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Zwei Frauen, zwei Lebensentwürfe

Die perfekte Sonja oder die unansehnliche Iwona: Alex muss sich zwischen zwei Frauen, zwei Lebensentwürfen entscheiden. In seinem neuen Roman "Sieben Jahre" schildert Peter Stamm die Suche eines Mannes nach dem eigenen Lebensmodell, dem eigenen Glück.

Von Petra Schröder | 10.01.2010
    In Peter Stamms neuem Roman ist vieles anders, als man es von diesem Autor zu kennen glaubt. Das gilt schon für den Beginn. In allen drei Romanen, die von dem 1963 geborenen Schweizer bisher erschienen sind, umschrieb oder benannte der erste Satz - mehr oder weniger deutlich - eine Leere, eine Leerstelle: "Agnes ist tot", hieß es in seinem Debüt von 1998, die Abwesenheit der Titelfigur sofort unabweisbar benennend. "In der Nacht wurde es jetzt, im April, nie mehr ganz dunkel", lautet der Anfang seines zweiten Romans "Ungefähre Landschaft" von 2001. "An einem Tag wie diesem", das Buch, mit dem Stamm sich vor drei Jahren endgültig als Romancier etabliert hat, beginnt mit den Worten: "Andreas liebte die Leere des Morgens." Und jetzt das:

    Sonja stand in der Mitte des hellerleuchteten Raumes, im Zentrum wie immer. Sie hielt den Kopf etwas gesenkt und die Arme nah am Körper, ihr Mund lächelte, aber ihre Augen waren zusammengekniffen, als blende sie das Licht oder als habe sie Schmerzen. Sie wirkte abwesend, ausgestellt wie die Bilder an den Wänden, die niemand beachtete und die doch der Anlass des Zusammenkommens waren. - Ich rauchte einen Zigarillo und beobachtete durch das große Schaufenster der Galerie, wie ein gutaussehender Mann auf Sonja zuging und sie ansprach. Es war, als erwache sie. Sie lächelte, stieß mit ihm an. Er bewegte den Mund, in ihrem Gesicht war ein fast kindliches Erstaunen zu sehen, dann lächelte sie wieder, aber selbst von hier aus sah ich, dass sie dem Mann nicht zuhörte, dass sie an etwas anderes dachte. - Sophie war neben mir stehen geblieben. Auch sie schien nachzudenken. Dann sagte sie, Mama ist die schönste Frau der Welt. Ja, sagte ich und streichelte mit der Hand über ihren Kopf. Das ist sie, deine Mutter ist die schönste Frau der Welt.

    Auch wenn Sonja, die schöne, intelligente, begabte und tüchtige Ehefrau des Ich-Erzählers Alex, "wie abwesend" wirkt, wird dennoch klar, dass diese Geschichte nicht von der Leere handelt, sondern von Fülle, von Überfülle sogar - wenn, ja, wenn die Fülle des Lebens zu besitzen bedeuten würde, dass alles nach der Bausparer-Formel "Meine Frau, mein Haus, mein Kind, meine Arbeit" eingerichtet ist. So läuft die Sache - das Leben - aber nun einmal nicht.

    Alex hat eine Frau zu viel. Sie heißt Iwona, sie kommt aus Polen, sie ist illegal in Deutschland, und sie sagt, dass sie ihn liebe. Sie ist in allem das Gegenteil der brillanten Sonja, Alex mag sie nicht einmal besonders. Doch wenn er bei ihr ist - und das ist er immer wieder, nach kürzeren oder längeren Pausen, in all den Jahren seiner Ehe -, fühlt er sich frei und geborgen. Iwona, nicht Sonja, ist diejenige, die irgendwann von ihm schwanger wird. Das Kind ist genau das, was Alex und Sonja, dem aufstrebenden jungen Architektenpaar, zum Glück gefehlt zu haben scheint. Iwona verzichtet, und die kleine Sophie wächst nicht im hässlichen Münchner Wohnblock, sondern im schmucken Häuschen am Starnberger See auf.

    Das alles erzählt Alex wiederum der Frau, die ihn und Sonja 20 Jahre zuvor zusammengebracht hat: Antje, einer Künstlerin, die in Marseille lebt und zu ihrer Vernissage, mit der der Roman anhebt, nach München gekommen ist.

    Die Konstellation Sonja-Alex-Iwona, der Mann zwischen mehr als standesgemäßer Ehefrau und unansehnlicher Geliebter, würde jederzeit ein Novellensujet abgeben. Und auch die Konstruktion, eine Rahmenerzählung samt der kritischen Beobachterinstanz Antje, erinnert an das klassische Ehebruchsgenre. Denn dies - die sexuelle Verfehlung - ist, wie Hannelore Schlaffer in Ihrer Untersuchung über die Novelle nachgewiesen hat, das eigentliche Hauptmerkmal der Gattung. Und nicht etwa der Heysesche "Falke" oder Goethes "sich ereignete unerhörte Begebenheit". Aber das nur nebenbei.

    Dass daraus ein Roman wird, und zwar einer, der mit 300 Seiten deutlich dicker ist, als alle vorangegangenen Romane von Peter Stamm, liegt an zweierlei Konstanten dieser Autorenexistenz: seiner beharrlichen Arbeit an den Bauformen des Erzählens und seiner stetigen Beobachtung des Lebensgefühls und der Lebenserfahrung einer - seiner - Generation.

    Wenn Peter Stamm gelegentlich davon berichtet, wie er mit dieser oder jener seiner kurzen Geschichten, die in mittlerweile auch schon drei - bei den Lesern wie bei der Kritik erfolgreichen - Sammlungen vorliegen, mit einer bestimmten formalen Vorgabe, dem durchgehenden Präsens etwa, experimentiert habe, ist das keineswegs die unangemessene Koketterie eines mit Mitte 40 eigentlich nicht mehr jungen Autors. In Stamms jüngstem Prosaband aus dem vergangenen Jahr, "Wir fliegen", war - neben aller Leserfreude an den typischen Subtilitäten Stammscher Tonführung - durchaus zu beobachten, wie ein Schriftsteller sich neue Felder erobert.

    Gerade die Eigenheiten der Rahmenerzählung hat er dabei beackert. Im neuen Buch "Sieben Jahre" zeigt sich, wie souverän er das prekäre Verhältnis von Rahmen und Binnenerzählung samt Rückblenden und Vorausdeutungen kunstvoll-unauffällig in der Balance zu halten vermag - bis zum Ende, in dem beides zur Deckung kommt und in einer codahaft-lakonisch servierten Pointe endet.

    Nun ist die Rahmenerzählung die Form schlechthin, in der nicht nur Erinnertes erzählt, sondern die Erinnerung selbst zum Thema wird - die Erinnerung und der Unterschied zwischen dem, was die Figuren zu erleben glauben, und dem, was tatsächlich geschehen ist.

    Alex zum Beispiel, der Erzähler in Peter Stamms Roman "Sieben Jahre", hat geglaubt, er und Sonja hätten sich damals, im Sommer '89, als beide ihr Architekturdiplom machten und dann als gute Freunde nach Marseille zu Antje reisten, einfach verliebt, weil sie ganz gut zueinander passten, gut über Architektur reden konnten und beide gut aussahen.

    20 Jahre später erklärt Antje ihm, wie sie die beiden hübschen jungen Leute praktisch verkuppelt hat. Alex hat auch geglaubt, er habe die unattraktive Iwona damals ganz zufällig, wegen einer dummen Wette mit Studienfreunden, angesprochen. Jetzt sieht er, beim Blättern in einem Fotoalbum von Sonja, dass Iwona ihm schon länger nachgegangen sein musste. Und Alex denkt, er und Sonja hätten die große Krise ihrer Beziehung und ihres gemeinsamen Büros überwunden und seien gefestigt daraus hervorgegangen - bis kurz vor Schluss des Romans.

    "Lichter und Schatten enthüllen die Formen" - dieses Zitat von Le Corbusier, dem Architekturrevolutionär des 20. Jahrhunderts, ist dem Roman vorangestellt, und der Buchumschlag zeigt Le Corbusiers Wohneinheit Cité radieuse in Marseille. Das Architekturmotiv ist in "Sieben Jahre" alles andere als bloßes Ornament.

    Nach dem Frühstück fuhren wir zur Cité Radieuse und besichtigten das ziemlich heruntergekommene Gebäude. Sonja wies mich auf jedes Detail hin und ging ganz langsam und mit leisen Schritten durch die dunklen Flute, als befänden wir uns in einer Kirche. Sie hatte recht gehabt, erst jetzt, wo ich mich im Gebäude bewegte, bemerkte ich seine Qualität. Die Räume und auch die Treppenhäuser waren überraschend klein, und obwohl das Gebäude 18 Stockwerke hatte, wirkte es durch die Betonstürzen, aus denen es stand, erstaunlich leicht. Es sei das erste Gebäude, das Le Corbusier nach dem Modulor gebaut habe, seinem selbstentwickelten Maßsystem, sagte Sonja.

    Zur Erinnerung: Nach Le Corbusiers Modulor ist die ideale Raumhöhe 2,26 Meter - so hoch, wie der ausgestreckte Arm eines Mannes reicht. Das ist nicht viel. Und in der Tat zeigt sich Alex schon ganz am Anfang der Beziehung zu Sonja nicht ganz so begeistert wie sie vom ästhetischen Rigorismus ihres großen Idols, dessen Modulor-System vor allem als Theorie gut, in der Praxis aber aus verschiedenen Gründen problematisch ist.

    Sonja zeigte mir eine Abbildung in ihrem Reiseführer, ein muskulöses, asexuelles Wesen mit großen Händen und kleinem Kopf und einem Loch anstelle des Bauchnabels. Wohnt der hier? fragte ich. Der ideale Bewohner für das ideale Haus. - Wir nahmen den Bus zurück in die Stadt. Sonja hatte leuchtende Augen und schwärmte von der Wohneinheit. Sie erzählte mir davon, als sei ich nicht eben mit ihr da gewesen. Das Gebäude hatte mich beeindruckt, aber ich hatte Lust, Sonja zu widersprechen. Mal ganz ehrlich, würdest du da wohnen wollen? Sofort, sagte sie, du nicht? Ich weiß nicht, Wohnmaschine, nur schon dieses Wort. Man könnte auch Batteriehaltung sagen. Die Individualität kommt durch die Bewohner, sagte Sonja, das Haus ist nur ein Gefäß.

    Alex hält es eher mit der Architektur des Italieners Aldo Rossi. Der ist zwar leider mit seinen Arbeiten für die Firma Alessi bekannt geworden, Entwürfen für Espressokocher und Milchkännchen, deren Albernheit auch Alex nicht entgeht. Als Baumeister und vor allem als Theoretiker aber übt er schon auf den Architekturstudenten, der an seiner Diplomarbeit sitzt, eine besondere Faszination aus. Dass deren Gründe nicht ganz hasenrein sind, wird ihm bezeichnenderweise nach der ersten Begegnung mit Iwona klar.

    Ich ging nach Hause und nahm mir noch einmal meine Diplomarbeit vor. In drei Tagen würde ich sie vorstellen müssen, und es war mir, als hätte ich alles vergessen, was ich mir in den vergangenen Monaten überlegt hatte. Ich blätterte durch die Skizzen und Pläne. Rüdiger hatte recht gehabt, das Projekt war epigonal, es hatte keine Kraft und keine Eigenständigkeit. Ich hatte während der Arbeit eine unbestimmte Energie verspürt, eine Schaffenskraft, aber ich hatte nicht gewusst, in welche Richtung ich sie lenken sollte. Und ohne es recht zu merken, war ich meinem Vorbild gefolgt. Dabei waren es gar nicht Rossis Bauten, die mich beeindruckt hatten, es waren seine Polemiken gegen die Moderne, seine Melancholie, die vielleicht nichts anderes war als Feigheit. Sonja hatte sich oft über meine altmodische Vorliebe lustig gemacht. Sie sagte, Rossis Arbeiten sähen aus, als habe er mit den Bauklötzen seiner Kinder gespielt.

    Da liegt der Hund begraben. Es sind ja nicht einfach nur Geschmacksurteile über Architektur, was Sonja und Alex da diskutieren. Es sind zwei fundamental unterschiedliche Strategien, dem Leben zu begegnen beziehungsweise dem Leben auszuweichen - und den fortgesetzten Entscheidungszwängen, die damit einhergehen. Auf den ersten Blick ist es der Melancholiker Alex, dem besonders daran gelegen scheint, die Wahlfreiheit seiner Jugend immer weiter zu prolongieren, dieses Sich-nicht-Festlegen, dieses Sich-alle-Optionen-Offenhalten - und der dafür in Kauf nimmt, immer wieder die Würde der Frau zu verletzen, an die ihn eine rätselhafte Anziehung fesselt.

    Von nun an ging ich nur noch zu ihr ins Wohnheim. Ihr Zimmer wirkte wie das eines Kindes oder einer alten Frau. Es war vollgestopft mit Ramsch, gefälschten Erinnerungen an ein Leben, das nicht stattgefunden hatte. Über dem Bett war ein kleines Kruzifix aus Plastik, an den Wänden hingen Postkarten und gerahmte Bibelsprüche. Im Bett lagen jede Menge Plüschtiere in schrillen Farben, wie man sie an Bahnhofskiosken kaufen kann. Auf dem Boden stapelten sich Frauenromane, christliche Ratgeber und polnische Illustrierte. Dazwischen lagen unachtsam hingeworfene Kleider und Strümpfe, ausgeschnittene Kochrezepte, billiger Modeschmuck. Die Ärmlichkeit, die Unordnung und die Abwesenheit jeglicher Ästhetik schienen mein Verlangen noch zu verstärken. Nichts war da, was mich hätte hemmen können, was mich an mein Leben erinnert hätte, an meine Welt. Es war, als sei ich in diesem Raum ein anderer, als würde ich zu einem Gegenstand in Iwonas planloser Sammlung zugleich gehüteter und vernachlässigter Dinge. - Ich tauchte auf, wann es mir passte und wann ich konnte. Iwona war jeden Abend da, sie schien nichts anderes zu tun zu haben, als auf mich zu warten.
    Auch Sonja, die gleich am Romananfang "in der Mitte des hellerleuchteten Raumes" gezeigt wird, die so klar, so patent, so ausgeglichen scheint, hat ihre Abgründe. Sobald sie Alex in Marseille den ersten Kuss gestattet hat, beginnt sie, sich ihm zu entziehen. Später ist sie zwar sofort bereit, Iwonas Kind als ihr eigenes aufzuziehen, gibt dem Säugling sogar die Brust. Sobald es möglich ist, machen sie und Alex sich von der Verantwortung für die kleine Sophie aber wieder los, mit Hilfe von Krippe und Au-pair-Mädchen. Auch Sonja möchte sich alle Optionen offenhalten - und zugleich ihren Kopf durchsetzen. Und auch Sonja muss irgendwann einsehen, dass aus dem Modell des modernen Eigenheims, das sie einst für Alex nach Le Corbusiers Vorgaben entworfen und gebastelt hat, nie ein wirkliches Haus am Seeufer werden wird.

    In Alex' Rückblick auf die Geschichte seiner Ehe und seines fortgesetzten Ehebruchs, den er der Künstlerin Antje in mehreren Portionen während einer nächtlichen Autofahrt und eines Spaziergangs am Seeufer vorträgt, wird dem Leser nach und nach klar, dass sich hinter der schönen Fassade lauter dunkle, unordentliche Räume verbergen, eine Lüge schon als Entree und, wie sich am Ende erweist, ein Bau auf brüchigen Fundamenten. Da sind zwei zusammengekommen, die ineinander vor allem ihre vagen Projektionen vom Erwachsenenleben gespiegelt haben, Projektionen, die sich im Lauf der Zeit zu Lebenslügen verfestigt haben.

    Indem er dieses spezifische Versagen schildert, schreibt Peter Stamm etwas fort, was man als Chronik seiner Generation bezeichnen könnte. In seinem vor zehn Jahren erschienenen ersten Erzählband "Blitzeis" standen die mehr oder weniger flüchtigen Bekanntschaften von Ich-Erzählern um die 30 im Mittelpunkt, im zweiten, "In fremden Gärten" von 2003, machte sich ein gewisses Gefühl für die eigene Endlichkeit bemerkbar, das einen mit 40 ereilen mag, das Gefühl, es sei an der Zeit, sich über das eigene Leben Rechenschaft abzulegen und darüber, wie man eigentlich zu den anderen steht. Eine ähnliche Bewegung von der Unverbindlichkeit zu Versuchen der Bindung ist in seinen Romanen zu beobachten.

    Peter Stamms neuer Roman "Sieben Jahre" zeichnet jetzt das ganze Bild. Und das besteht weder aus Le Corbusiers nützlichen Normfarben, in denen die Balkone der Wohnmaschine leuchten, noch aus den lustig bunten Kugeln und Knöpfchen, die Aldo Rossis Alessi-Entwürfen zur Wiedererkennbarkeit verholfen haben. Es schillert eher zwischen den billigen, schrillen Farben der Stofftiere auf Iwonas Bett und dem gedämpften Licht, den abgedunkelten Tönen ihrer Wohnhöhle, in der Alex die Zeit, die Welt und das Tageslicht draußen so gern vergessen hat. Dieses Bild offenbart, wie die Fülle, über die Sonja und Alex, die Bewohner der sonnigen Straßenseite, zu gebieten glaubten, sich im Lauf der Jahre verflüchtigt hat, wie sie vielleicht verspielt wurde oder vielleicht auch schon immer nur eine leere Erwartung war.

    Das alles bringt Peter Stamm mit unaufdringlicher Meisterschaft zur Sprache. Allein, wie er den Umgang von Alex und Sonja mit ihren Eltern und das Verhalten der beiden gegenüber ihrem eigenen Kind schildert, zeigt, dass hier einer ganz genau weiß, was er tut und wovon er handelt.

    Sophie war das herausfordernste Projekt, das wir je miteinander gehabt hatten. Dabei war sie noch immer kein schwieriges Kind. Sie hatte einen starken Willen, aber sie setzte ihn nicht wie andere Kinder mit Schreien und Trotzen durch. Wenn wir sie ermahnten, uns zu gehorchen, schaute sie uns nur schweigend an und tat, kaum hatten wir uns abgewandt, was sie wollte. Im Grunde waren wir wohl ganz froh, dass sie nicht viel Aufmerksamkeit brauchte und zufrieden war, wenn man sie nur in Ruhe ließ und nicht zu viel von ihr verlangte.

    Als alles richtig gut zu laufen scheint, als das Büro floriert und 20 Leute beschäftigt, als die beiden sich als "gutes Team" empfinden, schenkt Alex Sonja ein gerahmtes Zitat von Le Corbusier: "Alles ist anders. Alles ist neu. Alles ist schön." Sie sagt nur, alles ist so, wie es sein soll. Und dann kommt die Krise, und nichts ist mehr, wie es sein soll.
    Die Kinder des Wirtschaftswunders, die im Sommer 1989, dem Sommer der Wende, nicht zur Kenntnis nehmen wollten, dass gerade die Welt ihrer Jugend auf den Kopf gestellt wurde, dass es nicht mehr um die Frage "Geha oder Pelikan?", sondern irgendwie immer wieder um alles gehen würde, sind heute 20 Jahre älter.

    Spätestens jetzt wird ihnen die Rechnung aufgemacht, und wieder ist es die vergehende Zeit, die darüber richtet, an welcher Stelle des Wegs die scheinbar vermiedene Entscheidung eben doch eine Entscheidung war. Davon erzählt Peter Stamm, und so wird aus einem Novellenstoff ein Roman, der eine unheimliche Ahnung von dem hat, woraus wir gemacht sind.

    Peter Stamm: Sieben Jahre
    S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 298 Seiten, 18,95 Euro