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Zollstreit mit den USA
Brüssel droht mit Gegenzöllen

Nach unerlaubten Subventionen für die Firma Airbus wollen die USA Strafzölle auf europäische Produkte verhängen. Brüssel will reagieren und führt unerlaubte US-Subventionen für Boeing ins Feld. Deeskalierende Stimmen fordern derweil gemeinsame Regeln für den Flugzeugbau in der EU und den USA.

Von Johannes Kuhn | 04.10.2019
Eine Reihe von Flugzeugen am Himmel über dem Flughafen Heathrow in London
Abgehoben: Gegenseitige Schuldzuweisungen bringen Amerikaner und Europäer beim Flugzeugbau nicht weiter (picture alliance/Nicolas Economou)
Washington hat das Zollverfahren bereits eingeleitet: Ab Mitte dieses Monats darf das Land milliardenschwere Strafzölle auf Produkte aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien verhängen. Nach dem Urteil der Welthandelsorganisation WTO zu den unerlaubten Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus wird die Zeit knapp, eine erneute Eskalation des Handelsstreits zu vermeiden. US-Außenminister Mike Pompeo kündigte im Gespräch mit der italienischen Zeitung "La Stampa an", vor der endgültigen Entscheidung mit der EU sprechen zu wollen. In einem Videointerview sagte er:
"Wir waren schon immer überzeugt, dass die WTO so entscheiden wird. Wir werden nun durcharbeiten, was die adäquate Antwort ist. Ich werde sicher mit der EU sprechen und wir werden das richtige Ergebnis erreichen."
Der CDU-Politiker Daniel Caspary auf einem Landesparteitag der CDU in Baden-Württemberg.
US-Strafzölle gegen EU - Caspary (CDU): "Unsinnigen transatlantischen Streit beenden"
Der EU-Abgeordnete Daniel Caspary (CDU) hat die EU mit Blick auf mögliche US-Strafzölle zu Besonnenheit aufgerufen. Im Dlf sagte er, es sei jetzt wichtig, eine gemeinsame Lösung zu finden. Denn bald würde die USA und die EU einer sehr starken chinesischen Konkurrenz gegenüber stehen.
Der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Lighthizer hat bereits Datum und Zahlen genannt: Ab 18. Oktober sollen Flugzeuge mit zehn Prozent Aufschlag belegt werden. So unterschiedliche Güter wie optische Linsen, Textilien, Butter, Käse, Wein, Schweinefleisch oder Meeresfrüchte mit 25 Prozent.
Auch Boeing wird staatlich bevorzugt
Die EU-Kommission erklärte, man wolle verhandeln, sei aber zu Reaktionen bereit. Wie diese aussehen könnten, ließ Brüssel offen. An der Verhandlungsbereitschaft der Amerikaner hegt der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire Zweifel. Seit Monaten sei man auf taube Ohren gestoßen, weshalb man bereit sei, mit Sanktionen zu reagieren. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas plädiert für eine harte Linie. Die EU werde nun reagieren müssen und nach der Genehmigung durch die WTO wohl ihrerseits Strafzölle erheben, sagte er der Funke-Mediengruppe.
In der Debatte spielt auch das Urteil eines WTO-Schiedsgerichts aus dem Frühjahr eine Rolle. Demnach hat auch der amerikanische Flugzeughersteller Boeing unerlaubte staatliche Beihilfen erhalten. Der Handelspolitiker Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, sagte am Morgen im Deutschlandfunk:
"Jetzt geht's also in beiden Fällen um die Frage, welche Strafzölle können wir gegeneinander verhängen. Wir kennen seit dieser Woche die Zahl, was können die Amerikaner gegen uns verhängen. Wir erwarten nächstes Frühjahr die Zahlen, was können wir gegen Amerika verhängen. Und da wird doch sofort deutlich: Wir brauchen jetzt keine Strafzölle, sondern wir brauchen vor allem eine dringende Lösung: Wie können wir Großflugzeuge in den Vereinigten Staaten und in Europa bauen auf eine regelkonforme Art und Weise?"
Retourkutsche bei Ketchup & Co.
Die EU hat bereits im Frühjahr eine Liste von amerikanischen Produkten vorgelegt, die im Fall einer Eskalation für Vergeltungszölle in Frage kämen - darunter Tomatenketchup, Reisekoffer, Wein oder Spielekonsolen.
Da die WTO über das Volumen der Boeing-Strafzölle noch nicht entschieden hat, müsste sich Brüssel allerdings auf eine Entscheidung aus dem Jahr 2002 berufen, die Zölle auf US-Waren in Höhe von vier Milliarden US-Dollar erlaubt. Dieser Fall war damals jedoch zwischen Washington und gütlich gelöst worden. Ihn nun ins Feld zu führen, käme einer diplomatischen Provokation gleich.