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Yahoo will wieder mitmischen

Für 1,1 Milliarden Dollar hat Yahoo die beliebte Microblogging-Plattform Tumblr gekauft. Die Botschaft ist klar: Yahoo will wieder mit den großen der Branche mitmischen. Unklar ist indes der Kurs des einstmals sehr etablierten Internetunternehmens.

Von Marcus Schuler | 25.05.2013
    "In der Technologiewelt gibt es eine populäre Ausdrucksweise. Sie lautet: seine wahre Bestimmung finden. Genau das gilt für Yahoo. Das Unternehmen muss seine Ausrichtung erst noch finden. Das geht aber schon eine ganze Weile so: Yahoo ist keine richtige Suchmaschine, weil ihnen die Technologie nicht gehört, sie versuchten sich als Unterhaltungsunternehmen, auch das funktionierte nicht richtig."

    Allein Weiner ist das, er ist Analyst beim renommierten Marktforschungsunternehmen Gartner. Weiner beobachtet seit Jahren den Schlingerkurs des einstmals großen Internetunternehmens aus dem Silicon Valley. Als die Nachricht von der Übernahme bekannt wird, kündigen Tausende Ihr Konto beim Bloggingdienst Tumblr. Das Misstrauen ist groß. In den Vergangenheit war Yahoo dafür bekannt, rasch das Interesse an seinen Zukäufen zu verlieren. Marissa Mayer gelobt jetzt Besserung: Diese Übernahme werde man nicht in den Sand setzen.

    Seit Juli vergangenen Jahres steht die ehemalige Google-Managerin an der Spitze des Unternehmens, das in Europa kaum eine Rolle spielt, in den USA aber immer noch ein Dickschiff ist. Nun ist der 37-jährigen ein großer Coup gelungen.

    "Bei ihren Vorgängern war immer unklar: Wer zeichnet im Unternehmen für was verantwortlich? Nicht nur externe Beobachter waren verunsichert, auch im Unternehmen war die eigene Struktur verwirrend. Ich glaube, sie versucht, Yahoo wieder eine Struktur zu geben, indem sie den Mitarbeitern wieder klare Rollen und Aufgaben zuweißt. Dies umzusetzen, wird eine der Herausforderungen für die Zukunft sein."

    Für Yahoo ist Tumblr eine Art Lebensversicherung. Denn der Dienst liefert persönliche Daten wie Alter und Geschlecht, an die Yahoo aus eigener Kraft nicht rankommt. Im sozialen Netz ist man bislang nicht aktiv. Facebook, Google und Twitter dagegen schon. Bei Yahoo setzt man noch auf eine altgediente Technik: Cookies - Kekse - die dem Unternehmen Daten darüber liefern, welche Websites man zuvor besucht hat. Aussagekräftiger sind da mittlerweile die sozialen Netze: Bei Tumblr muss man sich registrieren, Alter, Geschlecht und Wohnort hinterlassen. Mit den Daten aus dem Blogdienst, bei dem mehr als 100 Millionen Blogs registriert sind, können die Werbefachleute viel genauer ihre Anzeigen und Banner für die monatlich 300 Millionen Tumblr-Besucher vermarkten. Gartner-Analyst Allen Weiner:

    "Tumblr ist eine hervorragende Plattform, um als Nutzer selbst Inhalte zu erzeugen, aber auch, um von Flickr Fotos einzubinden oder Nachrichten oder lizenzierte Videos, die von Yahoo stammen. Dadurch entstünden ganz neue Inhalte für die Plattform von Tumblr. Das wäre für mich ein logisches Ergebnis in der Zukunft."

    Yahoo hat einen Fuß in der Tür. Man muss den anderen sozialen Netzwerken nun nicht mehr hinterher hecheln. Flickr ist ein anderes Stichwort: Der Fotodienst, bei dem die Nutzer bislang dafür zahlen müssten, wenn sie eine bestimmte Menge an Fotos hochladen wollen, ist nun kostenlos. Ein Terabyte an Fotodaten sind möglich. Yahoo hat den Dienst, den man bereits 2005 aufgekauft hat, in den vergangenen Jahren nach Meinung von Kritikern lieblos und ohne eigene neue Ideen betrieben. Nun hat man das Design aufpoliert und die Benutzung verbessert. Tumblr, Flickr und Yahoo wieder zusammenzubringen, sie geschickt miteinander zu verschränken und ein vielleicht ganz neues Angebot daraus zu schaffen, das könnte das große Verdienst von Marissa Mayer werden:

    "Sie bringt ihren Erfahrungsschatz von Google mit. Google ist es immer wieder gelungen, Zukäufe sehr gut in die bestehenden Produkte des Unternehmens zu integrieren. Auch bei Yahoo umgibt sie sich mit Mitarbeitern, die auf genau diesem Gebiet erfahren sind."
    Die Google-Managerin Marissa Ann Mayer wird neue Chefin von Yahoo
    Marissa Ann Mayer (picture alliance / dpa - Walter Bieri)