Tagebuch

Im Käfig

Der Bildhauer Hans Uhlmann neben seinen Plastiken "Fetisch 1963" und "Stahlplastik 1961" am 15.03.1968 in der Akademie der Künste in Berlin.
Der Bildhauer Hans Uhlmann neben seinen Plastiken "Fetisch 1963" und "Stahlplastik 1961" am 15.03.1968 in der Akademie der Künste in Berlin. © picture-alliance/ dpa / Konrad Giehr
Von Carmela Thiele · 21.04.2015
"Vorbereitung zum Hochverrat", lautete die Anklage, die Hans Uhlmann 1934 für eineinhalb Jahre ins Gefängnis Berlin-Tegel brachte. Der Künstler war einer von 60.000 Kommunisten, die damals festgenommen wurden. Um dem Haftalltag zu entfliehen, führte der Bildhauer ein Tagebuch, dem er seine Zukunftspläne, seine Empfindungen und Beobachtungen anvertraute.
Karge Kost und mangelnde Bewegung machten den noch jungen Mann mürbe, aber auch empfindlich für die Metamorphosen des Lichts, den Wandel der Jahreszeiten und die Kakophonie dieses Ortes, den er "Käfig" nannte. Angeregt durch seine Lektüre, zu der Autoren wie Jean Cocteau zählten, erlebte er die Gefangenschaft als surreale Szenerie. Gedanken zu einer neuen Plastik aus Metall gehen über in Erinnerungen an die grausamen Wochen der Gestapo-Haft, poetische Passagen stehen neben erstaunlich klaren Einschätzungen der politischen Lage. Getarnt als französische Studien überdauerte das Tagebuch die NS-Zeit.
Die Autorin Carmela Thiele
Die Autorin Carmela Thiele© Carmela Thiele
Produktion: DLF 2015