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Zypern
Wie sich Investoren Staatsbürgerschaften kaufen

Um Investoren ins Land zu locken hat die zyprische Regierung sich eine ungewöhnliche Strategie einfallen lassen: Sie vergibt einen zyprischen Pass, wenn ein Investor mindestens zwei Millionen Euro ins Land steckt. Damit werden die Investoren auch zu EU-Bürgern - und profitieren davon.

Von Gunnar Köhne | 31.07.2019
Auf der griechisch-zypriotischen Hälfte der Stadt Nikosia in Zypern erheben sich neue Wolkenkratzer.
Auf der griechisch-zypriotischen Hälfte der Stadt Nikosia in Zypern erheben sich neue Wolkenkratzer. (www.imago-images.de/ Diego Cupolox)
Yiannis Misirlis empfängt braungebrannt und mit weit aufgeknöpftem Hemd in den Präsentationsräumen von "The Icon", dem neuesten Bauprojekt des Immobilientycoons. Acht Appartements der obersten Stockwerke des Hochhauses kosten über zwei Millionen Euro. Dass die Käufer für diese Summe obendrein von der Regierung einen zyprischen EU-Pass bekommen, findet der Unternehmer und Schwiegersohn des zyprischen Präsidenten Anastasiadis in Ordnung. Schließlich investierten seine Kunden auch viel Geld.
"Ein großer Teil stammt aus dem Nahen Osten, darunter auch Israel, dann aus dem asiatischen Raum und schließlich Russen. Unser Geschäft hängt zwar nur zu 5 bis 6 Prozent von diesem Pass-Programm ab, aber wenn es gestoppt würde, würde es sich natürlich auf das Geschäft auswirken."
Zwei Millionen Euro für einen zyprischen Pass
Im Falle des Ikonen-Hochhauses wären es allerdings über 40 Prozent. Seit der Finanzkrise 2013 soll Zypern mit Hilfe der Vergabe von sogenannten Goldenen Visa und -Pässen sehr viel Geld ins Land geholt haben - über sechs Milliarden Euro. Das Investitionsprogramm der Regierung schreibt vor, dass ein Ausländer für eine Aufenthaltsgenehmigung 500.000 Euro investieren muss, für die zyprische Staatsbürgerschaft zwei Millionen Euro.
Dadurch hat die Regierung nicht zuletzt den Immobiliensektor des Landes angekurbelt. In der Hafenstadt Limassol entstehen derzeit ein halbes Dutzend teurer Penthouse-Türme wie "The Icon". Die gebürtige Moldawierin Irina Ceciltan ist eine von zahllosen Investmentberatern in Limassol, die offen damit werben, ihren Kunden einen der begehrten EU-Pässe zu besorgen – in nur drei Monaten nach einem Hauskauf.
"Sie werden nicht nach der Geschichte des Landes abgefragt oder politisch getestet. Es ist sehr einfach den Pass zu bekommen. Sie müssen hier auch nicht wohnen. Dafür haben Sie dann einen Pass mit dem Sie ohne Visum in 154 Länder weltweit reisen können! Der Investor bekommt für seine Immobilie eine jährliche Rendite von fünf Prozent und kann sie nach fünf Jahren wieder verkaufen. Und behält obendrein die zyprische Staatsbürgerschaft."
Die Herkunft des Geldes wird nicht geprüft
Solche Aussagen nähren den Verdacht, dass es vielen Investoren bloß um den EU-Pass gehe. Aus der EU hat es gegen die "Goldene Pässen" viel Kritik gegeben. Zumal nicht immer klar ist, woher das Geld der Kunden stammt. Geprüft werden lediglich die Antragsteller, nicht die Herkunft ihrer Einnahmen. Mehrfach schon musste die Regierung die Bedingungen für die Passvergabe verschärfen. Der für dieses Investitionsprogramm zuständige Finanzminister Harris Georgiades wiegelt ab: Es handele sich doch bloß rund um 500 Personen im Jahr, die eingebürgert würden:
"Und die sind vorher von den Behörden beispiellos gründlich auf ihre Unbescholtenheit hin überprüft worden. Aber wenn es Vorschläge gibt, wie wir vielleicht auch gemeinsam Regeln für solche Investment-Programme entwickeln können – bitte, wir sind jederzeit bereit darüber zu diskutieren." Der Minister zeigt sich gegenüber den Kritikern in der EU gesprächsbereit, vielleicht auch, weil die Goldenen Pässe auch im eigenen Land zunehmend umstritten sind.
Eleni Mavrou, Abgeordnete der Linkspartei AKEL nennt drei Einwände: "Erstens: Es fehlt jede Transparenz bei der Vergabe der Pässe. Zweitens, ist überhaupt keine Verbundenheit der Antragsteller mit unserem Land erforderlich. Und drittens trägt dieses Programm nichts zur Realwirtschaft des Landes bei." Daran verdienen würden nur einige wenige in der Baubranche. Doch aller Kritik zum Trotz: Die zyprische Regierung will an ihrem lukrativen Programm "Pass gegen Geld" festhalten.