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Zwei Pfarrer in London

Der katholische Olympiapfarrer Hans-Gerd Schütt ist seit den Spielen von Athen 2004 dabei, wenn die Athleten um Gold, Silber und Bronze kämpfen. Nicht allein, sondern im Team mit seinem evangelischen Kollegen Thomas Weber. Kommenden Dienstag machen sich die beiden gemeinsam auf den Weg nach London.

Von Matthias Friebe | 21.07.2012
    "Man sollte sportinteressiert sein, offen sein, kontaktfreudig. Das ist, glaube ich, die Voraussetzung. Man muss nicht Experte in Sachen Sport sein, wie ein Sportjournalist."

    So lautet ein Teil der Jobbeschreibung Olympiapfarrer. Der katholische Olympiapfarrer Hans-Gerd Schütt ist seit den Spielen von Athen 2004 dabei, wenn die Athleten um Gold, Silber und Bronze kämpfen. Nicht allein, sondern im Team mit seinem evangelischen Kollegen Thomas Weber. Kommenden Dienstag machen sich die beiden gemeinsam auf den Weg nach London. Das Interesse am Sport ist natürlich ein Plus für die Tätigkeit als Sport- und Olympiapfarrer, selbst Sport zu treiben ein Weiteres. Während Schütt in seiner Jugend sich vor allem in der Leichtathletik versucht hat und besonders interessiert am Radsport ist, hat Weber ein Faible für gleich mehrere Sportarten.

    "Handball, Tennis, im Winter lauf ich immer noch gerne Ski und jetzt auch neben der Gemeindearbeit treib ich gerne Sport, weil ich finde, dass es für mich auch Erholung und Freizeit bedeutet."

    Für Erholung und Freizeit werden die beiden Pfarrer in den Tagen von London aber kaum Gelegenheit haben. Der Zeitplan ist dicht.

    "Für uns bedeutet das, dass wir den Kontakt zu den Sportlerinnen und Sportlern, aber auch zu der gesamten Mannschaft – es geht ja eben nicht nur um die jungen Aktiven, sondern auch um die, die im Hintergrund sind: die Trainer, Betreuer – suchen, auf die Menschen zugehen, mitjubeln, aber auch dabei sind, wenn die Enttäuschung groß ist."

    Gerade in der Stunde der Enttäuschung ist oft der Rat der beiden Pfarrer gefragt. Unvergessen ist Thomas Weber zum Beispiel eine Situation bei den Sommerspielen 2008 in Peking.

    "Als die Ruderer an dem entscheidenden Tag ihrer Wettkämpfe krank waren, sich einen Virus eingefangen hatten. Als ihnen das so deutlich bewusst wurde, sie haben jetzt vier Jahre trainiert und ausgerechnet an dem Tag, an dem sie ihre Leistung bringen mussten, da spielte der Körper nicht mit, da flossen auch Tränen, als ich die Geschichte hörte."

    Von solchen Begegnungen können beide Pfarrer erzählen. Überhaupt sind es die persönlichen Gespräche und die Kontakte zu den Sportlern, die für ihre Arbeit am Wichtigsten sind. Mit vielen Sportlern sind Schütt und Weber schon lange bekannt, auch deshalb, weil sie nicht nur bei Olympia sondern zum Beispiel auch bei den Universiaden, den Weltstudentenspielen dabei sind. Auch zwischen den Großereignissen stehen sie in Kontakt mit einzelnen Sportlern, was aber in der alltäglichen Arbeit nicht immer leicht ist.

    "Wenn hier was vor der Türe stattfindet, dann schau ich mir das an. Mit manchen hab ich E-Mail-Kontakte. Wenn ich in der Zeitung lese, jemand hat eine gute Leistung gebracht, dann schreib ich eine E-Mail oder wenn ich höre, jemand ist verletzt und es läuft überhaupt nicht gut, dann schreib ich eine E-Mail."

    Viele der Sportler sind dankbar für diese Begleitung und freuen sich über den Kontakt und die unvermittelten Gespräche mit den Seelsorgern, die natürlich auch mitfahren, um bei den Wettkämpfen die Daumen zu drücken, erzählt Hans-Gerd Schütt.

    "Sportler sagen uns oft: "Mensch, wenn ich morgen im Wettkampf bin, dann kommt vorbei und drückt die Daumen" Und dann – wie man oft so salopp sagt – dann schickt ein Gebet zum Himmel, damit alles klappt."

    Religiöse Angebote gehören selbstverständlich ebenfalls zum Tagesablauf der beiden Pfarrer, die während der Spiele von ihren Diensten freigestellt sind, aber weiter von der Kirche bezahlt werden. So hat jeder Athlet bei der Einkleidung eine kleine Broschüre erhalten, in der sich Schütt und Weber vorstellen. Darin laden die beiden auch zur Teilnahme an den drei ökumenischen Gottesdiensten, zu Beginn, in der Mitte und am Ende der Spiele, ein. Religion und Sport, besonders Olympia gehören für die beiden zusammen. Hans-Gerd Schütt erinnert an die Tradition:

    "Der Boden der olympischen Spiele in der Geschichte war ja durchaus ein Religiöser. Diese Spiele hatten immer mehrere Facetten, ein ganz wichtiger war eben immer zu Ehren der Götter."

    Eine Vermischung von Sport und der Inszenierung der Wettkämpfe und Religion darf es aber nicht geben, da sind sie sich die Pfarrer einig. Nichts spricht gegen die große Show mit den vielen olympischen Ritualen. Mit allem ist Thomas Weber aber nicht einverstanden.

    "Ich wundere mich immer, wenn dann im Sport von den ewigen Bestenlisten gesprochen wird. Wenn ich das Wort ewig höre, dann zucke ich immer zusammen. Ich hoffe, unser Gott hat Humor, wenn er das Wort ewig hört."

    Denn gerade im Sport sind Rekorde und Bestleistungen schnell wieder in Vergessenheit geraten. Das gilt auch für die Wettkämpfe bei den Spielen in London. Und da leben beide Pfarrer die Ökumene vor und treten als Team auf, sagt Hans-Gerd Schütt.

    "Was so beginnt, ist jetzt wirklich die Vorfreude, dass es bald wieder losgeht und wir beide sind zuversichtlich, dass es eine schöne Zeit wird in London."