Donnerstag, 25. April 2024

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YouTuber gegen Hass
"'Lügenpresse' muss man sich jetzt auch bei YouTube anhören"

Die Video-Plattform YouTube steht eigentlich vor allem für Unterhaltung. Aber auch dort finden sich immer wieder rassistische oder ausgrenzende Kommentare. Dagegen wendet sich YouGeHa - die Initiative "YouTuber gegen Hass". Es gehe darum zu zeigen, dass bei YouTube auch über politische Inhalte diskutiert werde, sagt Initiator Mirko Drotschmann im DLF.

Mirko Drotschmann im Gespräch mit Sarah Zerback | 20.01.2015
    Screenshot des offiziellen #YouGeHa-Trailers. Schrift auf dem Foto von einer Pegida-Demonstration: Youtuber gegen Hass - #YouGeHa - am 19.01.15
    Screenshot des offiziellen #YouGeHa-Trailers (http://yougeha.tumblr.com/)
    Sarah Zerback: Normalerweise sind bekannte Videokünstler auf YouTube wie zum Beispiel "lefloyd" darauf spezialisiert, ihr Online-Publikum zu unterhalten. Jetzt gibt es zur Abwechslung mal weniger Spaß, sondern Videos, die vor allem eine politische Botschaft haben. Rund 30 YouTuber haben sich seit gestern zusammengetan, um sich gemeinsam gegen Fremdenhass und gegen Ausgrenzung zu positionieren. Unter dem Namen YouGeHa veröffentlichen sie eine Woche lang seit gestern jeden Tag um 15 Uhr Videos, in denen jeder von ihnen das Thema auf seine ganz eigene Weise angeht. Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Mirko Drotschmann. Der Journalist und YouTuber aus Mainz hat die Aktion organisiert. Hallo nach Mainz.
    Mirko Drotschmann: Hallo!
    Zerback: YouGeHa - das klingt jetzt erst mal ein bisschen nach Hogesa, nach Pegida vielleicht, aber meint genau das Gegenteil. Was steckt denn dahinter?
    Drotschmann: YouGeHa, das steht für YouTuber gegen Hass, und wir haben uns ganz bewusst für so eine Abkürzung entschieden, weil Abkürzungen ja gerade ziemlich angesagt sind bei bestimmten Bewegungen, und wir wollen einfach ein Zeichen setzen. YouGeHa, das bedeutet, dass wir gegen Ausgrenzung sind, Ausgrenzung gegenüber Menschen, die vielleicht aus einem anderen Land kommen, die eine andere sexuelle Orientierung haben als es der Rest der Bevölkerung hat, oder auch Menschen, die eine Behinderung haben. Da erleben wir immer wieder, dass es auch unter unseren Videos in Kommentaren sehr übel zugeht, dass solche Menschen beleidigt werden, und wir wollen einfach dagegen was unternehmen und junge Leute, die bei YouTube unterwegs sind, aufklären, informieren und zum Nachdenken anregen.
    Zerback: So ein bisschen hatte Pegida aber auch ihren Anteil daran. Wie genau ist die Idee denn entstanden?
    Drotschmann: Ja. Pegida war auf jeden Fall einer der Anlässe, aber nicht der einzige Anlass. Das haben wir natürlich auch registriert, was da los ist, dass Menschen auf die Straßen gehen, dass sie Sorgen haben. Einige der Sorgen von Pegida haben ja überhaupt nichts mit Fremdenhass zu tun. Aber da gibt es dann auch immer wieder Forderungen, die uns schon sehr zum Nachdenken gebracht haben, und wir haben auch viele Mails von Zuschauern unserer Kanäle bekommen, die gesagt haben, was ist da los, kann man Pegida unterstützen, ist das gut, was die da machen, und da haben wir gedacht, na ja, da sollte man vielleicht mal ein bisschen aufklären. Pegida war auf jeden Fall einer der Anlässe, aber auch die Kommentare, fremdenfeindliche Kommentare, die generell im Internet ja momentan sehr stark kursieren, und wir haben gedacht, da müssen wir mal was dagegensetzen.
    Zerback: Seit gestern sind jetzt die ersten zehn Videos online von bekannten YouTubern wie "lefloyd", aber auch von weniger bekannten. Was sehen wir denn da genau? Die sind ja von der Machart und von den Themen ganz unterschiedlich.
    Drotschmann: Genau. Das ist so ein bisschen auch das Konzept der Aktion. Wir wollen zum einen zeigen, dass bei YouTube nicht nur Unterhaltung stattfindet, sondern auch politische Inhalte, dass da auch diskutiert wird über Themen, die auch sonst in den Medien stattfinden und die man YouTube vielleicht auch nicht so zutraut. Wir haben YouTuber aus ganz vielen verschiedenen Bereichen. Sie haben gerade angesprochen "lefloyd", der sehr viele Abonnenten hat, mehr als zwei Millionen Abonnenten, und eher über kuriose News-Themen spricht, in diesem Fall aber sich mal einem ernsten Thema widmet. Wir haben zum Beispiel auch eine YouTuberin dabei, die sich normal um Schönheitsthemen kümmert und jetzt aber auch über so ein Thema spricht. Und es gibt auch einen YouTuber, der sehr philosophische Videos macht und sich dem Thema über diese Art annähert. Zieles ist einfach, dem Thema über so viele Wege wie möglich gerecht zu werden.
    Zerback: Okay. Das spielt auch auf Ihre eigene Seite an. Sie selber kennt man auf YouTube als MrWissen2go. Ihr Beitrag dazu ist ein Faktencheck, wo Sie die Pegida-Forderungen, die kursieren, noch mal genau unter die Lupe nehmen. Sie sagen, das gibt es auch schon auf anderen Medien. Warum ist es denn jetzt wichtig, das noch mal auf YouTube zu zeigen?
    Drotschmann: Bei YouTube sind besonders junge Leute unterwegs. Das ist ja kein Geheimnis. Und das sind junge Leute, die zum Teil kein großes Vertrauen mehr in die Medien haben, oder konventionelle Medien auch gar nicht mehr so unbedingt konsumieren. Die wollen wir erreichen über diese Videos. Man hat auch ein ganz anderes Verhältnis zu seinen Zuschauern, als man das jetzt zum Beispiel als Fernsehmoderator hat. Man ist eher auf so einer Kumpelebene und nicht der Lehrer, der Frontalunterricht macht, wie das zum Beispiel im Fernsehen häufig stattfindet, sondern man ist eher so der nette Nachhilfelehrer, der nebenan sitzt und jemandem dann so ein paar Dinge erzählt, und da ist die Authentizität natürlich auch viel höher und die Leute nehmen da auch eher was an, wenn man einem was erzählt. Man hat da einfach eine ganz andere Möglichkeit, junge Leute zu erreichen.
    Zerback: Allein Ihr Video, der Faktencheck, der wurde ja schon fast 30.000 Mal geklickt seit gestern und fast tausend Mal auch schon kommentiert. Wie sind denn da bislang die Reaktionen?
    Drotschmann: Die sind sehr positiv, positiver als ich auch gedacht hatte, ehrlich gesagt. Ich dachte, da kommt mehr Gegenwind. Vielleicht passiert das auch erst später noch. Aber ganz viele haben mir geschrieben, ja, endlich sagt mal jemand was dazu und klärt uns mal auf, weil vieles ist ja immer so im Ungewissen und ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, ob Ausländer uns wirklich den Job wegnehmen. Da habe ich dann eben versucht aufzuklären und da kam sehr viel positives Feedback. Aber natürlich gibt es auch Leute, die sagen, Du manipulierst uns hier, du verdrehst die Fakten, Stichwort "Lügenpresse". Das muss man sich jetzt auch bei YouTube anhören mittlerweile. Aber insgesamt sind die Rückmeldungen nicht nur bei mir sehr positiv, sondern auch unter den anderen Videos, die bisher veröffentlicht wurden.
    Zerback: Vielleicht noch ganz kurz zum Schluss. Weitere Aktionen, können wir damit rechnen? Folgt da was?
    Drotschmann: Ja, wir denken schon darüber nach. Wir haben auch einige Ideen. Die sind noch nicht konkret ausgearbeitet. Aber nachdem die Aktion jetzt so gut angelaufen ist und so gut angenommen wird, wird sicherlich noch mal was kommen. Nicht im nächsten Monat, sondern vielleicht in einem halben Jahr. Wir denken da vielleicht über ein Spendenprojekt nach, was man ein bisschen größer machen könnte. Aber Genaueres wissen wir noch nicht. Es wird auf jeden Fall noch mal was kommen.
    Zerback: Seit gestern läuft die Aktion YouGeHa, bei der sich bekannte YouTuber gegen Fremdenhass und Ausgrenzung positionieren. Mirko Drotschmann organisiert die Aktion, die läuft noch bis Ende der Woche, und gleich um 15 Uhr gibt es den nächsten Schwung Videos. Vielen Dank an dieser Stelle erst mal fürs Gespräch.
    Drotschmann: Gerne!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.