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WM 1990
Titel in historischer Stunde

Am 8. Juli 1990 wird die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zum dritten Mal Fußball-Weltmeister. Mit 1:0 gewinnt die Mannschaft im Finale von Rom gegen Argentinien. Nur drei Monate später ist Deutschland wieder vereint.

Von Matthias Friebe | 08.07.2015
    Die deutsche Fußballnationalmannschaft feiert am 08.07.1990 im Olympiastadion in Rom den eroberten Weltmeistertitel.
    Die deutsche Fußballnationalmannschaft feiert am 08.07.1990 im Olympiastadion in Rom den eroberten Weltmeistertitel. (Picture Alliance / dpa / Werek)
    Reporter: “Brehme gegen den Elfmetertöter Goycochea“
    Die Stadionuhr im römischen Olympiastadion zeigte fast 21.45 Uhr, als Andreas Brehme zum Elfmeter antrat gegen Argentiniens Nationaltorwart Sergio Goycochea. Reporter: “Jawoll. Tor für Deutschland. 1:0 durch Andreas Brehme. Alles wie gehabt: mit rechts flach ins linke Eck. Goycochea wusste alles, nur halten konnte er ihn nicht.“
    Acht Minuten noch musste die deutsche Mannschaft das 1:0 verwalten, ehe Schiedsrichter Codesal Mendez aus Mexiko abpfiff und der dritte WM-Titel nach 1954 und 74 perfekt war. Reporter: “Aus. Das Spiel ist aus. Deutschland ist vollkommen zurecht nach einer erstklassigen Vorstellung Fußball-Weltmeister 1990.“
    „Da fallen einfach unheimliche Klötze von einem ab und es ist einfach eine ganz tolle Sache“, erinnert sich Guido Buchwald an den Moment des Schlusspfiffs. Legendär auch die Szenen nach der Siegerehrung, als Teamchef Franz Beckenbauer mit der Goldmedaille um den Hals einsam über den Rasen von Rom geht und still den Triumph genießt. Buchwald sagt über ihn: “Er war der Vater der Kompanie. Mit seiner Ausstrahlung und seinem Charisma hat er jeden Spieler super ansprechen können und da jeden auch in die richtige Richtung gebracht.“
    Dabei wäre die deutsche Mannschaft fast nicht bei der Endrunde in Italien dabei gewesen. Sechs Tage nach dem Mauerfall, am 15. November 1989 musste in Köln gegen Wales ein Sieg her. Unter dem Eindruck der Ereignisse von Berlin, quält sich die Nationalelf zu einem knappen 2:1. “Es war schwierig sich da auf das Spiel zu konzentrieren und nicht die Freude oder die Gedanken, über das, was jetzt passiert ist, ob Deutschland jetzt zusammen wächst, an sich ran zu lassen“, erinnert Buchwald.
    Überragend dann der Start in die Endrunde in Italien. Lothar Matthäus, später zum Weltfußballer des Jahres gewählt führt die Mannschaft zu einem 4:1 gegen das hoch gehandelte Jugoslawien. WM-Neuling Vereinigte Arabische Emirate wird 5:1 besiegt, von Kolumbien trennt sich das Team 1:1. Zu einem Schlüsselmoment im Turnier wird das hitzige Achtelfinale gegen die Niederlande, das vor allem wegen einer Szene in die Fußball-Geschichte eingeht. Zweimal spuckt der Niederländer Frank Rijkaard Rudi Völler an, beide fliegen vom Platz, was Teamchef Franz Beckenbauer erzürnt. “Was hier bei dieser Weltmeisterschaft gepfiffen wird, das passt nicht mehr auf eine Kuhhaut. Was der heute wieder veranstaltet hat, ich glaube langsam wird das zu einer lächerlichen Veranstaltung.“
    Trotzdem heißt es am Ende 2:1. Im Viertelfinale, genau an dem Tag, als in der DDR die D-Mark als offizielles Zahlungsmittel eingeführt wird, schlägt die DFB-Elf die Tschechoslowakei mit 1:0. Erst das Elfmeterschießen bringt im Halbfinale gegen England die Entscheidung, weil Chris Waddle den Ball über das Tor setzte. Für das Finale dann am 8. Juli hatte sich Teamchef Franz Beckenbauer einen speziellen Schachzug ausgedacht. Guido Buchwald sollte Argentiniens Weltstar Diego Maradona komplett aus dem Spiel nehmen.
    “Für mich war das eine besondere Aufgabe und Auszeichnung, dass der Franz Beckenbauer gesagt hat. Guido, das ist deine Aufgabe und das packst du.“ Buchwald meisterte diese Aufgabe vorzüglich. Maradona kam in den kompletten 90 Minuten überhaupt nicht zur Entfaltung. Der Rest ist Sportgeschichte. Zum dritten Mal Fußball-Weltmeister, ein letztes Mal als Mannschaft Westdeutschlands, denn keine drei Monate später ist Deutschland wieder vereint.