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Wundertäter und Medienstar in Afrika

TB Joshua ist der erfolgreichste christliche Prophet in seinem Heimatland Nigeria. Über Satellit verbreitet er sein eigenes Fernsehprogramm in ganz Afrika. In Simbabwe ist es ihm jetzt sogar gelungen, seinen Einfluss auf die Politik auszudehnen.

Von Jörg Poppendieck | 29.05.2012
    Charity Gumbo ist eine der vielen Anhängerinnen von TB Joshua. Die 31-jährige Frau lebt in Harare, der Hauptstadt Simbabwes. Dem umstrittenen, selbsternannten Propheten aus Nigeria ist sie persönlich nie begegnet. Sie kennt ihn und seine Prophezeiungen lediglich von "Emmanuel TV". Das ist der Fernsehkanal von TB Joshua, der über Satellit ausgestrahlt wird und sich in Simbabwe großer Beliebtheit erfreut.

    "Ich glaube an diese Prophezeiungen. Vor allem, weil sich die meisten bewahrheiten. Schon in der Bibel wird doch über Prophezeiungen berichtet, die dann so auch geschehen sind. Außerdem glaube ich, dass TB Joshua ein Mann Gottes ist. Gott leitet ihn. Deshalb glaube ich an das, was er sagt."

    TB Joshua betreibt in Nigerias Hauptstadt Lagos die "Synagogue Church off All Nations". Dort heilt er nach eigenen Angaben Menschen von AIDS und Krebs und bringt Lahme wieder zum Laufen. Das alles wird auf Video festgehalten, ausgestrahlt und lässt sich auch im Internet anschauen. In ganz Afrika hat Joshua deshalb zahlreiche Anhänger, so wie in Simbabwe. Hier hört man vor allem bei den Prophezeiungen von TB Joshua genau zu. Der hat in den vergangenen Monaten angeblich Flugzeugabstürze, Attentate und Regierungswechsel vorausgesagt. Bei Zanu-PF der Partei von Simbabwes Präsident Robert Mugabe hat Joshua kürzlich mit dieser Botschaft für Unruhe gesorgt.

    "Ihr könnt mich nicht aufhalten, dass auszusprechen, was Gott meinem Herzen gesagt hat. Das, worüber ich gesprochen habe, wird schon sehr bald geschehen. Ob ihr es mögt oder nicht: Es ist das, was ich gesehen habe. Betet für euer Staatsoberhaupt! Ich sehe einen plötzlichen Tod. Das Resultat einer Krankheit. Gott hat mir auch gesagt, wo es geschehen wird. In Afrika. Deshalb betet!"

    Angesichts dieser Worte begannen viele in Simbabwe zu hoffen, TB Joshua könnte über ihren Präsidenten sprechen. Über den 88-jährigen Diktator, der seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert im Amt ist. In der Vergangenheit gab es immer wieder Gerüchte, dass Mugabe im Sterben liegt. Der simbabwische Präsident leidet nach Angaben einer von Wikileaks veröffentlichten Botschaftsdepesche seit mehreren Jahren an Prostatakrebs. Doch Mugabe, er lebt noch, auch wenn viele geglaubt haben, TB Joashua hätte über den alternden Diktator gesprochen. Gestorben ist dagegen der Präsident von Malawi, Bingo Mutharika. Der 78-Jährige starb wenige Tage nach Joshuas Ankündigung an einem Herzinfarkt. In den Augen vieler Simbabwer ist er nach dieser Prophezeiung noch glaubwürdiger geworden, sagt Isaac Soda, Professor an der Theologischen Hochschule in Harare:

    "Ich bin besorgt, weil ich glaube, dass einige jetzt sagen werden, dass er ein wahrer Prophet ist aufgrund dieser Prophezeiung. Das hat Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Es gibt eine Gruppe von Menschen in Simbabwe, die machen keinen Handschlag, es sei denn, ein Prophet hat es ihnen aufgetragen. Ihre Probleme lösen sie nicht auf logische Art und Weise. Sie vertrauen auf das Mysteriöse. Sie glauben, dass dort die Macht liegt."

    TB Joshua ist in Simbabwe mittlerweile nicht mehr allein ein religiöses Thema. Es geht nicht mehr nur um Glauben oder nicht Glauben. Nach Ansicht von Mugabes Regierungspartei Zanu-PF mischt sich der Nigerianer mit seinen Prophezeiungen in die lokale Politik ein. Verschiedenste Politiker von Zanu-PF haben ihm vorgeworfen, ein falscher Prophet und ein Agent des Westens zu sein.

    Ganz anders klingen die Stimmen, die man von der Bewegung für Demokratischen Wandel, MDC, hört - die einstige Oppositionspartei, die seit 2009 zusammen mit Mugabes Zanu-PF regiert. MDC-Vertreter haben sich positiv über TB Joshua geäußert und ihn als einen Mann Gottes bezeichnet, den man für einen Besuch ins Land lassen sollte. Es gibt zudem Berichte, dass der MDC-Vorsitzende und Mugabes Widersacher Morgan Tsvangirai in Lagos war, um TB Joshua einen Besuch abzustatten. Dass der in politischen Kreisen überhaupt ein Thema ist, überrascht Isaac Soda nicht. Seine Anhängerschaft und sein Einfluss ist groß und demnächst stehen Wahlen an, so der Wissenschaftler vom Theologischen College in Harare.

    "Dass Propheten solch einen großen Einfluss haben, ist überwiegend in Afrika der Fall. Hier ist man auf das Mysteriöse fixiert. Die afrikanischen Traditionen unterstützen zudem diese Idee, dass es eine Supermacht gibt, an die man sich mit seinen Problemen wenden kann und die einem in Krisenzeiten hilft. Die meisten Menschen in Afrika leben zudem in Dritte-Welt-Ländern und sind arm. Um dieser Armut zu entkommen, versuchen sie einfach alles."

    In Simbabwe gibt es noch weitere selbst ernannte Propheten. Auch sie haben eine große Anhängerschaft. Anders, als der Nigerianer TB Joshua vermeiden sie in ihren Prophezeiungen allerdings Anspielungen auf die politische Situation und ihre Akteure in Simbabwe. Neben der Partei von Robert Mugabe hat sich auch die größte und einflussreichste, religiöse Institution in Simbabwe zu diesem Thema zu Wort gemeldet. Der Präsident der "Evangelical Fellowship of Simbabwe" sagte, dass man jemanden, der wertende Lehren verbreitet, nicht ins Land lassen solle. Robert Mugabe und die charismatischen Kirchen in Simbabwe sind damit eine Allianz eingegangen.

    Dass der katholische Präsident die Nähe der charismatischen Kirchen sucht und auf der anderen Seite die Partei seiner Widersachers sich für einen umstrittenen Propheten stark macht, zeigt letztlich nur eins: Der Wahlkampf in Simbabwe hat auch beim Thema Glauben begonnen.