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Spitzenförderung ade?

Natürlich ist es sinnvoll den Hochschulen mehr Geld zu geben...

Von Patrick Honecker | 05.07.2004
    Genauso wie man gut beraten ist, die Schulen und Kindergärten besser auszustatten. Schließlich hat Bildung nicht nur einen individuellen Nutzen, sondern liefert auch einen Beitrag zum gesellschaftlichen Konsens. Selbst wenn sich dieser auf einen kleinsten gemeinsamen Wissenskanon begrenzt.

    Die höhere Bezuschussung von Bildungseinrichtungen führt aber nicht konsequenterweise zu erhöhter Leistung oder höherem Ansehen, (wenn gleich die Attribute "Elite" und "Spitze" uns das glauben machen wollen.) Was aber ist entscheidend?

    Die Frage können am besten die Alten beantworten, die Großmütter und Großvater, welche noch eine ganz andere Universität kennen lernten.

    In ihren Erzählungen wird deutlich: Vor der Entstehung der Massenuniversitäten machte der Hochschulbesuch vor allem eins: Stolz!

    Man war stolz darauf zu einer Gruppe von Privilegierten zu gehören, denen der Hochschulbesuch bescheinigte, bestens für verantwortungsvolle Aufgaben in der Gesellschaft geeignet zu sein.

    Die 1967 beginnende Hörsaal-Revolution hatte nicht nur die Verdammung der Talare, als Synonym für verkrustete Strukturen, zur Folge. Sie bewirkte gleichzeitig einen Ansehensverlust der Institution Universität, die bis heute in dem Klischee des taxifahrenden Philosophie-Doktoranden fortlebt. Über zwei Millionen Studierende stehen nach allgemeinem Verständnis für Orientierungslosigkeit und für die Unlust sich den Realitäten des Arbeitsmarkts zu stellen. Diese Meinung wird bedauerlicherweise auch von vielen Professoren geteilt, die lieber mit einer handvoll hochmotivierter Kommilitonen arbeiten, als in überfüllten Seminarräumen mit der Trägheit der Masse zu kämpfen.

    Wen wundert’s, dass den Studierenden ein breites Spektrum von Negativ-Gefühlen überwältigt. Frustration und Zukunftsangst bilden keinen Nährboden für das, was den Stoff bildet aus dem dankbare Alumni sind.

    Die Tristesse, mit welcher an staatlichen Hochschulen sogenannte Examensfeierlichkeiten zelebriert werden, gleicht vielerorts eher einem lästigen Behördengang als einem akademischen Freudentag. Der Umgang mit dem erworbenen Grad ist dementsprechend verschämt.

    Jeder Metzgermeister hängt sich seinen Meisterbrief gut sichtbar an die Wand des Verkaufsraums. Kein akademischer Meister würde mit der Magisterurkunde das eigene Büro aufwerten.

    Das hat zur Folge, dass der Magister in Deutschland nichts Wert ist! Anerkennung findet höchstens das zentral erworbenen Staatsexamen oder ein Diplom in einem "nützlichen "Fach. Eine Konsequenz daraus ist, dass immer mehr Geisteswissenschaftler an die Universitäten zurückkehren um zu promovieren. Schließlich soll das eigene Studium doch noch mit einem respektierten Grad geadelt werden.

    Angesichts der Geringschätzung der bestehenden Abschlüsse, sind die Auswirkungen der Einführung des Bachelors noch gar nicht abzuschätzen. Dieser neue, dann niedrigste akademische Grad reduziert den Sinn des Hochschulbesuchs endgültig darauf, einen Schein für den Berufseinstieg zu bekommen. In den wissenschaftspolitischen Gremien wird bereits laut darüber nachgedacht, die allgemeine Berufsausbildung stärker an die Hochschulen zu verlagern. Gerne wird auf die positiven Erfahrungen in anderen Ländern verwiesen.

    Vergessen wird dabei, dass andere Länder nicht über das duale Berufsausbildungssystem der Bundesrepublik Deutschland verfügen, dass mit seiner starken Praxis-Ausrichtung passgenau auf den Job vorbereitet.

    Vergessen wird aber auch, dass unsere Hochschulen gar nicht darauf eingestellt sind, den Ausbau ihrer Elite-Angebote voranzutreiben UND gleichzeitig ein Angebot für die Masse zu kreieren. Neue Studiengänge müssen ihre Qualität durch Akkreditierung belegen. Die zuständigen Akkreditierungsagenturen sind komplett überlastet, ein Großteil der Angebote hat dementsprechend noch kein Zertifikat.

    Wenn Bachelorstudiengänge die erste Sprosse der wissenschaftlichen Karriereleiter sein sollen, ist dieser Zustand fatal. Denn wenn die erste Sprosse brüchig ist, wird der Aufstieg künftiger Spitzenforscher unnötig erschwert.

    Bei aller Kritik gibt es Hochschulen, die nicht nur in Deutschland, sondern auch international einen hervorragenden Ruf haben. Es handelt sich um Hochschulen wie die RWTH Aachen oder die technische Universität München. Was ist der Grund ihres Erfolges und was können die anderen Hochschulen von ihnen lernen?

    Es ist zum einen das Angebot der Studiengänge. Natürlich fällt es gerade den technischen Hochschulen leicht, die derzeit populären ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge auszubauen. Aber auch Hochschulen mit anderen Schwerpunkten gelingt es Renommee zu erwerben. Wer den Finger am Puls der Zeit behält, der weiß, was Studierende lernen wollen. Der holt sich die interessanten und vorausschauenden Wissenschaftler.

    Und das ist der entscheidende Punkt. Es ist das Können der Lehrenden, das letztendlich ein Gemeinschaftsgefühl entstehen lässt. Die ursprüngliche Idee der Universität basierte auf der Gemeinschaft von Studenten und Dozenten. Ein hervorragender Professor zieht gute Studierende an. Der Berliner Aufklärer Friedrich Gedike stellte das bereits im 18. Jahrhundert fest. Sein Lob der Göttinger Universität gipfelt in der Aussage, dass jeder Professor die Ehre der Universität als seine eigene betrachtet.

    Allerdings muss auch Gödeke einräumen, gute Professoren gewinnt man mit guter Bezahlung. Womit wir wieder am Anfang dieser Betrachtung wären.

    Natürlich ist es sinnvoll den Hochschulen mehr Geld zu geben...