Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Zum Tod von Valéry Giscard d’Estaing
Der überzeugte Europäer

Der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing war mit Leib und Seele Europäer. Zu seinem Lebenswerk gehören die Einigung Europas und die deutsch-französische Freundschaft. Er starb jetzt im Alter von 94 Jahren an den Folgen einer COVID-19-Erkrankung.

Von Ursula Welter und Christoph Schäfer | 03.12.2020
Der ehemalige französische Präsident Valerie Giscard d'Estaing
Der ehemalige französische Präsident Valerie Giscard d'Estaing starb an den Folgen einer Coronavirus-Infektion (picture alliance / dpa)
Im Januar 2013 feierte der Élysée-Vertrag Geburtstag. 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft. Der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing stattete aus diesem Anlass der Internationalen Deutschen Schule Paris einen Besuch ab.
Er ermutigte die Schülerinnen und Schüler, etwas aus ihrer Mehrsprachigkeit zu machen, den Kontakt zu den Nachbarn intensiv zu pflegen. "Es ist an Euch, Europa weiterzubauen", lautete seine Botschaft an die jungen Menschen im Saal. Ein Credo, das er nicht erst in den letzten Lebensjahren pflegte. Denn: Europäisch geprägt war Valérie Giscard d’Estaing von Geburt an. Ein Europäer aus Koblenz, wie er vor dem Europäischen Parlament im November 2006 sagte:
"Ich war in der Tat der erste französische Staatspräsident, der in Deutschland geboren wurde. In Koblenz. Und der erste, der nach dem Krieg nach Berlin kam. Danke, dass Sie daran erinnert haben."
Frankreichs Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (links) und Bundeskanzler Helmut Schmidt am 16.6.1977 im Bundeskanzleramt in Bonn
Frankreichs Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (links) und Bundeskanzler Helmut Schmidt am 16.6.1977 im Bundeskanzleramt in Bonn (dpa / picture alliance / Alfred Hennig)
Enge Beziehung: Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing
Französischer Staatspräsident, überzeugter Europäer, ein enger Freund von Helmut Schmidt und Partner Deutschlands – so wird Valéry Giscard d’Estaing den meisten in Erinnerung bleiben.
In den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich galt das Paar Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing als Referenzgröße. Beide waren als Krisenmanager zusammengewachsen.
2013 verabschiedete sich Helmut Schmidt von Paris und von seinem Freund Valéry. Beide saßen noch einmal Seite an Seite auf der Bühne der Deutschen Botschaft in Paris, der eine rauchend, der andere ganz Gentleman:
Valéry Giscard D’Estaing: "Helmut!"
"Schönen Dank für die Blumen, aber ich muss erwähnen, dass ich uralt bin. Ich ein uralter Opa, 94 Jahre, ich mache überall meine Abschiedsbesuche, ich bin das letzte Mal in Frankreich."
Einst ein gefragter Gesprächspartner
Bevor die Jahre der Abschiedsszenen kamen, war Valéry Giscard d’Estaing ein gefragter Gesprächspartner, zumal in der Phase der Finanzkrise. Als einer, der an der Seite Helmut Schmidts die Grundsteine für eine gemeinsame Währung gelegt hatte, wurde er vielfach gefragt, wie es um den Euro stehe. Stets betonte er: "Der Euro ist nicht in Gefahr", "L'euro n’est pas en danger".
Die Lage werde von verschiedenen Seiten dramatisiert. Ärgerlich finde er, dass sich Europa mit seinem Krisenlamento kleiner mache als es sei.
Einige Jahre später, 2015, äußerte sich Valéry Giscard d’Estaing gegenüber der Agentur AP und zeigte sich enttäuscht, dass auch der deutsch-französische Motor nicht mehr rund laufe. In der Finanzkrise sei das Prinzip der engen Abstimmung zwischen Frankreich und Deutschland aufgegeben worden.
"In der Zeit von Helmut Schmidt und mir wurde keine Entscheidung, keine deutsche und keine französische, isoliert getroffen. Wir haben uns stets vorher abgestimmt und gemeinsam entschieden, was die beste Lösung wäre. Von dieser Praxis haben wir uns entfernt und ich wünschte mir, dass wir dorthin zurückkehrten."
Grenzfragen in Europa - Frankreich, Deutschland und die wirtschaftliche Zusammenarbeit
Der politische Wille ist da, aber die Probleme stecken im Detail. Ein gemeinsamer deutsch-französischer Wirtschaftsraum scheitert oft an zu viel Bürokratie. Jetzt sind Paris und Berlin gefordert.

Deutsch-französische Beziehung, Teil von d‘Estaings Biografie
Als Giscard d’Estaing dies beklagte, regierte in Paris der Sozialist François Hollande, in Berlin die CDU-Chefin Angela Merkel. Beide waren weit davon entfernt, freundschaftlich Hand in Hand zu arbeiten, wie es der frühere Staatspräsident mit seinem Partner Helmut Schmidt erlebt hatte.
Sein Bedauern verwundert kaum, war doch Europa, vor allem die deutsch-französische Beziehung, ein wesentlicher Teil Giscard d‘Estaings Biografie – und das bereits im Kindesalter.
Am 2. Februar 1926 wird Valéry in Koblenz geboren, sein Vater ist als Beamter der Rheinarmee tätig. Auch er ein Europäer, der sich schon Ende der 20er Jahre als Präsident der Internationalen Handelskammer für die Europa-Bewegung eingesetzt hat.
Die Familie stammt aus der Auvergne, dem ausgesprochen ländlich geprägten Teil Frankreichs. 1942 macht Giscard d’Estaing Abitur im von den Deutschen besetzten Paris, 1944 schließt er sich dem Widerstand gegen die Nazis an und rückt in der Schlussphase des Krieges als Soldat ein.
Nach Kriegsende wird er in Paris an gleich zwei Eliteschulen ausgebildet. Zuerst an der renommierten Ingenieurschule École polytechnique und dann der ENA, der École nationale d’administration. Damit ist sein beruflicher Aufstieg gesichert. Finanzinspektor wie der Vater, Abgeordneter des Departement Puy de Dôme mit 30 Jahren, und damit auf den Spuren des Großvaters. Später Staatssekretär und schließlich einer der jüngsten Finanzminister, die Frankreich zu jener Zeit je hatte – unter Staatspräsident de Gaulle in den Regierungen Debré und Pompidou. 1966 verlässt er diesen Posten und gründet die "Föderation der unabhängigen Republikaner".
Bruch mit dem Gaullismus
Politisch hat sich Valéry Giscard d’Estaing da bereits vom Gaullismus gelöst. Die Wahl de Gaulles und die Gründung der Fünften Republik 1958 seien gut für Frankreich gewesen. Auch die Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich sei notwendig gewesen. Auch die Wirtschaftspolitik de Gaulles habe er mitgetragen, erfolgreich mitgestaltet und de Gaulle bei allen Wahlen unterstützt, außer bei der letzten Abstimmung.
Im Mai 1969 erklärte er in einem Interview, was zum allmählichen Bruch mit dem Gaullismus führte:
"Der Wendepunkt in der französischen Politik zwischen 1958 und 1969 war für mich die Wahl des Staatspräsidenten 1965. Sie haben das vielleicht vergessen, aber das war ein herausragendes Ereignis."
1965 kam de Gaulle nur ins Präsidentenamt, weil ihn das Zentrum im zweiten Wahlgang unterstützt hatte. Die praktische Politik trug dem, aus Sicht Giscard d’Estaings, nicht hinreichend Rechnung. So sagte man ihm nach, dass er eine "Ja, aber-Strategie" fahre: de Gaulle unterstützen und zugleich kritisieren.
"Der Ausdruck ‚Ja, aber‘ sagte genau das: Ich unterstütze General de Gaulle, ja, aber ich wünschte, dass sie sich in gewisser Hinsicht stärker am Wählerwillen orientiert. Das hieß für mich mehr Liberalismus und stärkere Beteiligung an der Gestaltung der Europapolitik."
Der französische Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (r-l) begrüßt Bundeskanzler Helmut Schmidt und dessen Ehefrau Loki am 05.01.1979 auf Guadeloupe.
Der französische Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing (r-l) begrüßt Bundeskanzler Helmut Schmidt und dessen Ehefrau Loki am 05.01.1979 auf Guadeloupe. (picture alliance / dpa / Heinz Wieseler)
1974 wurde Giscard d’Estaing Präsident
Beim Referendum 1969 zur Senats- und Regionalreform stimmte er gegen den General. De Gaulle verlor die Volksabstimmung und trat zurück. Giscard d’Estaing schloss sich nach kurzem Schwanken dem Präsidentschaftskandidaten Pompidou an. Fünf Jahre später, am 8. April 1974, warf er dann selbst seinen Hut in den Ring,und kündigte von der Auvergne aus seine Kandidatur für das höchste Staatsamt an.
"Ich wende mich heute an Sie, in diesem Provinz-Rathaus in der Auvergne, um meine Kandidatur für das Amt des französischen Staatspräsidenten anzukündigen."
Er werde sich nicht verkleiden, er werde als derjenige antreten, der er sei, sagte der hochgewachsene, schlanke Mann gegenüber dem französischen Fernsehen, ein Interview im Garten des Louvre.
Das französische Fernsehen portraitierte den Präsidentschaftskandidaten von 1974 als dynamisch, effizient, jugendlich. Im Mai desselben Jahres geht der damals 48-jährige in die Stichwahl gegen den Sozialisten François Mitterrand – und gewinnt. Mehr Toleranz und Brüderlichkeit, mehr Offenheit, einen entspannteren Politikstil, hatte Giscard d‘Estaing versprochen. Ein Liberaler, ein Zentrist, ein Europäer, so sagte er über sich selbst.
"Ich schätze in erster Linie Präzision, und ich entscheide nicht sofort, die Entscheidung steht für mich am Schluss. Wenn ich mit Mitarbeitern an einem Problem arbeite, frage ich sie nach ihrer Meinung und sie staunen, weil sie denken, ich hätte keine Meinung, aber ich sage, zunächst will ich alle Aspekte hören, alle Seiten, das Pro und Contra betrachten, ich entscheide am Ende."
Lesen, Kunst und die Provinz
Seine Frau schildert in jenem Wahljahr 1974, ihr Mann sei ein ausgeglichener, entspannter Typ, er spiele Akkordeon und Klavier, auch Fußball, wenn auch seltener. Er liebe seine Frau, die Kinder und Frankreich. Valéry Giscard d’Estaing berichtet über sich, dass er gerne und sehr viel lese, Kunst und Kultur schätze, und dass er von Zeit zu Zeit die Ruhe suche, die er am besten in der französischen Provinz finde.
Innenpolitisch gehören das Scheidungsrecht und das Recht auf Abtreibung zu wichtigen Reformen. Er liberalisiert die Politik in vielen Bereichen, lässt das Wahlalter auf 18 Jahre senken, stellt sich gegen die Todesstrafe, die allerdings erst später, unter dem Sozialisten Mitterrand abgeschafft wird. In Giscard d’Estaings Amtszeit wird die Guillotine im September 1977 ein letztes Mal eingesetzt.
Außenpolitisch ist es vor allem die Europapolitik, die Giscard d’Estaing prägt. In seine Amtszeit fallen die Ölkrise und ein starker Wertverlust des Franc, Inflation und hohe Arbeitslosigkeit belasten das Land schwer. Der französische Staatspräsident sucht den engen Schulterschluss mit Deutschland und findet in Helmut Schmidt, dem deutschen Kanzler, einen Partner, Vertrauten und Freund.
Die beiden befördern die Schaffung des Europäischen Währungssystems EWS, das nach dem Zusammenbruch des Weltwährungssystems von Bretton Woods die Wechselkursrisiken für die Wirtschaftsakteure mindern soll. Das EWS, mit definierten Schwankungsbreiten für Wechselkurse, sollte Vorreiter sein für die spätere Währungsunion und den Euro.
Giscard d’Estaing rief mit Helmut Schmidt die G7 ins Leben
Das Verhältnis zu Helmut Schmidt habe sich nach und nach aufgebaut und verfestigt, sagte Giscard d’Estaing gerne. Die Krise in den siebziger Jahren sei groß gewesen. Aus dieser Zeit rühre das gegenseitige Vertrauen.
Schmidt und Giscard d’Estaing waren es auch, die die bis heute stattfindenden Treffen der größten Industrienationen, heute G7, ins Leben riefen. Den Auftakt zu den Weltwirtschaftsgipfeln bildete eine Einladung des französischen Staatspräsidenten ins Schloss Rambouillet. Der französische Staatspräsident und der Bundeskanzler initiieren gemeinsam den Europäischen Rat und werben Ende der siebziger Jahre auch für die Direktwahl des Europaparlaments und verhelfen der Institution zu neuer Legitimität. 1979 besucht Giscard d‘Estaing als erster französischer Staatspräsident Westberlin.
"Liebe Berlinerinnen und Berliner. Frankreich ist mit der Freiheit und der Sicherheit Berlins tief verbunden."
Er setze auf Entspannung, Frankreich werde seine Verpflichtungen einhalten:
"Die Truppen der französischen Garnison leben mit Ihnen Tag für Tag zusammen: Ich wünsche mir, dass zwischen unseren Soldaten und der Berliner Bevölkerung gegenseitige Achtung, Vertrauen und Freundschaft weiter wachsen."
Der souveräne Auftritt eines Staatsmanns. Dennoch holte ihn zeitgleich eine außenpolitische Peinlichkeit ein. Das satirische Wochenblatt Le Canard enchaîné deckte auf, dass Giscard 1973 als Wirtschafts- und Finanzminister an einer Safari in Zentralafrika teilgenommen und vom späteren Kaiser, dem diktatorischen Jean-Bédel Bokassa, Diamanten angenommen hatte. Giscard d’Estaing versuchte, Geschenke bei Auslandsbesuchen als üblich einzuordnen, aber die Diamanten-Affäre lastete auf der Schlussphase seiner Amtszeit – und schadete seinem Ansehen.
Krise internationaler Organisationen - "Gut möglich, dass die G7 erst mal an Bedeutung verlieren"
Das G7-Treffen in Biarritz habe gezeigt, dass die Einheit des Westens zerfalle, sagte der Politologe Thomas Jäger im Dlf. Dort hätten sich Regierungen getroffen, "denen die Vitalität fehlt, zu Lösungen zu kommen". Es gebe derzeit keine Idee, wie die internationale Ordnung gestaltet werden solle.

Er arbeitete an einer Verfassung für die EU
Zwei Jahre später wird Valéry Giscard d’Estaing den Élysée-Palast räumen müssen. Im zweiten Wahlgang im Mai 1981 unterliegt der Amtsinhaber dem Sozialisten Francois Mitterrand.
Nach dem Ende seiner Amtszeit zog sich der Europäer Giscard d’Estaing in die Regionalpolitik der Auvergne zurück, übernahm einige Jahre später die Führung der liberalen Partei UDF und zog ins Europaparlament ein, dem er bis 1993 angehörte. Giscard d‘Estaings europapolitisches Wirken sollte damit aber noch kein Ende finden.
Zu den herausragenden Momenten seines Europa-Engagements gehört 2001 die Ernennung zum Präsidenten des Europäischen Konvents, der einen europäischen Verfassungsentwurf und eine grundlegende Neuorganisation der EU vorbereiten soll. Zwei Jahre nach Auftragserteilung verkündet der Franzose:
"Vor Ihnen auf Ihrem Tisch liegen die ersten Vorschläge für eine europäische Verfassung, Artikel 1-16."
Giscard d’Estaing warb für den, wie er ihn nannte, ausgewogenen Verfassungsentwurf. Der ist das Ergebnis zäher Verhandlungen gewesen. Einzelne Vereinbarungen wieder aufzuschnüren, da war sich der Franzose sicher, würde das ganze Projekt zum Scheitern bringen. Das Austarieren zwischen außenpolitischen Unterschieden, innen- und wirtschaftspolitischen Wünschen war bis hierher schon schwierig genug gewesen.
Eine Verfassung für die Europäische Union, das war die Vision, an der Valéry Giscard d’Estaing an vorderster Stelle mitwirkte. Unter anderem für dieses Engagement erhielt er 2003 den Karlspreis in Aachen. Aber das Thema Europa, eine solche Verfassung spaltete Frankreich tief, der Graben zog und zieht sich durch alle Parteien. 2005 sagte deshalb eine, wenn auch knappe Mehrheit der Franzosen "Nein" zum Verfassungsentwurf.
Vorwurf: "Arroganz der Macht"
Und damit scheiterte eine Verfassung für Europa unter anderem am französischen Votum. Aber manches, was der Konventspräsident erarbeitet hatte, findet sich in den Verträgen von Lissabon wieder – jenem Vertragswerk, welches der Europäischen Union zugrunde liegt.
In einer Runde von Journalisten bemerkte der frühere Staats- und Konventspräsident, er habe gleichsam den Brexit erfunden. Denn die Austrittsregelung des Artikel 50 fußt auf den Ideen des Konvents unter Leitung des Franzosen.
Galt er in Europa als glühender Verfechter der EU, sorgte er daheim er für Aufruhr in der altehrwürdigen "Académie française". Mit einer öffentlichen Bewerbung auf einen der Sitze der "Unsterblichen" löste er Krisenstimmung unter der Kuppel aus. Heftiger Gegenwind kam von Akademie-Mitgliedern, Gaullisten und Intellektuellen im Land, die mangelndes literarisches Wirken des Bewerbers beklagten. Echte Schriftsteller wären den Sprachenhütern lieber gewesen. Auch eine gewisse "Arroganz der Macht" wurde Giscard d’Estaing in der Debatte vorgeworfen. Dass der Streit öffentlich ausgefochten wurde, nagte am Traditionsbewusstsein der meist eher diskreten Akademie-Freunde. Immerhin, so wurde Giscard d’Estaing zugutegehalten, habe er einen großen Namen in Europa und mache die Hüterin der französischen Sprache damit in Europa noch bekannter.
Würdigung durch Deutsch-Französischen Medienpreis
Kurz vor seinem Tod wehte ein anderer Skandalwind um den Namen Valéry Giscard d’Estaing. Eine deutsche Journalistin erstattete 2020 Strafanzeige, weil sie sich zwei Jahre zuvor in einer Interviewsituation vom ehemaligen französischen Staatspräsidenten sexuell bedrängt fühlte. Der so Beschuldigte lies die Vorwürfe durch seinen Rechtsbeistand als "besonders unwürdigen und verletzenden Medienangriff" zurückweisen. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung wies ein Sprecher auf das hohe Alter des Beklagten hin.
Ob politische Erfolge, Niederlagen und Kontroversen um seine Person, sein Einsatz für Europa und die deutsch-französische Freundschaft prägt das Lebenswerk des früheren französischen Staatspräsidenten wohl am stärksten.
2014 wird dies einmal mehr gewürdigt, als Valéry Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt den Deutsch-Französischen Medienpreis verliehen bekommen. Der Franzose steht allein und stellvertretend für die Beiden am Rednerpult:
"Sie haben betont, der Preis belohne unseren gemeinsamen Beitrag mit Helmut Schmidt für Europa. Auch wenn ich heute Abend hier allein vor Ihnen stehe, möchte ich diese paar Worte des Dankes meinem langjährigen Freund Helmut widmen, denn ohne ihn wäre keine der entscheidenden Fortschritte möglich gewesen. Was ich Ihnen auf den Weg mitgeben möchte, kann man in einem Satz zusammenfassen: die deutsch-französische Entente ist unabdingbar."