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Wissenschaft
Karriereplanung beginnt vor der Doktorarbeit

Nach dem Studium entscheiden sich viele Studierende, noch eine Doktorarbeit dranzuhängen. Meist mit der Hoffnung, ihre Berufschancen zu verbessern und die Aussicht auf eine Karriere in der Wissenschaft zu erhöhen. Doch die Anstellungsquote an Universitäten ist alles andere als rosig.

Von Michael Stang | 24.06.2014
    Zwei palästinensische Studierende in Talar und Dokturhut während ihrer Graduation an der Uni in Nablus.
    Zwei Studierende mit Doktorhut und Talar während ihrer Graduation an der Uni (picture alliance / dpa / Alaa Badarneh)
    Schaut man sich die europaweiten Abschlusszahlen von Doktorarbeiten an, sieht man innerhalb weniger als einer Dekade eine Verdopplung. Paradoxerweise müssen viele Universitäten sparen. Immer wenige Jobs für immer mehr exzellent ausgebildete Nachwuchswissenschaftler. Lohnt sich eine Doktorarbeit überhaupt noch?
    Mit Ja beantwortet Sarah Blackford diese Frage, die für die britische Gesellschaft für Experimentelle Biologie, die Nachwuchswissenschaftler bei der Karriereplanung unterstützt.
    "Ein Doktortitel ist die Eintrittskarte für viele verschiedene Karrieren, zudem ist es eine große Erfahrung. Außerdem wird jeder durch seine Doktorarbeit zu einem fähigen Projektmanager, das wissen viele gar nicht."
    Kaum noch akademische Festanstellungen
    Was viele Studierende auch nicht wissen, sind die geringen Aussichten auf eine akademische Festanstellung. Weniger fünf Prozent aller Studierenden, die ihren Doktor erfolgreich abgeschlossen haben, erhalten später eine permanente Stelle an einer Hochschule. Wenn man sich im Klaren darüber ist, dass die Karriere außerhalb der akademischen Welt durchstarten soll, sollte man sich beizeiten umschauen, sagt auch Lidia Borrell-Damián von der European University Association in Brüssel, dem größten Verband europäischer Hochschulen mit rund 850 Mitgliedern aus 47 Ländern des Europäischen Hochschulraumes.
    "Das Wichtigste ist, dass man sich schon während der Doktorarbeit mit den Chancen auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt: lokal, national und weltweit. Natürlich sollte jeder viel Arbeit in seine Doktorarbeit stecken, aber dennoch schon darüber nachdenken, was man danach machen möchte."
    Dieses Investment müssten die Hochschulen fördern, so Lidia Borrell-Damián. Dies sei manchmal nicht einfach, schließlich haben die meisten Betreuer der Doktorenden den akademischen Bereich nie verlassen und können daher die Chancen, etwa in der Industrie unterzukommen, kaum einschätzen.
    "Einem Doktoranden würde ich immer raten, sich zunächst die regionalen, dann die nationalen und schließlich die europaweiten Förderprogramme anzuschauen. Das ist nicht einfach und eine Garantie auf eine Festanstellung gibt es auch außerhalb der Hochschulen nicht, aber wo gibt es das heute überhaupt noch?"
    Förderprogramme nutzen
    Diese oft fachspezifischen Programme sind vielfältig und können die Karriere frühzeitig in die gewünschte Richtung lenken. Dort finden sich Ansprechpartner, die gezielt helfen. So geschehen auch bei Denisa Cupi. Vor vier Monaten erfuhr die Promotionsstudentin der Technischen Universität von Dänemark in Lyngby nahe Kopenhagen von Eurodoc, der Europäischen Vereinigung für Doktoranden und Nachwuchsforscher. Sie besteht aus 35 nationalen Verbänden. Mittlerweile bietet diese Vereinigung auch Onlinehilfe in Echtzeit an.
    "EduCoach Chats ist eine Plattform, wo einem bei Fragen rund um das Doktorandendasein geholfen wird, seien das jetzt Anträge, Finanzierungsmittel, Fragen zu Studieninhalten und so weiter. Damit wird Studierenden individuell geholfen und geschaut, was EU-weit das Beste für die jeweilige Ausbildung ist."
    Denn die drei bis fünf Jahre, die Studierende in der Regel in ihre Doktorarbeit investieren, sollen die Karrierechancen erhöhen. Daher müssten sich, da waren sich alle Vortragenden auf dem Podium in Kopenhagen einig, alle gemeinsam – Politik, Hochschulen und die Studierenden selbst – frühzeitig und gezielt um die Karriereförderung nach Abschluss des Doktortitels bemühen, sei er nun innerhalb oder außerhalb der akademischen Welt.