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Zerrüttetes Verhältnis

Die Universität Rostock sucht einen neuen Rektor - viel früher als geplant. Denn der Amtsinhaber hat gestern Nachmittag seinen Rücktritt angekündigt - er hat sich damit einem Ultimatum des Akademischen Senats gebeugt. Von zerstörtem Vertrauen, Enttäuschung und Überraschung ist in Rostock seit Anfang des Monats die Rede.

Von Christian Kohlhof | 18.09.2008
    9 Uhr heute Morgen. Ein ungewöhnlicher Zeitpunkt für eine Sitzung des Studentinnenrates an der Uni Rostock. Man trifft sich für gewöhnlich abends. Aber ungewöhnliche Ereignisse erfordern ungewöhnliche Eintragungen im Terminkalender. Denn es geht um den Posten des Rostocker Uni-Rektors:

    Amtsinhaber Thomas Strothotte hat auf Druck des Senates seinen Rücktritt angekündigt. Hintergrund: Strothotte hatte sich auf die Rektorenstelle an der Uni Regensburg beworben, obwohl sein Vertrag in Rostock noch bis 2010 läuft. Seitdem das bekannt wurde war er bei vielen Mitarbeitern, Studierenden und Dozenten unten durch. Studentin Christina Höhne:

    " Wir sehen das es als Vertrauensbruch an, dass ein Rektor nach zwei Jahren seiner Amtszeit von vieren einfach geht - auch wenn es persönliche Gründe sind. Es ist doch eigentlich eine Verpflichtung, die man eingegangen ist, und die sollte man auch bis zum Ende durchhalten!"

    Die Uni Rostock hat turbulente Wochen hinter sich. Anfang des Monats hatte der Senat den Rektor um Aufklärung gebeten, warum er nach Regensburg wechseln wolle - mitten in seiner Amtszeit. Strothotte erklärte damals, es gebe ausschließlich familiäre Gründe. Doch überzeugt hat er den Senat damit nicht. Der stellte daraufhin ein Ultimatum: Entweder Strothotte nimmt von sich aus den Hut - oder der Senat bereitet die Abwahl vor.

    Professor Martin Benkenstein, Vorsitzender des Akademischen Senats in
    Rostock:

    "Vor dem Hintergrund war es für uns undenkbar, dass er, falls er dort nicht gewählt werden sollte - was wir ihm nicht wünschen - aber falls er nicht dort gewählt werden sollte, seine Aufgaben hier in Rostock weiter erfüllt. Das hielten wir für eine Situation, die auf Dauer keinesfalls tragbar sein kann."

    Das sehen auch die Studierenden vom Studentinnenrat so. Christina Höhne:

    " Es würde ihm aber das Leben auf jeden Fall nicht leichter machen hier an der Uni. Er müsste damit rechnen, dass er überall nur Gegenwind hat. Und ob er dann noch irgendetwas umsetzen kann.. das, denke ich, würde sehr schwierig werden."

    Nun wird der entmachtete Rektor die Uni Rostock spätestens im November verlassen - und hinterlässt viele enttäuschte Mitarbeiter und Studenten, viele waren mit seiner Arbeit eigentlich ganz zufrieden. Friederike Hoffmann vom Allgemeinen Studierenden-Ausschuss.

    "Sagen wir mal so, er hat der Uni eine große Chance gegeben, er hat ihr sehr viel Potential eingeräumt. Das hat er uns zumindest gegenüber so gesagt. Er hat mit der Interdisziplinären Fakultät sicherlich Bewegungen in Gang gesetzt. Nur: Der jetzige Stand der Dinge.. ich weiß nicht mal, wo er jetzt gerade augenblicklich steht. Es sind halt alles Sachen angefangen worden, die jetzt noch nicht zuende geführt wurden."

    Mit einem Programm bis 2019 wollte Strothotte die Uni Rostock in den immer härter werdenden Wettbewerb um Fördergelder und Drittmittel führen. Teilweise wie ein Manager wollte der gebürtige Kanadier die größte Hochschule in Mecklenburg-Vorpommern mit 14.000 Studenten leiten. Seit dem Amtsantritt 2006 habe Strothotte die Uni Rostock geordnet, bestätigt Martin Benkenstein vom Senat.

    "Er hat die Universität in einer ganz schwierigen Situation übernommen. Wir waren völlig zerstritten mit dem Bildungsministerium. Sämtliche Kommunikationskanäle waren abgeschnitten. Wir hatten auch die Situation, dass die Fakultäten und Institute wenig miteinander geredet haben."

    In Strothottes Amtszeit fällt aber auch das beschlossene Aus für die Juristische Fakultät - Ergebnis einer Einigung mit dem Land, das sich keine zwei Fakultäten dieser Art in Greifswald und Rostock leisten will.

    Jahrelang hatte es Streit gegeben. Strothotte vermittelte den Kompromiss, mit dem sich viele Rostocker Juristen aber nicht abfinden wollen. Dass sich das Aus für die juristische Vollausbildung in Rostock mit einem neuen Rektor noch umkehren lässt, ist nach jetzigem Stand aber äußerst unwahrscheinlich.

    Unklar ist auch, ob der gechasste Rostocker Rektor in Regensburg überhaupt eine Chance auf den Posten hat. Vier Bewerber sind dort noch im Rennen, die Entscheidung fällt Ende Oktober. Strothotte selbst wollte sich trotz mehrfacher Anfragen nicht zu seinem Abgang in Rostock äußern.
    Die Uni sucht ab sofort seinen Nachfolger - und hofft, dass der dann etwas länger bleiben wird.