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Zehn-Punkte-Programm der Grünen
Es fehlen konkrete Zusagen

Mit einem Zehn-Punkte-Programm will sich das Spitzenduo der Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, bei Wählern neu empfehlen. Doch es fehlen konkrete Zusagen, die im Entwurf für das Wahlprogramm noch enthalten waren, etwa ein Ausstiegsdatum beim Thema Kohle. Dafür sollen die Massentierhaltung abgeschafft und die Homo-Ehe eingeführt werden.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 31.05.2017
    Die Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, stellen am 31.05.2017 vor dem Haus der Bundespressekonferenz in Berlin ein Plakat mit dem 10-Punkte-Plan für Grünes Regieren vor.
    Die Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, stellen am 31.05.2017 in Berlin ein Plakat mit dem 10-Punkte-Plan für Grünes Regieren vor. (dpa/Wolfgang Kumm)
    Der Stachel sitzt immer noch tief nach den verlorenen Landtagswahlen: Um aus der Defensive herauszukommen und den Vorwürfen von Beliebigkeit und Zerstrittenheit etwas entgegen zu setzen, gehen die Grünen jetzt also mit einem Zehn-Punkte-Plan in die Offensive:
    "Unser Plan beschreibt konzentriert die wichtigsten Ziele und die wichtigsten Projekte unseres Wahlprogramms für die Bundestagswahl im September."
    Sagt Katrin Göring-Eckardt, sie bildet mit Cem Özdemir das Spitzenduo für die Bundestagswahl. Angeschlagen durch konstant schwache Umfragewerte geloben die Grünen jetzt mehr Verbindlichkeit für ihre Vorhaben: Unter anderem wollen sie die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sofort abschalten, die Massentierhaltung abschaffen und die Homo-Ehe einführen. Am 24. September gehe es um eine Richtungswahl, sagt Göring-Eckardt: Entweder eine grüne Regierungsbeteiligung oder Große Koalition:
    "Das ist ja die Alternative, um die es geht: Macht man eine Richtungsentscheidung, macht man eine entschiedene Veränderung in diesem Land, oder bleibt man bei dem, was wir jetzt haben, was Stillstand ist und was kleinster gemeinsamer Nenner ist."
    Die Grünen wollen außerdem, unter anderem, mehr Elektroautos auf die Straßen bringen, auch um Fahrverbote zu verhindern – sie wollen Kinderarmut bekämpfen, und das Staatsbürgerschaftsrecht reformieren: "Wer in Deutschland geboren wird, ist deutscher Staatsbürger" heißt es in dem fünfseitigen Papier. Im Zehn-Punkte-Plan fehlen allerdings konkrete Zusagen, die im Entwurf für das Wahlprogramm noch enthalten waren – etwa das verbindliche Ziel, bis 2030 nur noch Autos ohne giftige Abgase zu produzieren. Der Wegfall eines konkreten Ausstiegsdatums hatte parteiintern harte Auseinandersetzungen ausgelöst. Jetzt aber sei Frieden, sagt Parteichef Özdemir:
    "Man muss ja nicht so tun, als ob jetzt immer schon der Eindruck bestanden hätte, die Grünen würden immer an einem Strang ziehen und das vor allem auch in dieselbe Richtung. Da gab’s ja in der Vergangenheit auch ein paar Dissonanzen, zumindest konnte man den Eindruck erwecken. Das wird hier, glaub ich, sehr deutlich gemacht, dass sich die Partei versammelt hinter ihren beiden Spitzenkandidaten."
    Kein konkretes Ausstiegsdatum bei Kohle und Luftverschmutzung
    Cem Özdemir ist politischer Ziehsohn des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Der wiederum bezeichnet sich öffentlich als "Freund des Diesels", und auch Özdemir betont die Nähe der Grünen zu Autoindustrie im Südwesten:
    "Es ist kein Zufall, dass die Führer der deutschen Automobilindustrie in Baden-Württemberg mit Winfried Kretschmann, bei uns hier mit unserer Bundestagsfraktion, aber eben auch auf dem Bundesparteitag von Bündnis90/Die Grünen mit Herrn Zetsche zu uns kommen!"
    Auch beim Thema Kohle und Luftverschmutzung fehlt ein konkretes Ausstiegsdatum, im Papier heißt es zwar, man wolle die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sofort abschalten, aber auch das Wort "sofort" konkretisiert Özdemir erst nach mehrfacher Nachfrage: Innerhalb der nächsten Legislatur-Periode. Dieses Zehn-Punkte-Programm beschreibe demnach auch keine roten Linien für künftige Koalitionsverhandlungen:
    "Das ist kein Wünsch-Dir-was, sondern das ist durchgeplant, und da haben wir uns Gedanken gemacht, ob das, wenn wir in der Situation sind, das umsetzen zu müssen, das auch umsetzbar ist. Unter dem Aspekt haben wir die Sachen aufgeschrieben."
    Keine Obergrenze im Asylrecht mit Katrin Göring-Eckardt
    Beim Thema Renten- und Steuerpolitik – etwa der Einführung einer Vermögenssteuer - legt sich das Spitzenduo nicht genauer fest. Anders in der Flüchtlingspolitik. Eine Obergrenze im Asylrecht werde es mit ihr nicht geben, so Katrin Göring-Eckardt. Und beide Spitzenkandidaten betonen, dass der Zehn-Punkte Plan nicht das Wahlprogramm ersetze. Darüber soll die Bundesdelegiertenkonferenz in Berlin Mitte Juni abstimmen. Die Frage nach Einigkeit und Geschlossenheit in der Partei selbst wird dann neu gestellt werden.