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Wunderflunder auf dem Vormarsch

Mobilität.- Auf dem Mobile World Congress in Barcelona waren in diesem Jahr vor allem Tablet-PCs in aller Munde. Wissenschaftsjournalist Andreas Kolbe hat sich auf den Ständen von vier Herstellern umgesehen und die jeweiligen Topmodelle ausprobiert.

Von Andreas Kolbe | 19.02.2011
    1. Samsung

    Gar nicht zu finden, der neue Tablet PC von Samsung – auf dem riesigen Messestand. Auf den meisten Tischen liegt hier das neue Flagschiff-Handy des koreanischen Konzerns. Aber etwas weiter hinten habe ich es dann doch ausmachen können: das Galaxy Tab 10.1.

    Das ist der große Bruder des Galaxy Tab mit Sieben-Zoll-Bildschirm. Es ist sogar ein Stückchen größer als das iPad von Apple. Auch bei der Auflösung liefert Samsung mehr: Dieses Galaxy Tab kommt mit 1280 mal 800 Bildpunkten.

    Auf der Rückseite dazu eine Kamera, mit der man Full-HD-Filme aufnehmen kann. Die habe ich gerade mal ausprobiert, da hat’s etwas geruckelt beim Aufnehmen. Wenn ich es jetzt wieder abspiele, dann ruckelt es auch an der Stelle. Das ist also noch nicht ganz ausgefeilt.

    Das kann daran liegen, dass das Galaxy Tab 10.1 mit der neuen Version des Google-Betriebsystems Android kommt, mit der noch nicht ganz fertigen Version 3.0 Honeycomb, die speziell für Tablets angepasst wurde.

    Ingesamt wirkt diese Software erstmal unübersichtlich. Denn es gibt fünf Bildschirme, durch die man sich mit einem Wisch nach recht oder links navigieren kann. Man kann auf diese fünf Bildschirme beliebig Icons oder Widgets oder Apps anpassen. Und das haben hier auf der Messe offensichtlich schon so viele Leute getan, dass diese Screens einfach übervoll sind mit Programmen und man sich überhaupt nicht mehr zurecht findet in der Navigation.

    Das Galaxy Tab 10.1 von Samsung soll in Deutschland im März oder April kommen und kostet um die 750 Euro.


    2. LG

    Wenn also die Software schon dieselbe ist – hat sich LG wohl gesagt – müssen wir bei der Hardware etwas Besonderes liefern. Und das ist hier am Stand von LG unübersehbar und überhörbar

    "Hello Guys, we’re going to talk about the Optimus Pad, which is the world’s first 3D-recording device.”

    LG feiert das Optimus Pad als erstes 3D-Tablet. Dafür sorgen zwei Kameras auf der Rückseite – etwa fünf Zentimeter auseinander angebracht. Damit lassen sich 3D-Videos drehen. Jedenfalls wenn es nicht zu dunkel ist. Man braucht schon ein bisschen Licht, dann sind die Bilder ganz brauchbar – jedenfalls für den Heimgebrauch. Also einen kurzen Familienclip, das kann ich mir vorstellen, kann damit prima aufnehmen. Für eine Firmenpräsentation wirken die Aufnahmen vielleicht dann doch etwas schäbig – aber eigentlich nicht anders, als man es von anderen Handy- oder Tablet-Kameras gewöhnt ist – nur eben in 3D.

    Anschauen kann man die Videos direkt auf dem Gerät – das geht allerdings nur mit einer Brille vernünftig in 3D. Was ein bisschen blöd ist, weil wer setzt sich schon mit so einer klobigen Brille gern irgendwo hin und guckt Videos? Oder aber man schließt das Optimus-Pad über die HTMI-Schnittstelle an einen 3D-fähigen Fernseher an. Das hat LG hier gemacht und das sieht deutlich besser aus. Da ist die Wiedergabe viel klarer, auch die Farben kommen besser raus. Aber insgesamt würde ich dennoch sagen: Diese 3D-Funktion ist ein Spielzeug, das man im Alltag wahrscheinlich nicht allzu oft nutzen wird.

    In Deutschland kommt das Optimus Pad von LG vorrausichtlich im April und es wird ziemlich glatt 1000 Euro kosten.


    3. HP TouchPad

    TouchPad heißt die Antwort von Hewlett-Packard auf das iPad von Apple. Und der Name TouchPad verwirrt ein wenig, denn berühren und anfassen dürfen es am Stand von HP bislang nur die Mitarbeiter. Noch ist das TouchPad nämlich nicht fertig entwickelt – es soll frühestens im Sommer eine erste Version für die USA geben. In Europa werden Interessenten wohl noch länger warten müssen.

    Doch das könnte sich durchaus lohnen. Vor allem wegen dem hauseigenen Betriebsystem WebOS, das HP hier erstmals zeigt. Die Benutzeroberfläche wirkt sehr aufgeräumt – vor allem, wenn man vorher die zum Teil sehr unübersichtlichen Android-Oberflächen gesehen hat.

    Gleiche Programmfenster werden bei dem HP-Tablet übereinander in einem Stapel angeordnet, also beispielsweise alle Browserfenster übereinander abgelegt. Klickt man ein Fenster an, wird es auf die Bildschirmgröße aufgezogen. Ein Wisch mit dem Finger vom unteren Rand ins Bild hinein verkleinert das Fenster wieder. Das kann ich zwar leider nicht ausprobieren, aber bei der Präsentation sieht das alles schon sehr flüssig und sehr beeindruckend aus.

    Vielversprechend ist auch die Interaktion mit den neuen HP-Smartphones – verpasste Anrufe oder Nachrichten können direkt am Tab beantwortet werden. Und legt man beim Surfen das Telefon auf den rechten Rand des TouchPad, öffnet sich die aktuelle Webseite automatisch auch im Smartphone-Browser.

    Noch funktioniert das nur mit URLs – denkbar ist aber, dass bis zum Produktstart auch Kontakte, Fotos oder Dokumente zwischen Tab und Smartphone ausgetauscht werden können.

    Wann genau das fertige Gerät kommt ist ebenso offen wie der endgültige Preis.


    4. Blackberry Playbook

    Playbook hat der Blackberry-Hersteller RIM sein Tablet-PC genannt. Und das ist wohl ganz treffend, denn mit dem sieben Zoll großen Gerät nimmt das Unternehmen erstmals vor allem die Privatkunden ins Visier. So lassen sich hier auf dem Blackberry-Stand gleich mehrere Spiele auf dem Playbook ausprobieren, ein Autorennen von EA beispielsweise – mit lauter Rock-Musik im Hintergrund, das vor allem durch die Lage- und Beschleunigungs-Sensoren gesteuert wird. Da kommt auch schon die Polizei…

    Welche Rechenleistung in dem Playbook steckt, zeigt sich eindrucksvoll, wenn man zusätzlich zu dem Autorennen noch einen HD-Film abspielt. Das geht. Beide Anwendungen laufen parallel. Wenn man mit einem Fingerwisch von einem Programm zum anderen hinüber wechselt, dann laufen zeitweise sogar beide gleichzeitig im Display, ohne das eine der beiden Anwendungen ruckeln würde.

    Ein Manko sind jedoch die eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Gerät. Vorerst kommt das Playbook nämlich nur mit einer W-LAN-Schnittstelle. Eine UMTS-Verbindung ins Internet ist erst einmal nur über ein zusätzliches Blackberry-Smartphone möglich. Auch die beliebten Kommunikationsfeatures, wie der Blackberry-Messanger beispielsweise, lassen sich nur mit dem Tablet nutzen, wenn man auch ein Smartphone des Herstellers hat. Also ich denke: Das Playbook ist deshalb vor allem als Freizeit-Spielzeug für gestresste Blackberry-Anzugträger gedacht. Der Preis ist bislang noch offen.