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Zukunft der Arbeit

In der heutigen Arbeitswelt läuft manches schief: umständliche Hierarchien, verquere Kommunikation, zu viel Gewohnheit und zu wenig Leidenschaft. Fünf junge Leute haben es sich zum Ziel gemacht, das zu ändern. Gefördert wird das von der Deutschen Telekom, die sich dadurch Aufschluss darüber erhofft, wie junge Leute, die in einer digitalen Welt mit Internet aufgewachsen sind, die Arbeitswelt gestalten würden.

Von Andrea Rönsberg | 28.10.2009
    Überkommene Bürostrukturen aufbrechen - eins der Ziele des Workshops.
    Überkommene Bürostrukturen aufbrechen - eins der Ziele des Workshops. (IMAGO / Bernd Leitner)
    "We wanted to look at how do people get more satisfaction and enjoyment at work and we developed this metaphor, the metaphor of looking at romantic relationships."

    Wie man Arbeit leidenschaftlicher und befriedigender gestaltet – das ist das Thema der Gruppe um Maryanna Rogers. Sie steht neben einem Laptop und einem Beamer vor den anderen Campteilnehmern. Die meisten von ihnen sitzen auf dem Boden oder auf niedrigen Klappstühlen. Hinter ihnen haben an einem langen Tisch neun vorwiegend ältere Herren auf Stühlen Platz genommen. Ein "reality check" ist angesagt - die geladenen Experten sollen den Teilnehmern sagen, welche Ideen und Konzepte sie für neu, gut und realisierbar halten.

    "Push it further, that's the challenge!"

    Seit dem 9. Oktober leben die jungen Leute in der alten Malzfabrik in Berlin-Schöneberg. Im Freizeitraum in der ersten Etage stehen Sofas, ein Kicker, und eine Tischtennisplatte; ein paar Hanteln liegen auf dem Boden. Nebenan sind die Schlafräume – für jeden Teilnehmer eine etwa sechs Quadratmeter große Box, in der nur eine Matratze und ein kleiner Schrank Platz haben.

    "Wir haben Frühaufsteher, die sind um sechs Uhr wach und joggen erst mal und machen zwei Stunden Yoga und wir haben Leute, die bis spät in die Nacht arbeiten, und wenn wir getrennt schlafen würden, könnten wir einfach diese verschiedenen Lebensweisen nicht unter ein Dach bringen. Und es ist genau das, was uns auch mit unterscheidet von irgendwelchen corporate Innovationslaboren. Und oft entstehen ja die besten Ideen irgendwann nachts beim Kerzenschein im Entertainmentraum und deshalb ist es auch super, dass wir sechs Wochen gemeinsam Tag und Nacht verbringen können."

    Jonathan Imme aus Siegen ist einer der Organisatoren. 25 Jahre ist er alt, hat Musikwirtschaft studiert, in verschiedenen Firmen gearbeitet und festgestellt, dass die festgefahrenen Strukturen eines Unternehmens einfach nicht sein Ding sind. Eine Erkenntnis, zu der auch die anderen Campteilnehmer gekommen sind. Wie Kosta Grammatis, ein 24-jähriger Entwickler und Erfinder aus den USA. Oder Jyoti Guptara, ein zwanzigjähriger Autor von Fantasyromanen, der in der Schweiz lebt.

    "Viele von uns könnten es erreichen in einer großen Firma, aber wir bevorzugen neue Formen von Kollaboration, wir bevorzugen soziale Geschäfte zu eröffnen, um die Welt zu verbessern. Und das klingt jetzt ein bisschen hippiemäßig, aber es geht darum, dass das eine effizientere Weise ist, als nur zum Beispiel Geld zu verschenken."

    Der heutige "Reality check" ist zu Ende. Sechzehn Konzepte haben die Teilnehmer vorgestellt - zum Beispiel das "brain power"-Projekt: Das sieht vor, eine Internetplattform zu entwickeln, auf der man mithilfe eines EEG-artigen Geräts zur Messung der Gehirnströme Leute suchen kann, die sich über ein bestimmtes Thema Gedanken machen. Oder das "data dj project" - eine neue Internetsuchmaschine, die neben Text auch mit Audio und Video arbeitet. Martin Urban von den Berliner Stadtreinigungsbetrieben ist einer der Experten – einerseits fehlen ihm bei den Ideen konkrete Ansätze zu Fragen von Produktion und Logistik, andererseits ist er aber auch begeistert.

    "Spannend ist es für die Kommunikationsprozesse. Wir hatten einen sehr interessanten Vortrag über Bürostrukturen. Dieser erste Vortrag, wie man die Liebe zur Arbeit schafft - da haben die unglaublich tolle Ideen. Wie man das macht, dass sie sich über zwanzig, dreißig Jahre oder ein ganzes Berufsleben hält, da können die naturgegeben noch nicht so wahnsinnig viel zu sagen."

    Die Teilnehmer haben ja auch noch etwas Zeit, an ihren Ideen zu feilen. Aber wenn am 23. November insgesamt 300 Experten aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Medien in die Malzfabrik kommen, dann wollen sie die am liebsten mit marktreifen Konzepten überzeugen.

    Infos:
    palomar5.org