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Zu wenig Obst und Gemüse auf dem Seniorenteller

"Essen auf Rädern" ist für viele Senioren der rollende Mittagstisch. Ernährungswissenschaftler untersuchten die Qualität. Und eine andere Studie zeigt: Unterernährung kommt bei Pflegebedürftigen zu Hause relativ selten vor.

Von Renate Rutta | 21.05.2013
    Welche Ernährungsprobleme haben Pflegebedürftige, die zu Hause leben? Wie ist ihr Ernährungszustand, ihr Körpergewicht, ihr Appetit und wie sind ihre Essgewohnheiten, wollte Professor Dorothee Volkert vom Institut für Biomedizin des Alterns der Universität Erlangen-Nürnberg wissen:

    "Beim Ernährungszustand hat uns zuerst überrascht, dass die pflegebedürftigen Senioren zu Hause relativ selten Untergewicht hatten, also der BMI unter 20. Und dieser Anteil ist bei Pflegeheimbewohnern zum Beispiel deutlich größer, über zehn Prozent."

    Untergewicht oder unerwünschter Gewichtsverlust wirken sich im Alter eher negativ aus.

    "Weil bei einem Gewichtsverlust nicht nur die Fettmasse, die Fettreserven abgebaut werden, sondern im Alter vor allem auch die Muskelmasse verloren geht und dadurch das Sturzrisiko erhöht, die körperliche Leistungsfähigkeit insgesamt eingeschränkt wird."

    Und dann entsteht häufig ein Kreislauf aus Gebrechlichkeit und schlechter Ernährung, der sich verstärkt gegenseitig.

    Erfreulich wenige Pflegebedürftige waren also untergewichtig. Im Gegenteil: Etwa ein Drittel hat starkes Übergewicht. Das erschwert den Angehörigen jedoch die Pflege.

    Die Forscher achteten aber nicht nur auf das Gewicht, sondern auch auf die Lebensmittelauswahl. Ergebnis: Viele aßen zu viel Fleisch und Wurst und zu wenig Obst und Gemüse.

    "Die Empfehlung würde dahin gehen, auch bei Älteren zu Hause, auch, wenn sie pflegebedürftig sind, viel Obst und Gemüse im Speiseplan einzuplanen. Und eben Getreideprodukte, wenn es geht, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Fisch."

    Denn immerhin 13 Prozent der Pflegebedürftigen sind mangelernährt. Bei weiteren 57 Prozent besteht ein Risiko für eine Mangelernährung. Nährstoffe wie Calcium, Vitamin D und E sowie Ballaststoffe kommen zu kurz. Das kann daran liegen, dass sie zu wenig Appetit haben und schlechte Zähne oder unter Mundtrockenheit leiden, weil sie wenig trinken oder Medikamente nehmen, die das begünstigen.

    "Es haben sich aber auch viele Ernährungsprobleme gezeigt, Kaubeschwerden bei mehr als der Hälfte zum Beispiel, Schluckstörungen bei einem Drittel. Insofern sind schon viele Faktoren da, die die Ernährung gefährden und die Ernährung deshalb mehr Aufmerksamkeit kriegen sollte."

    Die Pflegenden sollten deshalb besonders auf Mundhygiene und Mundgesundheit achten, damit die Kaufähigkeit lange erhalten bleibt.

    Wer Schluckbeschwerden hat und sich "Essen auf Rädern" bestellt, kann bei vielen Anbietern oft auch pürierte Speisen bestellen und unter bis zu vier Menüs wählen. Professor Ulrike Arens-Azevedo von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg stellte fest, dass die meisten zufrieden waren mit dem Angebot. Doch es gab auch kleine Mängel bei Hygiene, Transport- und Warmhaltezeit sowie der Angebotsvielfalt:

    "Dass Gemüse nicht überall als Bestandteil der Mahlzeit gegeben wird. Es fehlt häufig an Salat und Rohkost. Wir haben ein großes Angebot an Fleisch, was deutlich reduziert werden könnte. Und oft müssen Desserts zusätzlich bezahlt werden, wenn sie gewünscht sind."

    Wenn mehr frisches Obst und Salat auf den Teller kommt, dann ermöglicht Essen auf Rädern vielen Älteren, dass sie weiter zu Hause selbstständig leben können.