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Zwischen Freiheit und Sicherheit

Mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wird das liberale Gewissen der FDP künftige Justizministerin. Thomas de Maizière wechselt vom Kanzleramt ins Innere. Aus dem Mann im Hintergrund wird nun ein CDU-Minister im Rampenlicht.

Von Susanne Grüter und Christiane Wirtz | 31.10.2009
    "Die Bundesministerin der Justiz Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger": "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe". "

    " "Sehr medienerfahren und medienbewusst." (Beckstein)
    "Sehr ehrlichen und sehr konsequenten Eindruck." (Schaar)
    "Wache Intelligenz, fabelhaftes Gedächtnis." (Hirsch)

    Burkhard Hirsch: "Da glaube ich, dass die Tatsache, dass die Bundeskanzlerin doch eine ausgewiesene Pragmatikerin ist, dass sie schon sieht, dass ihre Justizministerin für einen großen Teil der Koalition geradezu eine Ikone geworden ist."

    Burkhard Hirsch, der treue liberale Weggefährte, über die FDP-Frau, die gerade ein erstaunliches Comeback feiert. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist zum zweiten Mal Bundesjustizministerin geworden. Dass sie noch einmal zur Ikone in ihrer Partei avancieren würde, hätte sich die heute 58-Jährige im Dezember 1995 wohl kaum träumen lassen. Damals trat sie als Justizministerin zurück.

    "Damit hat die FDP-Basis der FDP-Bundestagsfraktion und dem federführenden Justizministerium den Auftrag erteilt, über die Einführung des Großen Lauschangriffs mit den Koalitionspartnern CDU/CSU Verhandlungen zu führen. Da ich aus Überzeugung diese Änderung der bisherigen liberalen Rechtspolitik ablehne, kann ich die von den Mitgliedern mehrheitlich getroffene Entscheidung nicht im Interesse der FDP glaubwürdig vertreten und umsetzen."

    Die eigene Partei hatte ihr die Gefolgschaft versagt. Sie räumte freiwillig ihren Stuhl. Eine Seltenheit, wie sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar erinnert.

    "Sie ist ja, soweit ich weiß, eine von zwei Bundesministern, die aus grundlegenden inhaltlichen Differenzen, ausschließlich deshalb auf ihr Amt verzichtet haben, neben Heinemann, und das zeigt natürlich, dass sie bereit ist, da auch die persönliche Karriere dann gegebenenfalls zu lassen, wenn bestimmte Grundsätze nicht durchgesetzt werden können. Ich hoffe allerdings, dass sie diese Grundsätze durchsetzen kann in dieser Legislaturperiode."

    Sie selbst hat diesen Schritt nie bereut.

    "Ich habe dann auf andere Art und Weise, denke ich, auch sehr viel mehr für das Thema Bürgerrechte tun können. Wer hätte mir denn wirklich als Bundesjustizministerin, die die Grundgesetzänderung, Artikel 13, zum Lauschangriff formuliert, noch was von Bürgerrechten abgenommen, also die Glaubwürdigkeit wäre dahin gewesen, und ich glaube, es war genau richtig und hat dann auch meinen Weg noch befördert."

    Mit den beiden Linksliberalen Burkhard Hirsch und Gerhard Baum zog sie gegen den Lauschangriff vor das Bundesverfassungsgericht - und bekam 2004 in weiten Teilen Recht. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger profilierte sich zunehmend als das liberale Gewissen der FDP. Burkhard Hirsch:

    "Diese Frau hat nicht nur Zivilcourage, sondern sie hat auch das nötige Selbstbewusstsein und das Durchsetzungsvermögen, das man braucht, und sie hat Emotionen und sie zeigt sie, aber sie kann sie auch beherrschen."

    Aufgewachsen ist die Juristin im westfälischen Minden. Sie lebt aber schon lange in Bayern. Sie ist dort seit 2000 auch Landesvorsitzende der FDP und schaffte es im vergangenen Jahr, ihre Partei wieder zurück in den Landtag zu führen - und sogar an der Regierung im Freistaat zu beteiligen. Selbst der frühere CSU-Ministerpräsident Günther Beckstein zollt Respekt.

    "Sie ist eine ganz gescheite und auch zuverlässige Persönlichkeit, ist im Bereich der Rechtspolitik wirklich auch eine herausragende fachliche Größe. Da, wo ich mit ihr immer Probleme hatte, war, dass sie in dem Spannungsfeld Sicherheit und Freiheit aus meiner Sicht die Erfordernisse der Sicherheit nicht hoch genug bewertet hat. Es wird sicher da und dort auch Spannungen mit Frau Leutheusser-Schnarrenberger geben, die ja auch eine sehr streitbare Dame ist."

    Gestritten - oder doch jedenfalls hart verhandelt hat Sabine Leutheusser Schnarrenberger in den vergangenen Wochen mit Wolfgang Schäuble. Der, bis vor Kurzem noch im Amt des Bundesinnenministers, machte sich in den Koalitionsverhandlungen stark für die Sicherheit. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger setzte die Freiheit dagegen. Freiheit und Sicherheit: Dass sich diese beiden Größen nicht leicht in Einklang bringen lassen, ist bekannt. Und so steht am Ende ein Koalitionsvertrag, in dem vieles geprüft, evaluiert und abgewartet wird.

    "Der Koalitionsvertrag im Bereich Innen und Justiz ist aus der Sicht eines Bürgerrechtsbefürworters sicher nicht optimal. Ich sehe in ihm aber eine Trendwende. Eine Trendwende, die weg ist von einem Maximum an Sicherheit zu einer neuen Balance zwischen Freiheit und Sicherheit", "

    sagt Hansjörg Geiger, von 1998 bis 2005 Staatssekretär im Bundesjustizministerium, das zu dieser Zeit noch die SPD führte. Schärfer dagegen formuliert es Wolfgang Wieland, der als Rechtspolitiker für die Grünen im Bundestag sitzt:

    " "Westerwelle behauptet, wir haben uns in allen entscheidenden Punkten durchgesetzt. Die Wahrheit ist, dass dieser Koalitionsvertrag gerade der liberalen Justizministerin in spe etliche faule Eier ins Nest legt."

    Rüdiger Holecek von der Gewerkschaft der Polizei sieht in den vagen Formulierungen des Vertrages gar eine Gefahr für die Innere Sicherheit.

    "Der Koalitionsvertrag bedeutet zunächst einmal eine große Verunsicherung, auch in der Polizei. Er bedeutet, dass in einigen wichtigen Punkten sozusagen die Handbremsen in der Bekämpfung der Schwerstkriminalität angezogen sind. Man muss verstehen, dass man natürlich aufgrund einer solchen unsicheren Lage auch nichts falsch machen will."

    Nun liegt es in der Natur des Vertrages, zumal eines Koalitionsvertrages, dass er voller Kompromisse steckt. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist zu lange im politischen Geschäft, um das nicht zu wissen.

    "Es ist einfach die Situation, wenn wir in einer Koalition sind mit einem Partner, der selbst an vielen Elementen der Gesetzgebung unmittelbar beteiligt war, dann ist es natürlich besonders schwierig und auch ein Stück schmerzhaft, das kann ich nachvollziehen, wenn dann eigene Gesetze zu korrigieren sind."

    Und doch: Die Justizministerin tritt ihr Amt an als eine "Ikone" der Rechtspolitik, wie nicht nur Burkhard Hirsch sie nennt. An eben diesem strengen Maßstab wird sie sich in den kommenden vier Jahren messen lassen müssen.

    Etwa, wenn es darum geht, kinderpornografische Seiten aus dem Internet zu verbannen. Ein Projekt, das in der vergangenen Legislaturperiode Ursula von der Leyen mit viel Ehrgeiz betrieben hat. Sie hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das vorschreibt, kinderpornografische Seiten im Internet zu sperren. In der Netzgemeinschaft brachte ihr das den Namen "Zensursula" ein. Die FDP hält das Gesetz für falsch. Sie will die Seiten nicht sperren, sondern löschen. Und so stritt man in den Koalitionsverhandlungen bis zuletzt über diese Paragrafen. Am Ende nun, ein Kompromiss: Das Gesetz, das demnächst in Kraft tritt, wird einfach nicht angewendet, soweit es die Internetsperren betrifft. Man tut so als gäbe es das Gesetz nicht. Eine gesichtswahrende Lösung sei das für die Union, heißt es von den Liberalen, die das Gesetz lieber gleich ganz abgeschafft hätten. Über die Frage, wie die Bundesregierung ein Gesetz des Parlaments einfach aussetzen kann, darüber herrscht nicht nur bei der Polizei Ratlosigkeit. Rüdiger Holecek:

    "Ich denke mal, das fragt sich das BKA auch, denn es ist ein sehr ungewöhnlicher Vorgang, den wir auch noch nicht hatten. Das heißt, man wird erst einmal, um nichts falsch zu machen, gar nichts machen."

    Gerhart Baum, ehemaliger Bundesinnenminister und langjähriger Weggefährte der neuen Bundesjustizministerin, erinnert an die Gewaltenteilung.

    "Aber, wenn man es nicht anwenden will, muss man natürlich mit dem Gesetzgeber in Kontakt treten, der das ja so wollte."

    Ähnlich vage bleibt der Koalitionsvertrag in jenen Passagen, die sich auf das BKA-Gesetz und die Vorratsdatenspeicherung beziehen. Beides Themen, bei denen der Wunsch nach Freiheit und das Bedürfnis nach Sicherheit hart aufeinandertreffen. Im BKA-Gesetz, das die Große Koalition neu gefasst hat, werden dem Bundeskriminalamt zusätzliche Kompetenzen eingeräumt. Zum Beispiel die umstrittene Online-Durchsuchung. Gegen das Gesetz hat unter anderem der ehemalige FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum Verfassungsbeschwerde eingelegt. Eine klare Aussage - etwa zur Online-Durchsuchung - findet sich in dem Koalitionsvertrag nicht.

    Mit dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung dagegen wird eine europäische Richtlinie umgesetzt. Diese sieht vor, dass Verbindungsdaten, also etwa Telefonnummern und Gesprächsdauer, von den Telekommunikationsanbietern gespeichert werden müssen. Inwieweit diese Verbindungsdaten von den Behörden genutzt werden dürfen, ist dem nationalen Gesetzgeber überlassen. Das Gesetz, das die Große Koalition 2007 dazu verabschiedet hat, geht nicht nur Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu weit. Zusammen mit anderen FDP-Politikern und vielen Tausend Bürgern hat sie in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingelegt.

    Doch statt im Koalitionsvertrag nun die eigenen Vorstellungen festzulegen, haben sich FDP und Union nur darauf verständigen können, zu warten - auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Erst dann soll das Gesetz neu gefasst werden. Eine verpasste Chance, so der ehemalige Staatssekretär Hansjörg Geiger.

    "Ja, also die Partei, die FDP, hat sich hier eindeutig nicht durchgesetzt. Danach hätte man einfach handeln müssen und sagen, unabhängig von dem laufenden Verfahren: Wenn wir das Gesetz zurücknehmen, dann ist das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht natürlich hinfällig."

    Dabei legen gerade die Liberalen großen Wert darauf, das Bundesverfassungsgericht künftig zu schonen. So steht es im Parteiprogramm und so betont es auch die Bundesjustizministerin:

    "Die FDP möchte eine Rechtspolitik machen, die wirklich das Bundesverfassungsgericht, jedenfalls in diesen Bereichen der Innen- und Rechtspolitik deutlich mal entlastet und zum Luftholen mal wieder viel Zeit gibt. Von daher verstehen wir natürlich das Justizressort auch gerade als eben das Verfassungsressort neben dem Innenministerium. Und es ist eine große Verantwortung und ein hoher Maßstab, der da jetzt anzulegen ist."

    Der Maßstab, den die Liberalen selbst anlegen, ist hoch. Genauso wie der Maßstab der Opposition. "Versprochen, gehalten" - damit hatte Guido Westerwelle den Koalitionsvertrag auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende gepriesen. "Versprochen, gebrochen" - das dürfte für Wolfgang Wieland von den Grünen die Beschreibung sein, die es genauer trifft.

    "Hier fällt auf, dass die FDP vorher so viel versprochen hat. Vorher wirklich den Eindruck erweckt hat, diese ganzen Maßnahmen, die sie zu Recht ablehnen, könnten sie gegenüber einem Koalitionspartner und sie wussten ja, wen sie wollten, es ist ja eine Liebeshochzeit, die sie gemacht haben, das heißt, sie wollten mit der CDU koalieren und haben dennoch bis zum Wahlabend Versprechen gemacht, dass sie viele dieser Maßnahmen zurückgenommen sehen wollen. Wenn man jetzt guckt, ist keine einzige Maßnahme zurückgenommen."

    Am klarsten ist die liberale Handschrift im Koalitionsvertrag wohl da zu erkennen, wo gar nichts steht. Denn die Union war mit einem weitaus längeren Wunschzettel in die Koalitionsverhandlungen gegangen. Ein Beispiel: der Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Ein lang gehegter Wunsch des ehemaligen Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble. Noch vor wenigen Monaten kündigte er an, dass es nach der Wahl einen neuen Anlauf für eine Grundgesetzänderung geben müsse. Doch davon im Koalitionsvertrag kein Wort. Rüdiger Holecek von der Gewerkschaft der Polizei weiß das zu schätzen.

    "Dies ist ein Punkt, mit dem stimmen wir überein. Wir halten die Möglichkeit eines Einsatzes der Bundeswehr, über die Amtshilfe, die sie jetzt der Polizei schon geben kann, für überflüssig und auch nicht für sachgerecht. Denn die Bundeswehr hat eine völlig andere Ausbildung und Aufgaben als die Polizei. Und in der Verfassung steht, dass diese Aufgaben getrennt ausgeübt werden müssen."

    Und so bleibt die Feststellung, dass jeder Koalitionsvertrag nicht mehr ist, aber auch nicht weniger als eine politische Verabredung zwischen den Parteien. Vieles in dem Kapiteln Innen und Justiz wird in den kommenden vier Jahren geprüft und evaluiert werden. Man könnte auch sagen: Vieles ist offen. Und so wird es von der Verhandlungsstärke der beiden Kontrahenten abhängen, wie diese Freiräume ausgefüllt werden. Die Bundesjustizministerin jedenfalls sollte man dabei nicht unterschätzen, betont Burkhard Hirsch:

    "Ich glaube, dass jeder begriffen hat, dass Frau Leutheusser bereit ist, Konsequenzen zu ziehen und sehr hart sein kann, gegen sich, aber auch gegen andere, wenn es darum geht, wirkliche Grundpositionen zu verteidigen. Und in diesem Bereich dann leichtfertig einen Krieg anzufangen, das sollte sich jeder sehr sorgfältig überlegen."

    Eine Warnung, die sich auch an den Bundesinnenminister richten dürfte. Schließlich sind das Innen- und das Justizressort traditionell Gegenspieler, wenn es um das Spannungsverhältnis Freiheit und Sicherheit geht.

    "Der Bundesminister des Innern Herr de Maizière": "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe."




    "Absolut zuverlässig, sehr gut ausgebildet." (Biedenkopf)
    "Zurückgenommen, besonnen und ruhig." (Kronenberg)

    Thomas de Maizière - in den vergangenen vier Jahren hat der 55-Jährige als Chef des Kanzleramtes Angela Merkel den Rücken frei gehalten. Der Mann im Hintergrund, unscheinbar, aber einflussreich, der Strippenzieher. Ein Etikett, das ihm nicht gefällt:

    "Strippenzieher, das gilt als nicht besonders gut beleumundet und Macht in der deutschen Politik auch nicht, wobei jeder wissen muss, es gibt keine Politik ohne Macht."

    Loyalität gegenüber der Kanzlerin, für de Maizière eine Tugend. Es war sein Job, für Angela Merkel der Blitzableiter zu sein. Er konnte sich damit arrangieren.

    "In meinem Gehalt ist die Übernahme von Ärger inbegriffen. Das muss man wissen, wenn man das Amt antritt. Fehler mache eher ich als meine Chefin, und wenn es gut läuft, war ich es nicht, und wenn es schlecht läuft, war ich es eher, das gehört ein bisschen dazu, aber damit muss man leben."

    Als Innenminister tritt er nun selbst stärker ins Rampenlicht. Der Bonner Politikwissenschaftler Volker Kronenberg glaubt, dass Thomas de Maizière geradezu prädestiniert ist für seinen neuen Posten.

    "Er hat es doch verstanden, in vier Jahren eine große Koalition mit im Grunde doch gleich starken Partnern geräuschlos zu managen, das ist eine große Leistung."

    De Maizière, in Bonn geboren, stammt aus einer preußischen Hugenottenfamilie, die zu Zeiten des Kalten Krieges getrennt war. Sein Vater Ulrich war Generalinspekteur der Bundeswehr, sein Cousin Lothar der letzte Ministerpräsident der DDR. 1990 holte der ihn als Berater in seine Regierung. Später wurde de Maizière in Sachsen Finanz, Justiz- und Innenminister und war so am Aufbau Ostdeutschlands beteiligt. Der damalige Ministerpräsident Kurt Biedenkopf:

    "Er hat sich in diesem Prozess als jemand erwiesen, der die richtigen Fragen stellt, der offen ist für unerwartete Erkenntnisse, die wir alle erst gewinnen mussten aus dem neu hinzugekommenen Teil Deutschlands, und er hat nach meiner Auffassung die Menschen verstanden. Und deshalb ist er auch in Sachsen sehr angesehen."

    Eine aufregende Phase im Leben von Thomas de Maizière, der mit seiner Familie in Dresden wohnt.

    "Die Zeit des Aufeinanderhörens, des Aufeinanderneugierigseins von 1989 bis zwei,93 gehört zu den menschlich bewegendsten Erfahrungen, die ich überhaupt gemacht habe. Danach wurde es dann etwas kälter, aber dass man sich sein Leben erzählt, sehr intensiv mit wildfremden Leuten, sehr intensiv erzählt, was einen innerlich bewegt hat, das war in dieser Zeit wunderbar."

    Als Bundesinnenminister kann sich Thomas de Maizière nun aus dem Schatten der Kanzlerin befreien. Aber zum neuen politischen Shootingstar eigne er sich nicht, meint Kurt Biedenkopf.

    "Er wird das Amt nutzen mit aller Kraft, die ihm zur Verfügung steht zum Nutzen des Landes, und er wird dann auch, wenn er der Meinung ist, dass Dinge geschehen, die nicht im Interesse oder zum Nutzen des Landes sind, seine Stimme erheben, und daraus können sich auch öffentliche Kontroversen ergeben, aber Thomas de Maizière wird diese Kontroversen nie anzetteln, um sich selbst zu profilieren."

    Thomas de Maizière und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger - zwei Persönlichkeiten, zwei unterschiedliche politische Vorstellungen - wie werden sie im Koalitionsalltag zusammenpassen? Der Politikwissenschaftler Volker Kronenberg:

    "Spannend war doch zu beobachten in den letzten Wochen, dass es ja nun auch, was viele Beobachter nicht erwartet hatten, zwischen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Wolfgang Schäuble funktioniert hat in den Koalitionsverhandlungen, und vor diesem Hintergrund ist kein Zweifel, dass es auch zwischen Thomas de Maizière und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger funktionieren wird."

    Tatsächlich hat es in dieser Arbeitsgruppe vergleichsweise wenig gefunkt. Das mag auch daran gelegen haben, dass es nicht um das große Geld ging. Für eine gesittete Streitkultur zwischen Leutheusser-Schnarrenberger und De Maizière spricht auch, dass beide einen fairen, aufrechten Politikstil führen. Gekuschelt werde zwar in den nächsten vier Jahren nicht, betont die Justizministerin - aber beiden gemeinsam ist der Wille zu kooperieren. Das sieht auch der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein so.

    "Also, ich bin der Meinung, dass diese Besetzungen gut sind, es wird nicht konfliktfrei gehen, aber Demokratie lebt ja davon, dass auch Konflikte ausgetragen werden und man dann die richtigen Lösungen hat."