Freitag, 19. April 2024

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Zukunft des Musikjournalismus
Musikkritik sollte „eine Orientierung geben“

Musikkritik habe mit Kompetenz und Professionalität zu tun, sagte die Musikjournalistin Christine Lemke-Matwey im Dlf. Persönlichkeit und der persönliche Ton machten einen guten Musikjournalismus aus. Aufgabe sei es, im Musikbetrieb Orientierung zu bieten und Urteile zu fällen.

Christine Lemke-Matwey im Gespräch mit Christoph Vratz | 11.01.2021
Verschwommen lässt sich im Hintergrund ein Orchester erahnen. Davor der Hals eines Instruments.
Mit anderen über Musik sprechen: ein Kanal, um in Coronazeiten wieder zueinander zu kommen, so sieht es Musikjournalisten Christine Lemke-Matwey (Unsplash / Manuel Nägeli)
Das Musikleben liegt aufgrund der Corona-Maßnahmen brach: Konzerte, Premieren, Festivals und Kongresse finden nicht statt. Diese Situation hat nicht nur das Leben und den Alltag von Musikern, Komponisten und Sängern verändert, sondern auch die Arbeit von Musikjournalisten.

Musikkritiker "ein ernstzunehmender Beruf"

Persönlichkeit und der persönliche Ton machten heute einen guten Musikjournalismus aus, sagte Christine Lemke-Matwey, Musikjournalistin und Redakteurin bei der Zeit, im Deutschlandfunk. Dass Menschen mit anderen Menschen über Musik sprechen, könne das Nadelöhr oder der Eintrittskanal sein, über den man wieder zueinander komme.
Allerdings: "Ich würde schon sagen, dass Musikkritik etwas mit Kompetenz und Professionalität zu tun hat", hob die Musikjournalistin hervor: "Es handelt sich hierbei um einen ernstzunehmenden Beruf, man kann das lernen, es gibt ein Handwerkszeug zur Ausübung dazu."
Dass gerade im digitalen Bereich jeder und jede über alles reden könne, passe zwar zur Demokratisierung unserer Gesellschaft, dabei drohe jedoch manchmal, dass der Wert der Kunst und der Musik an sich unter die Räder gerate. Dieser Wert habe mit einer eingehenden Betrachtung und Kenntnis der Werke zu tun: "Ich glaube, dass die Menschen bedürftig sind wie nie, nach einer solchen Kompetenz und Professionalität."

Sorgen um den musikjournalistischen Nachwuchs

Christine Lemke-Matwey beobachtet, dass Räume für Musikjournalismus, beispielsweise im Radio oder in den Zeitungen geringer würden, hob jedoch auch hervor: "Die Räume, die da sind, lassen sich im Zweifelsfall ein bisschen besser nutzen, damit sie sich wieder weiten – denn ich bin überzeugt, sie lassen sich weiten, auch heute noch!"
Schmerzhaft sei dabei vor allem, dass dem musikjournalistischen Nachwuchs keine Aussicht auf eine Existenzgrundlage geboten werde. Dennoch gebe es Leute, denen "ist das egal und die machen das auch und das finde ich toll."
Der deutsche Autor, Univ.-Prof. Dr. phil. Holger Noltze, aufgenommen am 14.03.2013 in Leipzig (Sachsen) auf der Buchmesse. Foto: Marc Tirl | Verwendung weltweit
Zukunft des Musikjournalismus - „Digitale Doofheit ist keine Option“
Im Bereich der Klassischen Musik würden die Möglichkeiten der digtialen medialen Welt oft nicht ausgenutzt, sagt derJournalist und Professor für Musikjournalismus, Holger Noltze.
Die ökonomische Verantwortung für die Folgen von Verrissen von Einspielungen oder Aufführungen weist die Musikjournalistin von sich: "Es ist nicht meine Aufgabe, den Musikmarkt zu erhalten, meine Aufgabe ist es, eine Orientierung zu geben und ein Urteil zu fällen, an dem man sich dann reiben kann."
Das sei die einzige Chance, die Unabhängigkeit des Musikjournalismus zu wahren. Die Verflechtung von Veranstaltern, PR-Agenturen und Musikkritikern sei "nicht gut für den Musikjournalismus und da sollte man wachsam sein, sich selber gegenüber und auch dem Betrieb gegenüber."