Autohersteller deutliche Spuren hinterlassen wird.
"Im Moment sieht es so aus, dass wenn wir Ende Februar von einem annähernd normalen Status ausgehen, dann wäre aber einen Monat lang sehr wenig passiert in den Werken. Und man merkt es auch in einigen Werken in Europa, weil Zulieferteile nicht kommen. Aber da fällt schon erheblich was aus, also für die Industrie fallen einige Milliarden an Umsatz aus, und entsprechend einige hundert Millionen an Gewinnen"."