Freitag, 19. April 2024

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Zum Tod von Shere Hite
Mit Forschung zum Orgasmus

Um sexuelle Lust zu empfinden, brauchen Frauen keine Männer – diese Erkenntnis machte die nun verstorbene Shere Hite und ihren „Hite Report“ zu einer Ikone weiblicher Selbstermächtigung. Mit ihrem Buch habe Hite die Welt verändert, sagte die Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal im Dlf.

Mithu Sanyal im Gespräch mit Katja Lückert | 12.09.2020
Shere Hite im Porträt.
Shere Hite, Soziologin und Pionierin der feministischen Sexualforschung. (dpa/ efe / epa / Ballesteros)
1976 erschien der "Hite-Report. Das sexuelle Erleben der Frau", ein revolutionäres Buch, das sich über 50 Millionen Mal verkaufte.
Durch Shere Hite wurde der weibliche Orgasmus zum ersten Mal Thema in der breiten Öffentlichkeit diskutiert, und eine nicht zuletzt durch Sigmund Freud gestützte patriarchale Vorstellung geriet ins Wanken.
Mit Vorurteilen über weibliche Sexualität aufgeräumt
Für Mithu Sanyal ist der "Hite-Report" ein politisches Buch, das die Art, wie man heute über weibliche Sexualität spreche, maßgeblich beeinflusst habe. Früher herrschte das Vorurteil, Frauen seien frigide und der weibliche Orgasmus etwas unheimlich Kompliziertes.
Durch eine Befragung von mehreren Tausend Frauen fand Hite heraus, dass viele die Penetration nicht unbedingt als zielführend empfanden, um einen Orgasmus zu erleben. Diese Erkenntnis und das Frauen vor allem durch Masturbation zum Höhepunkt gelangten, sorgte damals für Aufregung und Empörung und machte Hite international bekannt.
Wollte auch Männer vom Druck im Bett befreien
Sie habe später auch einen Hite-Report für die Männer gemacht, so Sanyal, und sieht das als versöhnliches Zeichen, da sich viele Männer von ihren Forschungen angegriffen gefühlt hätten. Dabei wollte sie auch die Männer von dem Druck der "Performance im Bett" befreien, nur hätten viele damals nur die Überschriften gelesen und gedacht, sie wolle die Familie zerstören. Dafür habe sie in Amerika auch Morddrohungen erhalten.
Dass heute über Dinge wie weiblichen Orgasmus und Libido geredet werde, liege auch an Shere Hite und ihrer Forschung, so Mithu Sanya. Sie habe damit echte Pionierleistungen vollbracht.