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Zulassung für Pflanzenschutzmittel
EU-Kommission will nicht alleine über Glyphosat entscheiden

In Brüssel beschäftigt sich heute und morgen ein Fachausschuss mit Glyphosat. Die EU-Staaten waren sich bisher uneinig, ob die Zulassung für das umstrittene Pflanzenschutzmittel verlängert werden soll - die EU-Kommission fordert nun eine klare Haltung.

Von Karin Bensch-Nadebusch | 19.07.2017
    Hamburg
    Um die Zulassung für Glyphosat wird seit Jahren gestritten. (picture-alliance / dpa / Foto: Axel Heimken)
    Darf der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat weiterhin in Europa verwendet werden? Das möchte die EU-Kommission nicht allein beschließen. Wir brauchen eine klare Entscheidung der Mitgliedstaaten, sagte Anca Paduraru, Sprecherin der Brüsseler Behörde. Ohne eine solche klare Meinung werde die EU-Kommission keine Entscheidung treffen.
    Uneinigkeit in der Bundesregierung
    In Brüssel beschäftigt sich heute und morgen ein Fachausschuss, der sogenannte Komitologie-Ausschuss, mit dem Thema Glyphosat. Zunächst nur diskutiert, abgestimmt werden soll im Herbst, nachdem die EU-Länder Zeit für Beratungen hatten. In Europa wird seit Jahren über Glyphosat gestritten. Nach einer monatelangen Hängepartie hatte die EU-Kommission Ende Juni vergangenen Jahres die Zulassung des Unkrautvernichters Nummer eins vorerst um anderthalb Jahre verlängert, bis Ende dieses Jahres. Und zwar deshalb, weil es bei den EU-Ländern keine klare Mehrheit dafür oder dagegen gab. Deutschland zum Beispiel hatte sich bei der Abstimmung enthalten. Denn CDU und CSU waren dafür, die Zulassung von Glyphosat zu verlängern, die SPD war dagegen.
    "Wir haben in der Bundesregierung noch keine klare Haltung dazu", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert damals. Auch derzeit sieht es in Deutschland nicht nach Einigkeit aus. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks von der SPD hatte vergangene Woche angekündigt, sie werde bei ihrem "Nein" bleiben. Sie sei gegen den Vorschlag der EU-Kommission, Glyphosat für weitere zehn Jahre in Europa zuzulassen. Die Brüsseler Behörde ignoriere komplett die Schäden für die Tier- und Pflanzenwelt. Ganz anders sehen das CDU und CSU. Bundeskanzlerin Merkel sprach sich bereits Ende Juni erneut für Glyphosat aus.
    "Wir haben von der Seite der Union in der Bundesregierung immer erklärt, dass wir der Verlängerung zustimmen würden, weil wir wissen, natürlich werden Pflanzenschutzmittel nur unter den strengsten Bedingungen angewandt."
    Keine qualifizierte Mehrheit in Sicht
    Experten der europäischen Chemikalienagentur ECHA in Helsinki hatten auf der Grundlage bestehender Studien ein neues Gutachten erstellt und befanden im März: Glyphosat ist nicht als krebserregend einzustufen.
    Die EU-Kommission hatte daraufhin vorgeschlagen, die Zulassung für den Unkrautvernichter für weitere zehn Jahre in Europa zu verlängern. Doch allein will sie das nicht mehr entscheiden. Allerdings ist auch derzeit keine qualifizierte Mehrheit in Sicht. Deshalb setzt die EU-Kommission vor dem Beginn der Diskussionen ein klares Signal und fordert den Rückhalt der Mitgliedsländer ein. Sie müssen Verantwortung übernehmen und eine Entscheidung treffen, sagte Kommissionsprecherin Paduraru.
    Die Grünen im Bundestag sind überzeugt: Sollten sich Deutschland und Frankreich enthalten, könnte die Zulassung für Glyphosat in Europa zum Jahresende auslaufen.