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ZDF stellt "Wetten, dass...?" ein
Schluss mit schrägen Wetten

Die ZDF-Sendung "Wetten, dass"..?" wird nach 33 Jahren im Dezember eingestellt. Das hat Moderator Markus Lanz am Samstag am Ende der Unterhaltungsshow verkündet. Schaufelbaggerfahren hat jetzt jeden höheren Sinn verloren.

Von Ludger Fittkau | 06.04.2014
    Moderator Markus Lanz geht am 05.04.2014 in der ZDF-Sendung "Wetten, dass..? durch die Baden-Arena in Offenburg (Baden-Württemberg)
    "Wetten, dass...?" wird eingestellt. (picture alliance / dpa)
    "Das ist der Anfang vom Ende. Das Abendland wird untergehen." Möglicherweise war dieser (Internet-Leser)-Kommentar im "Spiegel-Online"-Leserforum ironisch gemeint, aber nur möglicherweise. 33 Jahre. Deutlicher offenbart das Wort Dritteljahrhundert die Tragweite der Entscheidung, "Wetten, dass..?" aus dem deutschen Fernsehen verschwinden zu lassen. Natürlich gibt es Spielverderber, Leute, die unverblümt und ganz ohne Ironie die sich selbst beantwortende Frage stellen, ob es für die vorderen Plätze der News nichts Wichtigeres gebe als Nachrufe auf eine Samstagabend-Sendung, in der durchschnittliche Leute merkwürdige Dinge tun, nach einem Prinzip, mit dem schon Donald Duck in einem Comic der 50er-Jahre berühmt werden wollte: den Kanal durchschwimmen und dabei eine Pampelmuse auf einer Makkaroni balancieren.
    Gelangweilte Stars auf dem Sofa
    Dieses Prinzip hat "Wetten, dass..?" ein Dritteljahrhundert lang in 1000 und vielleicht ein, zwei Variationen zuviel durchgespielt, indem es Menschen Gelegenheit gab, zu zeigen, dass sie in vier Minuten ein Papierboot bauen und damit 50 Meter paddeln, aus dem Ohrenwackeln ihres Partners Begriffe herauslesen, ihrem Border Collie 77 Spielzeugnamen beibringen oder mit etwas besonders Großem – Schaufelbagger – etwas besonders Kleines – Nähnadel – auflesen können. Nein, etwas Unwichtigeres kann es nicht geben, schon gar nicht in Kombination mit dem noch belangloseren Promi-Gequassel auf dem Sofa, auf dem vor allem in letzter Zeit oft die größten Stars vor Langeweile in sich zusammensanken.
    Deshalb, weil alles so unwichtig ist, kam es bei "Wetten, dass..?" so sehr auf den Moderator der Sendung an. Einer, dem man abnahm, dass er seine Wettkandidaten nicht, und sei es insgeheim, belächelte, sondern ernst nahm in ihrem Bestreben, eine Fähigkeit, je skurriler je lieber, unter Höchsteinsatz zur Perfektion zu bringen. Den Unauffälligen ein paar Augenblicke des Auffallens zu ermöglichen. Also Warhols Prognose für die Mediengesellschaft – jedem wird ein Moment des Ruhms zuteil – mit einer Leistung zu verknüpfen statt nur mit eloquenter Selbstdarstellung oder was im Fernsehen sonst so gefragt ist.
    Gescheitert am Moderator
    Am Moderator ist "Wetten, dass..?" gescheitert. Über Markus Lanz hängt der Schatten des Sonnyboys Thomas Gottschalk, dessen frech-leichthinnige Verspieltheit dem Konzept einer familientauglichen und identitätsstiftenden Samstagabendunterhaltung haargenau entsprach. Er war die postmodernisierte zeitgemäße Ausgabe der alten Fernsehpatriarchen, der Kulenkampffs und Carrells, die ihre verschüchterten Kandidaten noch väterlich an die Hand nehmen mussten, während Gottschalk mit souveränen Kindern des Medienzeitalters auf Augenhöhe umging, immer das, ja sicher, Konsensfernsehen verkörpernd, immer das Sympathische suchend. Als Markus Lanz "Wetten, dass..?" übernahm, klangen seine Versuche, den Anschluss an den Zeitgeist zu finden, zu angestrengt, um Anklang zu finden. Wenn er einen seiner Gäste auf dem Sofa zu dessen nächsten Film fragte "Sieht man da wieder deinen nackten Hintern?", musste man doch einfach wehmütig an Gottschalk denken. Der hatte das unerlässliche Quantum an Zotigkeit doch blumiger verpackt. Etwa als er Björn Engholms Wetteinsatz - ganz viele Krabben zu pulen – mit Blick auf die danebensitzende Kathrin Krabbe kommentierte: Da würde ich doch lieber die Krabbe pulen.
    Ina Müller bringt es auf den Punkt
    Gestern, also in der vorvorvorletzten Folge von "Wetten, dass..?" hat die Kabarettistin Ina Müller die Außenwette begleitet. Da wurde wieder etwas sehr Kleines – ein Flaschenschiff – von etwas sehr Großem – einem Fischkutter – in eine Buddel bugsiert. Es war nervenzerreißend. In die Aufregung hinein sagte Ina Müller: "Dieses kleine Schiffchen versenken, das wär jetzt eine schlechte Metapher für die Sendung, im Moment." Damit hat sich Ina Müller als Showmasterin für die nächste Auflage von "Wetten, dass..?" qualifiziert. Die kommt ja, wie alle wissen, ganz bestimmt.