Dienstag, 23. April 2024

Archiv


Zur Schließung des deutschen Sprachinstituts in Teheran

Stefan Koldehoff: Eine kleine Gedenktafel war offenbar der Auslöser. Eine Tafel, die in Berlin an den Anschlag auf das Restaurant Mykonos erinnern soll, in dem der iranische Geheimdienst 1992 vier Oppositionelle ermorden ließ. Weil diese Gedenktafel am Dienstag enthüllt wurde, hat der Iran gestern das deutsche Sprachinstitut in Teheran geschlossen. Offiziell mit der Begründung das Institut habe nicht die erforderliche Genehmigung gehabt. Die allerdings hat es schon seit Jahren nicht und trotzdem konnte es arbeiten. Nach bisher inoffiziellen Informationen aus Teheran soll das Institut nun morgen wieder öffnen dürfen. Das Auswärtige Amt wollte diese ganz aktuelle Entwicklung gegenüber "Kultur heute" allerdings noch nicht offiziell bestätigen. Frage an den Kollegen Martin Ebbing in Teheran: Was war das nun? Was haben wir da erlebt? Warum hat das ausgerechnet das deutsche Sprachinstitut getroffen?

Moderation: Stefan Koldehofff | 26.04.2004
    Martin Ebbing: Also ich denke man hat das genommen, was auf der Skala der möglichen Eskalationen noch relativ weit unten ist. Das ist ja nicht einmal das Goethe-Institut, sondern ein Notbehelf, dieses Sprachinstitut, das da existiert. Das Goethe-Institut ist ja geschlossen seit 1987, und dieses Sprachinstitut war Teil davon. Man hat immer davon gesprochen, dass man es wieder eröffnen will, und von Seiten des Goethe-Institut wird auch immer Optimismus signalisiert, aber dieser Optimismus scheint im Moment zumindest sehr stark fehl am Platz zu sein, nicht nur wegen der Mykonostafel, sondern auch wegen der Kontroversen um das iranische Atomprogramm. Solange die iranische Seite ihre Atomprogramme nicht offen auf den Tisch legt gegenüber der Atomenergiebehörde, ist kein europäisches Land bereit mit Teheran über irgendetwas zu verhandeln, und das trifft dann eben auch dieses Kulturabkommen, in dessen Rahmen dann das Goetheinstitut wieder eröffnet werden kann. Also das liegt auf Eis. Also hat man sich beholfen mit diesem Sprachinstitut als ein Minimum an Repräsentanz von deutscher Kultur hier in Teheran. Das hat nun die iranische Regierung wiederum als geringsten Stein des Anstoßes sozusagen genommen und offen gelassen, wann zum Beispiel es eine Genehmigung geben könnte. Denn das ist nun der nächste Schritt von deutscher Seite. Man beantragt jetzt eine Genehmigung erneut und hofft, dass man sie irgendwann bekommen wird. Die wird man aber wahrscheinlich dann bekommen, wenn die Verstimmung wieder verflogen ist.

    Koldehoff: Im Mai soll eine Ausstellung in Teheran eröffnet werden, die das Institut für Auslandsbeziehungen organisiert hat. Werke des deutschen Künstlers Gerhard Richter sollen gezeigt werden. Wissen sie, ob diese Ausstellung stattfinden kann, und welchen Stellenwert hat deutsche Kultur überhaupt im Iran?

    Ebbing: Also diese Ausstellung ist nach wie vor geplant und von Seiten des Museums, ich habe heute morgen noch mit dem Direktor des Museums gesprochen, ist man nach wie vor optimistisch, dass man von diesen Kontroversen mehr oder weniger unberührt bleibt. Dieser Direktor ist relativ smart, wenn es darum geht politische Stolpersteine einfach zu umsteuern und zu umgehen. Er hat diese britische Ausstellung trotz der Kontroversen mit der britischen Regierung in den letzten zwei Monaten heil über die Bühne gebracht. Also da wäre ich ganz optimistisch, dass das weiter funktioniert. Und diese Gerhard-Richter-Ausstellung ist in der Tat ein Highlight deutscher Kultur hier in Teheran. Auf Grund der Schließung des Goethe-Institutes war die Präsenz doch mehr oder weniger reduziert. Dieses Sprachinstitut sollte man in seiner Bedeutung nicht unterschätzen, das sind immerhin 1500 Studenten, die daran teilnehmen, und die Motivation ist in erster Linie hier, dass man nach Deutschland will, um dort zu studieren. Der Iran ist das Land, das nach dem technischen Begriff brain drain die größte Auswanderung von Studenten und Akademikern weltweit hat pro Kopf der Bevölkerung. Von deutscher Seite aus sieht man das gar nicht so ungern, dass die nach Deutschland kommen, weil das hochqualifizierte Menschen sind, vor allem in technischen Berufen. Zudem sind Iraner sozial relativ unauffällig, integrieren sich sehr schnell und sind sehr schnell bereit ihren Beitrag sozusagen zur deutschen wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten. Also das ist auch ein wirtschaftliches Problem und ein kulturelles Problem im weiteren Sinn. Hinzu kommt, dass die Leiterin des Sprachinstitutes nebenher auch immer versucht hat, kulturelle Veranstaltungen hier in Teheran zu ermöglichen. Um noch einmal auf das Museum zurückzukommen: Dieser Direktor ist beispielsweise mit der Unterstützung der deutschen Botschaft im letzten Jahr bei verschiedenen Museen in Deutschland gewesen, um sich dort sachkundig zu machen und um auch iranische Kunst im Ausland präsentieren zu können und mit der Kulturszene in Deutschland Kontakte zu knüpfen. So etwas wird gemacht, und es gibt jetzt diese Ausstellung zu Richter. Es soll im September ein Jazzkonzert geben mit einer deutschen Band hier in Teheran. Auch das wäre sehr ungewöhnlich für die Kulturszene dieses Landes. Es tut sich etwas, aber es ist bei Weitem natürlich nicht zu vergleichen mit der Bedeutung des Goethe-Institutes, das ein Zentrum der Opposition und auch ein Zentrum vor allem der Literatur in dieser Stadt war. Diese Zeiten sind allerdings vorbei.

    Koldehoff: Martin Ebbing aus Teheran zur zeitweisen Schließung des dortigen deutschen Sprachinstitutes.