Donnerstag, 18. April 2024

WM-Dekoration
Mit Gummigeschossen gegen Straßenkunst

Über 1.000 Titel und Marken hat sich die Fifa vor der WM in Brasilien schützen lassen, darunter das WM-Maskottchen Fuleco. Der brasilianische Staat hat sich dazu verpflichtet, dieses geistige Eigentum zu schützen – und geht dabei nicht immer zimperlich vor: Eine Spezialeinheit schoss mit Gummigeschossen und Rauchbomben auf Jugendliche, die Fuleco auf eine Straße malen wollten.

Von Jonas Reese | 04.07.2014
    Das WM-Maskottchen Fuleco wurde auf eine Straße in Sao Paulo gemalt
    Das WM-Maskottchen Fuleco wurde auf eine Straße in Sao Paulo gemalt (Jonas Reese/ Deutschlandradio)
    Vom T-Shirt bis zum Schlüsselanhänger: Wenn darauf „Fußball-Weltmeisterschaft 2014", „WM 2014" oder „Copa 2014" zu lesen oder das Maskottchen "Fuleco" zu sehen ist, dann muss ein Händler dafür eine offizielle Lizenz erwerben. Denn diese Titel sind geistiges Eigentum der Fifa. Nach Angaben des Instituts für geistiges Eigentum in Brasilien hat sich der Weltverband vor der WM 1.374 Titel und Marken registrieren lassen. In einem Extra-Gesetz hat sich der brasilianische Staat dazu verpflichtet, dieses Eigentum zu schützen und gegen Verstöße vorzugehen.
    Und so kam es, dass im Vorfeld der WM in einer großangelegten Aktion von Mitte März bis Mitte April mehr als 700.000 gefälschte Fanartikel sichergestellt wurden. Die zwei Tonnen T-Shirts, Hosen, Socken wurden in Zusammenarbeit von brasilianischer Regierung, Europäischer Union, Welthandelsorganisation und der europäischen Sportindustrie beschlagnahmt. Brasilien hat sogar eine nationale Spezialeinheit gegründet, um gegen Produktpiraterie vorzugehen. Auch während der WM werden immer wieder gefälschte Produkte gefunden: Allein in der Hafenstadt Recife 1.200 gefälschte Brasilien-Trikots und Maskottchen oder 1.050 Bierhumpen in Form des WM-Pokals Jules Rimet.
    Manchmal wird der Schutz des geistigen Eigentums der Fifa aber auch etwas übertrieben. In Rio de Janeiro wurden Anwohner des Viertels Engenho de Dentro noch vor Turnierbeginn von der Spezialeinheit „Schock-Bataillon" mit Gummigeschossen und Rauchbomben davon abgehalten, das WM-Maskottchen auf die Straße zu malen. Drei Männer und fünf Jugendliche wurden festgenommen. Farbe und Pinsel beschlagnahmt. "Ich wusste gar nicht, was los ist. Wir waren fröhlich am Streichen, als auf es auf einmal einen lauten Knall gab und die Straße im Nebel versunken ist. Ich hab gleich drei Gummigeschosse abbekommen", sagte einer der Anwohner.
    Dabei muss man wissen, dass es in Brasilien Tradition ist, die Straßen vor einer WM zu schmücken. Zusammen mit der Nachbarschaft hängt man grün-gelbe Fähnchen auf, bemalt Hauswände und Straßen in den Nationalfarben, mit Gesichtern der Nationalspieler oder eben mit dem WM-Maskottchen. Dieses Jahr ist die Dekoration nach Ansicht vieler recht spärlich ausgefallen. Das sei Ausdruck des Protests, sagt man.
    Im 70 Kilometer entfernten Rio Bonito hat die Stadt jetzt offenbar umgedacht. Sie veranstaltet nun einen Wettbewerb: "Die schönste WM-Straße erhält einen Pokal, eine Reise zu einigen touristischen Punkten und zum Maracanã-Stadion in Rio", heißt es in der Ausschreibung. Teilnahme auf eigene Gefahr.