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Zwischen China und den USA
Europas Problem mit dem Stahl

Die Stahlindustrie, einst Flaggschiff der deutschen Wirtschaft, steht unter Druck. Billiger Stahl aus China überschwemmt den Markt. Gleichzeitig droht US-Präsident Trump Europa mit Einfuhrzöllen. Die Hoffnungen europäischer Stahlfirmen richten sich jetzt auf das Globale Stahlforum der OECD. Doch die Chancen stehen nicht gut.

Von Alois Berger | 29.11.2017
    Ein Mitarbeiter transportiert am 07.03.2017 mit einem Kran in Salzgitter auf dem Gelände der Salzgitter AG Coils (aufgewickelte Metallbänder). Foto: Julian Stratenschulte/dpa | Verwendung weltweit
    Die einst so mächtige deutsche Stahlindustrie ist seit 50 Jahren auf dem Rückzug (dpa / Julian Stratenschulte)
    "Jede Tonne Stahl, die in Deutschland abgebaut wird, kommt durchs Ausland wieder rein, und das ist schlechterer Stahl zu schlechteren Bedingungen, unter schlechteren Arbeitsbedingungen und das werden wir uns nicht gefallen lassen."
    Bochum, im Herbst 2017. Bezirkschef Knut Giesen von der IG-Metall wettert vor 5000 Stahlarbeitern gegen den Ausverkauf der deutschen Stahlindustrie. Durch den geplanten Zusammenschluss der Thyssen-Krupp-Stahlwerke mit dem indisch-britischen Konzern Tata verschwindet der letzte deutsche Stahlriese von der europäischen Landkarte. Das neue Stahlunternehmen soll seinen Sitz in Amsterdam haben. Von den knapp 20.000 Mitarbeitern, die Thyssen-Krupp derzeit noch in Deutschland im Stahlbereich beschäftigt, werden etwa 2000 gehen müssen. Es könnten auch mehr werden.
    "Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Wir haben Angst um unser Unternehmen und um unsere Arbeitsplätze."
    Verunsicherung, wohin man schaut. Die einst so mächtige deutsche Stahlindustrie, seit 50 Jahren auf dem Rückzug, scheint nun endgültig in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Noch 1980 lag Deutschland auf dem dritten Platz der weltweiten Stahlerzeugerländer, hinter der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten. Heute produziert allein Indien doppelt so viel Stahl wie Deutschland, China sogar 20 mal so viel.
    Peking presst seine gewaltigen Überschüsse zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt. Deutsche und europäische Stahlhersteller schreiben deshalb seit Jahren immer wieder rote Zahlen. Zwar läuft es in diesem Jahr wieder besser. Aber die langfristigen Aussichten sind düster.
    Trump macht Deutschland verantworlich
    Zu den aggressiven chinesischen Exporten kommt eine weitere Bedrohung. US-Präsident Trump sieht im deutschen Außenhandelsüberschuss eine der Hauptursachen für die wirtschaftlichen Probleme der Vereinigten Staaten von Amerika. Trump lässt derzeit prüfen, ob die USA drastische Einfuhrzölle auf deutschen Stahl erheben sollen.
    Die Hoffnungen der deutschen Stahlfirmen richten sich auf das Global Forum on Steel, das Globale Stahlforum der OECD. Das Forum wurde beim G20-Gipfel im letzten Jahr im chinesischen Hangzhou beschlossen. Seit einem Jahr treffen sich Verantwortliche aus 30 Stahlerzeugerländern unter Leitung des deutschen Wirtschaftsministeriums, zuständig ist geschäftsführender Staatssekretär Matthias Machnig:
    "Wir wollen jetzt in diesem internationalen Kontext erörtern, was eigentlich getan werden kann, dass diese Überkapazitäten abgebaut werden können. Das ist das wesentliche Ziel, und daran arbeiten wir."
    Am 30. November, soll das Global Forum on Steel einen ersten konkreten Bericht vorlegen. 30 Wirtschaftsminister werden in Berlin um jede Formulierung feilschen. Im Kern geht es den Europäern darum, China zu einer freiwilligen Einschränkung seiner Stahlproduktion zu überreden - und ein bisschen auch darum, die US-Regierung zu überzeugen, dass die Probleme nicht in Europa liegen.
    Chinesische Arbeiter in Huaibei bewegen sich auf rieigen Stahlrohren.
    Die chinesischen Stahlwerke produzieren mehr als 800 Millionen Tonnen im Jahr (Chinafotopress/wuhe, dpa picture alliance)
    China verbilligt seine Exporte damit unerlaubt
    Die chinesischen Stahlwerke produzieren mehr als 800 Millionen Tonnen im Jahr. Gebraucht wird nicht einmal die Hälfte davon. Allein die Überschüsse aus China sind doppelt so groß wie die gesamte europäische Stahlproduktion. Die chinesische Regierung sperrt sich aber bislang gegen Lösungen. Schließlich geht es auch in China um Arbeitsplätze, um viele Arbeitsplätze. In chinesischen Stahlwerken arbeiten zwei bis dreimal soviel Menschen wie in vergleichbaren europäischen oder amerikanischen Unternehmen. Wirtschafts-Staatssekretär Machnig glaubt trotzdem, dass sich Peking bewegen wird.
    "Sie waren erst gegen die Einsetzung des Forums. Dann haben wir unter chinesischer G20 Präsidentschaft dieses verabschiedet. Über lange Zeit haben wir keine Daten bekommen. Jetzt bekommen wir Daten. Wir stimmen gerade Prinzipien ab: Erstens, dass wir das in einem globalen Maßstab regeln müssen. Zweitens, dass wir faire Wettbewerbsbedingungen brauchen. Drittens, dass es Anstrengungen geben muss, um Überkapazitäten abzubauen. Auf dieser Prinzipienebene glaube ich, kommen wir zusammen, dann geht es noch mal um den Maßnahmenteil. Der ist schwieriger."
    China braucht den freien Welthandel für seine boomende Exportwirtschaft. Deshalb kann sich Peking einer Zusammenarbeit nicht völlig verweigern. Zu eindeutig sind zudem die Hinweise, dass China seine überdimensionierte Stahlindustrie staatlich subventioniert und die Exporte damit unerlaubt verbilligt. 80 Prozent aller Anti-Dumping-Verfahren der Europäischen Union beschäftigen sich mit chinesischen Produkten, allen voran Stahl und Stahlerzeugnissen. Alle paar Monate verhängt die EU neue Strafzölle auf einzelne Stahlprodukte aus China. Mal 30 mal 50, mal 70 Prozent, je nach Schwere der Dumping-Vorwürfe. Die USA gehen noch weiter, sie belegen chinesische Stahleinfuhren mit Strafzöllen von bis zu 250 Prozent.
    Doch so eindeutig ist die Sache nicht. Peking beklagt nicht ganz zu Unrecht, dass auch westliche Regierungen beim Stahl immer wieder gegen marktwirtschaftliche Prinzipien verstoßen. Stahl ist ein strategisches Produkt, das für die Rüstung wichtig ist, aber auch für volkswirtschaftlich zentrale Branchen wie die Automobilindustrie. Anders als etwa in der Textil- oder in der Holzindustrie haben sich Regierungen beim Stahl schon immer eingemischt, um die Preise zu stützen. Und sie tun es immer noch, meint der Bochumer Wirtschaftshistoriker Dieter Ziegler:
    "Stahl ist im Grunde ein Produkt, das prädestiniert ist für Kartelle. Wir haben ein extrem homogenes Produkt. Und Kartellbildung ist natürlich heute verboten, aber letztlich ist ein gemeinsamer geplanter Kapazitätsabbau so etwas wie ein Produktionskartell. Es darf nicht so heißen, aber es hat große Ähnlichkeit damit. Und damit kann man eben Überkapazitäten abbauen, mit dem Ziel, den Preis zu stabilisieren, um Preiskämpfe zu verhindern."
    Die Idee der Montanunion
    Stahl und Staat, das ist eine lange Geschichte der gegenseitigen Abhängigkeit, gerade in Deutschland. Ohne Stahl funktioniert keine moderne Volkswirtschaft, und auf Stahl werfen auch die Militärs immer ein Auge. Daher die Bereitschaft der Regierungen, sich einzumischen. Und daher auch die Macht und der Einfluss großer Stahlfirmen auf die Politik. Je dringlicher der Stahlbedarf, desto größer der Einfluss. In Deutschland war der Einfluss stets am größten, wenn Regierungen über Kriege nachdachten.
    Die dramatischen Fortschritte bei der Stahlherstellung vor beiden Weltkriegen erhöhten die Kriegsbereitschaft. Die Kanonen von Krupp haben die Kriege nicht angezettelt, aber ohne die Kanonen von Krupp wären die Kriege nicht möglich gewesen. Beide Kriege haben dann die Stahlproduktion in Deutschland angeheizt. Mit dem Ergebnis, dass die Stahlindustrie trotz der massiven Bombardierungen bald besser dastand als vor dem Krieg, wie Wirtschaftshistoriker Dieter Ziegler unterstreicht.
    "Natürlich ist viel zerstört worden, das Ruhrgebiet ist ja auch systematisch bombardiert worden, lag ja auch früh in der Reichweite der britischen Bomber. Aber die Zerstörungen, das hat sich dann eben relativ schnell gezeigt, sind nicht so stark gewesen, dass man jetzt befürchten musste, dass man über viele Jahre keinen Stahl mehr kochen kann. Dazu kamen auch die Demontagen, die allerdings wesentlich weniger gravierend ausgefallen sind als in der Ostzone, also in der sowjetisch besetzten Zone, so dass das Ruhrgebiet da vergleichsweise glimpflich rausgekommen ist."
    Schon 1948, drei Jahre nach dem Krieg, stellte der französische Planungskommissar Jean Monnet fest, die deutsche Stahlproduktion eile der französischen bereits wieder davon. Die deutsche Stahlindustrie habe sich während des Krieges modernisiert, schreibt Monnet, die französische sei auf dem Stand von 1937 stehen geblieben. Zudem fehle es in Frankreich an der nötigen Steinkohle, um eine steigende Stahlproduktion zu gewährleisten.
    Monnet fürchtete, dass eine instabile Stahlversorgung jeden Wirtschaftsaufschwung in Frankreich verhindern werde. Aus dieser Angst heraus entstand die Idee der Montanunion. Der sogenannte Monnet-Plan sah vor, die Stahl- und Kohleindustrie von Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten einer gemeinsamen Kontrolle zu unterwerfen. Die offizielle Begründung für die Montanunion war, dass Deutschland dadurch nie wieder unbemerkt einen Krieg vorbereiten könne.
    Das Ergebnis: Subventionswettläufe
    Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich gab es erhebliche Widerstände gegen diesen Plan, schildert der Wirtschaftshistoriker Dieter Ziegler. Vor allem die Gewerkschaften protestierten. Doch die Idee setzte sich durch, 1951 entstand die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl - sie veränderte nicht nur die europäische Stahlwirtschaft, sondern ganz Europa:
    "Es ist natürlich ein ganz großer Vorteil, wenn Sie Eisenerz aus Frankreich, Kohle aus Belgien und Deutschland zusammenführen können, ohne, dass sie dafür Zölle bezahlen müssen. Oder dass der eine versucht, das vom andern zu rauben, wie es im Jahrhundert vorher gewesen ist: die Deutschen versuchen, an das Eisenerz in Lothringen zu kommen und die Franzosen versuchen, an die Kohle im Saarland und an der Ruhr zu kommen, und zwar mit Gewalt. Wenn das wegfällt, und man eine friedliche Entwicklung und keine Zölle hat, dann ist das ein riesiger Vorteil. Das ist im Grunde ja auch der Beginn der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft."
    Der wirtschaftliche Erfolg der Montanunion ebnete den Weg für die weitere und engere Zusammenarbeit der ehemaligen Kriegsgegner. Die Hoffnung auf Wohlstand verdrängte den damals noch immer tiefsitzenden gegenseitigen Hass. Gerade mal zwölf Jahre nach dem Ende des schrecklichen Krieges wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft beschlossen.
    Bis Anfang der 60er Jahre befeuerte die wachsende europäische Stahlproduktion das Wirtschaftswachstum. Doch dann flachte die Konjunktur ab, der Absatz für Stahlerzeugnisse stockte. Die Stahlindustrie produzierte immer größere Überschüsse. Fast alle Regierungen versuchten, ihre Stahlwerke mit hohen Subventionen am Leben zu halten. Es ging schließlich um Tausende von Arbeitsplätzen. Das Ergebnis waren Subventionswettläufe, bei denen viel Steuergeld vor allem in die weniger rentablen Stahlfirmen floss, die dann trotzdem Verluste schrieben. Einige Regierungen, darunter auch die bayrische Staatsregierung, kauften besonders marode Stahlwerke auf, um sie besser finanzieren zu können.
    Menschen sind kaum noch zu sehen
    Unter dem Druck der Europäischen Wettbewerbskontrolleure und in zähen Verhandlungen einigten sich die EU-Regierungen in den 80er und 90er Jahren darauf, gemeinsam ihre Stahlkapazitäten abzubauen. Staatliche Zuschüsse durften nur noch gezahlt werden, wenn gleichzeitig Stahlwerke stillgelegt wurden. Öffentliche Gelder nur noch fürs Gesundschrumpfen, das war das Prinzip. Allein in Deutschland gingen damals zwei Drittel der Arbeitsplätze in der Stahlindustrie verloren. Ein schmerzhafter Prozess, der sich über fast 30 Jahre hin zog.
    In der Grobblech-Anlage in Bochum Süd. Bullige Elektromagneten an armdicken Drahtseilen schleppen 15 Meter lange Stahlplatten durch die Halle. Im Schiffbau werden solche Platten gebraucht, für schwere Lastwagen, und im Anlagenbau. Menschen sind hier kaum noch zu sehen. Nach Jahrzehnten der immer wieder kehrenden Krise sind die deutschen Stahlwerke durchrationalisiert. Kapitalintensiv, effizient, personalknapp, ressourcenschonend. Die deutsche Stahlindustrie ist heute gesund, sagt Knut Giesen von der IG-Metall.
    Ein Mitarbeiter in Arbeitskleidung hält ein Schild mit der Aufschrift "Verkauft nicht unsere Zukunft" über den Kopf. 
    Das Stahlgeschäft von ThyssenKrupp soll mit den europäischen Teilen des indisch-britischen Tata-Konzerns fusioniert werden (dpa / Marcel Kusch)
    "Wir produzieren seit Jahren zwischen 42 und 44 Millionen Tonnen Stahl. Und diese Tonnen Stahl werden auch verkauft. Diese Tonnen Stahl führen zu einer Auslastung zwischen 85 und 90 Prozent, deshalb brauchen wir im Moment keinen Kapazitätsabbau."
    Doch die Preise geraten immer wieder unter Druck. In den letzten Jahren wurde in diesem Werk für jede verkaufte Tonne Stahl bis zu 100 Euro Verlust eingefahren. Stahl ist ein stark schwankender Markt, mit großen Gewinnen und großen Verlusten, immer schwer zu kalkulieren. Nicht zuletzt deshalb will ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger die Stahlsparte loswerden. Schon heute erwirtschaftet der Konzern 80 Prozent seines Umsatzes mit Aufzügen, mit Maschinenbau, mit Industrie-Serviceleistungen. Zukunftsfähige Branchen, zu denen Stahl, eigentlich die DNA von Thyssen und von Krupp, nach Ansicht von Hiesinger nicht mehr so recht passt.
    Europäischen Stahlwerke treffen auf chinesische Stahlindustrie
    Das Stahlgeschäft des Konzerns soll mit den europäischen Teilen des indisch-britischen Tata-Konzerns fusioniert werden. Das neue Unternehmen mit Sitz in Amsterdam wird kleiner sein als Thyssen-Krupp, aber deutlich mehr Stahl produzieren.
    Die Gewerkschaften protestieren vor allem wegen der Unsicherheit, und weil sie ihre Mitbestimmung in Gefahr sehen, wenn Amsterdam der offizielle Firmensitz wird. Vor allem aber, meint Knut Giesen von der IG-Metall, werde das Kernproblem dadurch nicht gelöst.
    "Wir brauchen einen fairen Markt für den Stahl, und dieser Markt wird von den Chinesen gerade nicht fair betrieben. Eine Tonne Stahl ist in China teurer als in Europa, das kann nicht sein. Wir brauchen faire Verhältnisse und darum muss sich auch Politik kümmern in den nächsten Wochen."
    Aber das ist nicht so einfach. Im Grunde treffen die europäischen Stahlwerke heute auf eine chinesische Stahlindustrie, die in etwa die Probleme hat, die Europa vor 30 Jahren hatte: Eine gewaltige Überproduktion, eine geringe Arbeitsproduktivität und hohe staatliche Zuschüsse, um Werksschließungen und Massenarbeitslosigkeit zu vermeiden. Nur mit dem Unterschied, dass die chinesische Wirtschaft gerade vor Kraft strotzt und sich die Subventionen anscheinend problemlos leisten kann.
    Die Möglichkeiten der Europäischen Union, die chinesischen Stahleinfuhren abzuwehren, sind begrenzt. Die Europäische Union berechnet akribisch genau den Schaden, den Dumping-Exporte anrichten, so sind die europäischen Regeln, und danach richten sich dann die Strafzölle. Chinesischer Stahl wird damit zwischen 20 und 70 Prozent teurer.
    Im Vergleich zu den USA sind die europäischen Aufschläge recht milde. Amerikanische Strafzölle sind drei- bis viermal so hoch. Deutsche Stahlmanager und Gewerkschaften fordern deshalb, dass auch Europa mehr verlangen müsste. Doch vor allem die Niederlande und die skandinavischen Regierungen stellen sich quer. Mit solchen Strafzöllen würde man sich selbst schaden kann, meint auch die niederländische Europaabgeordnete Marietje Schaake. Denn die billigen Stahlpreise setzen zwar der europäischen Stahlindustrie zu. Andere Branchen aber, etwa die Automobilindustrie oder auch der Bausektor, profitieren von der harten Konkurrenz.
    "Wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir nicht unsere eigene Wirtschaft schädigen. Natürlich ist es absolut wichtig, sicher zu stellen, dass Regeln im Handel der EU mit anderen Ländern angewandt werden. Deshalb brauchen wir vernünftige Zölle, aber eben nicht völlig verzerrte Zölle wie die USA sie haben."
    US-Präsident Donald Trump
    Die EU will sich gegen US-Zölle wehren, mit denen der amerikanische Präsident Donald Trump nach wie vor droht (dpa-Bildfunk / AP / Evan Vucci)
    Das Globale Stahlforum will einen Handelskrieg vermeiden
    Vor wenigen Wochen einigten sich die EU-Regierungen und das Europäische Parlament darauf, dass die europäischen Strafzölle künftig zumindest in besonders schweren Einzelfällen auch höher ausfallen können als bisher.
    Die niederländische Europaabgeordnete Schaake rät, die neuen Anti-Dumping-Vorgaben mit Zurückhaltung einzusetzen, damit sie vor der Welthandelsorganisation WTO überhaupt Bestand haben:
    "Die EU braucht WTO geprüfte Berechnungsmethoden für Dumping. Denn nicht alles, was von den europäischen Unternehmen als Dumping beklagt wird, ist tatsächlich Dumping. Deshalb ist es wichtig, dass wir Wege haben, Dumping festzustellen, die auch vor der Welthandelsorganisation bestand haben."
    Die Welthandelsorganisation könnte sich in nächster Zeit öfter mit Stahl befassen müssen. Die chinesische Regierung hat bereits angekündigt, dass sie vor der WTO gegen die neuen europäischen Anti-Dumping-Regeln klagen will. Andererseits will sich die Europäische Union vor der WTO gegen US-Zölle wehren, mit denen der amerikanische Präsident Donald Trump nach wie vor droht. Im Wahlkampf hatte Trump seinen Wählern versprochen, Stahleinfuhren aus Europa und Asien generell mit 35 Prozent Aufschlägen zu belegen, also nicht mit einzelnen Strafzöllen gegen Dumping-Produkte, sondern mit flächendeckenden Einfuhrzöllen. Die EU-Kommission droht für diesen Fall mit Gegenmaßnahmen. Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik glaubt, dass Trump sein Versprechen nicht vergessen hat.
    "Es ist vor allen Dingen eine Symbolwirkung, die von dieser Industrie ausgeht. Donald Trump ist angetreten und hat gesagt, er möchte die Arbeitsplätze für ordentliche gute Amerikaner schützen, dazu zählt aus seiner Sicht die Stahlindustrie. Man kann sich darüber streiten, ob es dann sinnvoll ist, Maßnahmen zu ergreifen, die in der Spätfolge sogar zu einem weltweiten Handelskrieg führen könnten. Aber es ist natürlich ein Bereich, der eben diese Symbolkraft hat."
    Beim Globalen Stahlforum geht es deshalb auch darum, einen Handelskrieg zu vermeiden. Am besten wäre es, wenn sich Peking zu einem freiwilligen Abbau seiner Stahlproduktion verpflichten würde. Die europäischen Politiker sind in Berlin in einer seltsamen Situation: Einerseits wollen sie, dass sich die chinesischen Gesprächspartner bewegen. Deshalb nutzen sie die amerikanischen Strafzölle als Drohkulisse. Und gleichzeitig müssen sie der US-Delegation deutlich machen, dass diese Zölle keine gute Idee wären.
    Eine komplizierte Gesamtlage, stöhnt der geschäftsführende Staatssekretär Matthias Machnig, auch wenn er nach seiner jüngsten Amerikareise wieder etwas mehr Hoffnung hat als noch vor wenigen Monaten. In allen Ministerien in Washington sei man inzwischen sichtlich um Berechenbarkeit und Zusammenarbeit bemüht.
    "Allerdings muss man eines sagen: auch die Gesprächspartner, die ich dort hatte, haben immer einen Unsicherheitsfaktor. Und dieser Unsicherheitsfaktor heißt Weißes Haus."
    Genauer gesagt: Donald Trump.