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Wok-Küche
Die Physik des Reisbratens

Bratreis auf asiatische Art – authentisch schmeckt er nur, wenn er aus dem Wok kommt. Doch was genau passiert eigentlich, wenn geübte Köche mit großem Geschick mit den gusseisernen Pfannen hantieren? Genau das hat nun ein Forschungsteam aus den USA akribisch untersucht.

Von Frank Grotelüschen | 12.02.2020
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Hohe Schwenkfrequenz und spezielle Bewegungsmuster – Reisbraten im Wok ist eine Herausforderung (Deutschlandradio / Hungtang Ko)
Es hat etwas Akrobatisches: Der Koch hat den Reis in den Wok gegeben, nun schwenkt er ihn blitzschnell hin und her. Das heiße Fett faucht und brutzelt, der Reis wirbelt durch die Luft – und landet dabei stets wieder in der Pfanne. Das Ganze ist mehr als nur Show, Bratreis aus dem Wok hat sein eigenes Aroma. Doch seine Zubereitung ist eine Herausforderung.
"Das Kochen im Wok geschieht bei sehr hohen Temperaturen. Hat der Reis zu viel Kontakt mit der heißen Oberfläche, brennt er sofort an. Also muss man den Wok so bewegen, dass der Reis ständig in der Luft ist, aber immer wieder in der Pfanne landet", sagt Hungtang Ko, Doktorand am Georgia Tech in Atlanta, USA.
Feldstudie mit zwei Kameras
Wie im Detail stellen es die Köche an, derart geschickt mit den schweren Pfannen zu hantieren? Um das herauszufinden, initiierte Ko eine kleine Feldstudie. Mit zwei Kameras im Gepäck nahm er in seiner Heimat Taiwan diverse Garküchen ins Visier. Eine Kamera filmte von oben, die andere schaute den Köchen über die Schulter:
"Ich kam mit den Kameras in ihre Küche und erklärte ihnen, die Physik hinter ihrem Treiben enträtseln zu wollen. Zunächst waren sie natürlich verblüfft. Aber am Ende schenkten sie mir den Bratreis sogar und wollten partout kein Geld dafür annehmen."
Dann folgte die Auswertung. Ko analysierte die Pfannenbewegung im Rechner und übersetzte sie in eine Computersimulation, bei der Hunderte von virtuellen Reiskörnern durch die Lüfte hüpfen. Das Ergebnis:
"Die Frequenz, mit der die Köche den Wok schwenkten, war ziemlich hoch, dreimal pro Sekunde ging es hin und her. Interessant war auch, dass der Wok dabei nie den Kontakt zu Feuerstelle verlor. Das spart offensichtlich Energie."
Jahrelange Übung
Bemerkenswert auch das Muster der Pfannenbewegung: Die Köche ziehen den Wok rasend schnell zu sich hin und wieder zurück. Gleichzeitig drehen sie die Pfanne, und zwar leicht zeitversetzt. Dabei entstehen zwei gegenläufige Bewegungen, die den Reis hoch in die Luft schleudern lassen, ohne dass er neben der Pfanne landet. Nach Jahren der Übung beherrschen das manche Köche nahezu perfekt, sagt Hungtang Ko. Obwohl – noch effektiver wäre es laut seiner Computersimulation, den Wok noch schneller zu schwenken als dreimal pro Sekunde. Das aber würde an die Grenzen der menschlichen Anatomie stoßen – weshalb Ko überlegt, den Köchen ein mechanisches Helferlein zur Seite zu stellen:
"Eine Art Roboterarm, den sich die Köche um die Schulter schnallen können und der sie beim Wok-Schwenken unterstützt. Wir haben nämlich herausgefunden, dass eine ganze Reihe Köche in chinesischen Restaurants an Schulterschmerzen leiden. Und wir denken, dass das vom Wok-Kochen kommt."
Neue Generationen von Wok-Robotern
Noch konsequenter wäre ein Wok-Roboter – eine Maschine, die den Bratreis vollautonom zubereitet. Erste Modelle gibt es sogar schon. Manche garen den Reis im Inneren einer rotierenden Trommel und erinnern an eine Waschmaschine, andere sind an richtige Woks angelehnt: Ein Motor schwenkt die Pfanne, ein Löffel jongliert den Reis. Aber:
"Die wir uns angeschaut haben, sind nicht optimal, sie arbeiten schlicht zu langsam."
Und so könnten Kos neue Resultate vielleicht auch helfen, künftige Generationen von Wok-Robotern deutlich zu verbessern.