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Wohnungsmarkt
Berlin plant Rückkauf von Wohnungen

In Berlin ist der Widerstand gegen unzumutbare Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt groß. Im Zentrum der Kritik: der börsennotierte Konzern Deutsche Wohnen. Das Land Berlin plant jetzt eine Rolle rückwärts und will einst veräußerte Wohnungen wieder zurückkaufen.

Von Claudia van Laak | 11.01.2019
    Protestransparante hängen an den Wohnhäusern in der Karl-Marx-Allee in Berlin-Friedrichshain
    Der Protest der Mieter in Berlin richtet sich gegen die Deutsche Wohnen, die einen Großteil der Wohnungen kaufen möchte, womit massive Mieterhöhungen einhergehen würden (imago /Seliger)
    Rekommunalisierung ist ein wichtiges Ziel der Berliner rot-rot-grünen Koalition. Nachdem das Land zuvor sein Tafelsilber verscherbelt und Wohnungen in großem Umfang privatisiert hatte, erfolgt jetzt die Rolle rückwärts. Heute hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, SPD, angekündigt, mit dem Immobilienkonzern Deutsche Wohnen in Verhandlungen zu treten.
    "Dass ich mir vorstellen kann, dass wir auch gezielt für Wohnungsbestände Kaufübernahmeangebote machen werden, die Deutsche Wohnen war ein Beispiel, es gibt vielleicht andere, wo man entsprechend agieren kann."
    Der börsennotierte Konzern Deutsche Wohnen ist Berlins größter Immobilienbesitzer mit etwa 110.000 Wohnungen. Mehr als die Hälfte davon stammt aus der ursprünglich landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW. Genau diese etwa 60.000 Einheiten möchte das Land Berlin nun zurückkaufen.
    "Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass es da auch konkrete Kauf- oder Übernahmeangebote solcher Wohnungsbestände an die Deutsche Wohnen gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Unternehmen selbst mit diesem Auftritt, den wir im Moment in Berlin erleben, langfristig glücklich wird."
    Liste der Beschwerden über den Wohnungskonzern ist lang
    Mit "diesem Auftritt" meint Berlins Regierungschef das von allen Seiten kritisierte Agieren des Konzerns nicht nur in der Bundeshauptstadt. Eine Klage gegen den Mietspiegel, Drangsalierung von Mietern, unverhältnismäßige Mieterhöhungen, schlechter Service, Heizungsausfälle – die Liste der Beschwerden über den Wohnungskonzern ist lang. Und der Unmut ist so groß, dass sich jetzt eine Initiative gebildet hat, die ein Volksbegehren zur Enteignung des Konzerns starten will. Sprecher Rouzbeh Taheri:
    "Wenn diese Konzerne sich so benehmen, und wenn der Staat gleichzeitig die Pflicht hat, die Menschen unterzubringen, ihnen eine bezahlbare Wohnung anzubieten, dann muss man auch Eigentumsverhältnisse in Frage stellen, nach Artikel 15 des Grundgesetzes, dass das Recht vorsieht, entsprechende Marktverhältnisse zugunsten der Allgemeinheit zu verändern."
    Die mitregierende Linke unterstützt das Volksbegehren, die Opposition – FDP, CDU, AfD – sowie Wirtschaftsverbände kritisieren es scharf. Christian Amsinck, Chef der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg:
    "Wenn da möglicherweise ein Volksbegehren kommen sollte, gerade dann ist der Senat gefordert, deutlich Stellung zu nehmen und zu sagen, liebe Leute, das mag ein Projekt sein, das der ein oder andere politisch verfolgt, es ist aber unrealistisch. Es ist kein Weg, den die offizielle Politik beschreiten wird."
    Regierender Bürgermeister nicht grundsätzlich gegen Enteignungen
    Doch – für viele erstaunlich – Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sprach sich heute nicht grundsätzlich gegen Enteignungen aus. Der SPD-Politiker sagte lediglich:
    "Wenn man diese Schritte gehen will innerhalb der Koalition, dann erwarte ich, dass die zuständige Senatorin einen sehr schnellen und sehr ernsthaft geprüften Weg dafür aufzeigt. Man muss mit diesem Thema seriös umgehen, es gibt offensichtlich viele Berlinerinnen und Berliner, die das sehr umtreibt."
    Gut möglich, dass es in der nächsten Zeit Verkaufsverhandlungen zwischen der Deutschen Wohnen und dem Land Berlin geben wird. Vorstandsvorsitzender Michael Zahn lässt sich mit den Worten zitieren:
    "Wir können uns vorstellen, bei etwaigen Verkäufen von Berliner Beständen das Land zu präferieren."