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Zum Asteroiden und dann zum Mars

Raumfahrt. - Man könnte meinen, es sei schnell gegangen. Nur zwei Monate nach dem letzten Flug eines US-Space Shuttles hat die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa gestern das Nachfolgesystem vorgestellt. In Wirklichkeit jedoch ist seit Anfang letzten Jahres an Design und Kosten der neuen Rakete geschliffen worden, mit der Amerika erstmals tiefer ins All vordringen, einen Asteroiden besuchen und Menschen zum Mars schicken will.

Von Guido Meyer | 15.09.2011
    "Today I am pleased to announce that Nasa has selected the design of its deep space system that will take American astronauts further into space than any nation has ever gone before."


    Zufrieden sei er, das gibt Charles Bolden, der Chef der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa, offen zu. Diese habe nunmehr ein Design für eine neue Rakete entwickelt, die amerikanische Astronauten weiter in den Weltraum werde tragen können, als es je eine Nation versucht habe. Und dies ist nicht der einzige Superlativ: Bei der neuen Rakete handele es sich um die stärkste Rakete in der Geschichte,

    "The most powerful rocket in history","

    so Bill Nelson, demokratischer Senator aus dem Weltraumstaat Florida, der selbst schon mal mit einer US-Raumfähre im All war. Solch Einklang aus Politik und Raumfahrtbehörde zeigt: Mit dieser neuen Rakete erfüllt die Nasa die Vorgaben aus dem Weißen Haus. US-Präsident Barack Obama im Januar 2010:

    ""Mit Beginn des kommenden Jahrzehnts werden wir neue Raumschiffe testen, die uns über die Erdumlaufbahn hinaus führen sollen. Um 2025 werden wir erstmals in den tieferen Weltraum vordringen, wenn diese Schiffe Astronauten zu einem Asteroiden tragen. Mitte der dreißiger Jahre dann sollen erstmals Menschen zum Mars aufbrechen. Und ich erwarte, dass ich das noch erleben werde."

    Mit dieser Rede begrub Barack Obama die Pläne seines Vorgängers George W. Bush, der mit dem Projekt Constellation und den dazugehörigen Ares-Raketen eigentlich zurück zum Mond wollte. Seitdem hatten Ingenieure an Plänen für einen Schwerlastträger getüftelt, mit dem solch ein Aufbruch ins All, wie Obama ihn wollte, möglich wäre. Nun scheinen sie erfolgreich gewesen zu sein.

    "I like to show you what the new rocket looks like…"

    US-Senator Bill Nelson will der Presse das Design der neuen Rakete vorstellen, die bislang den etwas spröden Namen Space Launch System trägt, also schlicht "Weltraum-Start-System". Doch das SLS sieht vertraut aus: Es ähnelt dem eingestellten Projekt des Schwerlastträgers Ares V, den auch George Bush favorisiert hatte. Der Rest ist übernommen aus dem Space-Shuttle-Programm: zwei seitlich angebrachte und verlängerte Zusatzraketen und ein großer Tank mit eigenen Triebwerken. Obendrauf sitzt die Mannschaftskapsel vom Typ Orion. Nelson:

    "Der Kern der Rakete besteht aus dem bisherigen aprikosefarbigen Tank der Space Shuttles, den wir aber schwarz-weiß anmalen werden, so wie die Saturn-V-Rakete der Mondmissionen. Unten am Ende des Tanks werden wir fünf Space-Shuttle-Triebwerke ergänzen, um mehr Schub zu erzielen."

    Dieses Raumfahrt-Recycling hat seinen Sinn. Denn nur so wird es der Nasa in Zeiten knapper Kassen gelingen, überhaupt etwas Neues, Eigenes auf die Beine zu stellen, mit dem amerikanische Astronauten ins All vordringen können, ohne auf die Hilfe internationaler Partner oder privater Unternehmen im eigenen Land angewiesen zu sein. Nelson:

    "Diese Rakete unterbietet sogar das Budget, das die US-Regierung der Nasa dafür zugestanden hat. Es liegt bei insgesamt zehn Milliarden Dollar. In den nächsten fünf oder sechs Jahren sollen jeweils drei Milliarden in dieses Programm fließen. Ob wir glauben, dass das reicht? Ja, das tun wir."

    2017 soll die Rakete zu einem ersten, unbemannten Testflug abheben, um dann bis spätestens 2025 Barack Obamas Vorgabe zu erfüllen, erstmals Menschen auf einem Asteroiden landen zu lassen.