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Zu viel Salz in Fertiggerichten

Ein einziges Fertiggericht enthält häufig schon die empfohlene Tagesmenge von sechs Gramm Salz - bei oft nur 20 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs. Mit viel Salz könne man sich eben andere würzende, aber teurere Zutaten sparen, sagt Angela Clausen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Doch zu viel Salz kann gesundheitsschädlich sein.

Angela Clausen im Gespräch mit Georg Ehring | 03.02.2012
    Georg Ehring: Wer sein Mittagessen fertig kauft und in der Mikrowelle erwärmt, möchte sich meist nicht allzu intensiv mit der Ernährung beschäftigen. Die Mahlzeit soll schnell zur Verfügung stehen und schmecken. Dafür sorgt bei vielen Herstellern eine Extraportion Salz, jedenfalls mehr als gesund wäre. Das hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen jetzt herausgefunden. Angela Clausen von der Verbraucherzentrale, wie hoch ist denn der Salzgehalt bei den besonders stark gesalzenen Produkten?

    Angela Clausen: Also das Schlimmste, was wir gefunden haben, waren tatsächlich in einer Portion 7,52 Gramm Salz.

    Ehring: Und wie viel braucht man ungefähr pro Tag?

    Clausen: Der Tagesbedarf oder die Tagesmenge von sechs Gramm pro Tag sollte nicht überschritten werden.

    Ehring: Das heißt, in einer einzigen Portion ist mehr drin, als man den ganzen Tag brauchen könnte? Wie kommt das?

    Clausen: Na ja, tatsächlich ist es so, dass Salz immer geschmacksgebend ist. Man kann aber auch mit einer ganzen Menge Salz etwas weniger an sonstigen würzenden Zutaten, die etwas teurer sind, überdecken. Insgesamt ist es natürlich schon so, dass wir alle einen ziemlich intensiven Salzgeschmack gewöhnt sind und dass das auch mit das Problem der Fertiggerichte-Hersteller ist. Sie müssten eigentlich alle in einer konzertierten Aktion ganz langsam, peu à peu den Salzgehalt in allen Produkten gleichzeitig senken, dann würde es kein Mensch mehr merken.

    Ehring: Aber Sie haben ja früher auch schon mal ähnliche Untersuchungen gemacht. Wie ist denn der Trend?

    Clausen: Wir haben fast dieselben Produkten - 60 Produkte waren exakt die gleichen bei unseren 100, die wir untersucht haben - 2010 das erste Mal untersucht, jetzt eben Ende 2011 das zweite Mal; 60 gleiche Menüs. Da mussten wir feststellen, dass es bei 27 eine Veränderung in den Nährwerten gegeben hatte, und zwar haben 15 davon sogar ihren Salzgehalt noch gesteigert und bei zwölf ist es nur zurückgegangen. Das ist für uns deswegen so enttäuschend, weil wir seitdem auch eine ganze Menge Gespräche mit dem Handel, mit Herstellern, mit Verbänden geführt haben und uns alle immer wieder gesagt haben, Salz ist durchaus ein Thema und wir arbeiten daran.

    Ehring: Aber sie arbeiten offenbar nicht daran. Haben Sie da Gründe für?

    Clausen: Ich kann es mir im Moment ehrlich gesagt nicht erklären. Es hat sich wirklich nichts verbessert, trotz dem sie gesagt haben, es wäre ein wichtiges Thema und wir natürlich schon seit vielen Jahren die Empfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung haben, die ganz klar gesagt haben, wir sollten dringend die Salzmengen in unseren Gerichten senken.

    Ehring: Für wen ist das denn gesundheitsschädlich? Muss jeder Verbraucher auf geringen Salzgehalt achten, oder nur bestimmte Risikogruppen?

    Clausen: Grundsätzlich heißt es so, dass eigentlich niemand sechs Gramm pro Tag überschreiten sollte. Aber für bestimmte Risikogruppen, für Leute, die an Bluthochdruck leiden beispielsweise, oder Leute, die sehr sensibel mit ihrem Blutdruck auf Salz reagieren, für die ist es natürlich ganz besonders wichtig. Aber auch für Leute, die möglicherweise Probleme mit den Nieren haben, ist es hilfreich, salzärmer zu essen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung meint, dass sämtliche Verbraucher davon profitieren würden, wenn der Salzanteil in den Fertigprodukten reduziert würde, insbesondere übergewichtige und ältere Personen.

    Ehring: Welche Gesundheitsrisiken drohen?

    Clausen: Grundsätzlich ist es so, dass bei entsprechend belasteten Personen, die darauf besonders sensibel reagieren, das den Bluthochdruck fördern kann und dass es natürlich damit auch das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen fördert.

    Ehring: Die empfohlene Salzmenge - Sie haben es gesagt - sind sechs Gramm pro Tag. Darf man da überhaupt noch zum Salzstreuer greifen, oder ist das in fertigen Produkten wie Wurst, Fleisch, Käse oder Fertiggerichten alles schon drin?

    Clausen: Diese Fertiggerichte, die stechen ganz besonders heraus. Wir haben aber natürlich auch Wurstwaren, auch Brot, wo relativ viel Salz enthalten ist. Unser deutsches Brot ist seitdem schon immer in der Kritik der EU gewesen. In Portugal gibt es inzwischen sogar ein Verbot dafür, dass bestimmte Salzmengen im Brot gar nicht mehr enthalten sein dürfen. Also Brot ist sicherlich auch noch immer ein Knackpunkt. Aber unser Anliegen bei den Fertiggerichten gerade deswegen, weil die nur relativ wenig Kalorien liefern. Die liefern oft nur 20 Prozent des Tagesbedarfs an Kalorien, aber dann eben 100 Prozent des Tagesbedarfs an Salz.

    Ehring: Haben Sie denn bei den Fertiggerichten Gerichte gefunden, die weniger gesalzen sind, und kann man die irgendwie charakterisieren, ist das eine bestimmte Geschmacksrichtung?

    Clausen: Geschmacksrichtung interessanterweise überhaupt nicht. Tendenziell sind die Tellermenüs beim selben Gericht - ich sage mal ein Beispiel: Chili con Carne. Da haben wir ein Tellergericht, das ist tendenziell etwas weniger salzig als eine Konserve. Und insgesamt haben wir bei den Tiefkühlprodukten etwas weniger Salz gefunden.

    Ehring: Das heißt, wer sich dann gesund ernähren soll, muss genauer auf die Inhaltsangabe achten, oder?

    Clausen: Das würden wir grundsätzlich immer empfehlen, sich wirklich die Nährwertinformationen auch intensiv anzugucken auf den Verpackungen. Ein bisschen problematisch ist es im Moment noch deswegen, weil immer noch nicht der Salzgehalt, sondern nur der Natriumgehalt angegeben wird. Den muss ich dann noch mit 2,5 multiplizieren, um auf den eigentlichen Salzgehalt zu kommen.

    Ehring: Angela Clausen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Herzlichen Dank!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.