Kinokolumne Top Five

Hilfe, der Mörder ruft an!

Drew Barrymore im Film "Scream" von Wes Craven aus dem Jahr 1996
Drew Barrymore im Film "Scream" von Wes Craven aus dem Jahr 1996 © picture alliance/United Archives
Von Hartwig Tegeler · 28.07.2018
Vom Action- bis zum Liebesfilm: Es wird telefoniert! Und im Film finden sich so ziemlich alle Geräte, die man dafür benutzen kann – vom Sprechknochen bis zum smarten Endgerät. Unsere fünf Film-Favoriten rund ums Telefon.

Platz 5 - "Tage wie dieser" von Michael Hoffman (1996)

Das Telefon ist allgegenwärtig im Kino und ebenso, vor uns, auf der Leinwand. Auch ist klar: Telefonieren transformiert Beziehungen inklusive menschlicher Kommunikation. Ach ja, die Liebe!
Ein Mann findet eine Frau bescheuert, eine Frau findet einen Mann zum Kotzen. Wenn ein Film wie "Tage wie dieser" so anfängt, dann weiß der erfahrene Kinogänger natürlich: Die kriegen sich.
Auch wenn sie ihre Mobilen vertauscht haben, präziser: Weil sie die vertauscht haben! Und diese uralten Modelle von 1996 in dieser zauberhaften George-Clooney-Michelle-Pfeifer-Screwball-Comedy hatten noch nicht einmal Touchscreen oder Internet-Anschluss.
Woody Allen in seinem Film "Mach's noch einmal, Sam" aus dem Jahr 19972  
Woody Allen in seinem Film "Mach's noch einmal, Sam" aus dem Jahr 19972 © imago stock&people

Platz 4 – "Mach's noch einmal, Sam" von Woody Allen (1972)

Was waren das allerdings noch für Zeiten, als die Quatsch-Maschine noch eine Schnur hatten. Und der Verlagsmensch 1972, der von jeder Kneipe aus, durch die er mit seinen Kumpels einen Zug macht, die Nummer des Apparates des Münztelefons durchgibt, damit sein Chef immer weiß, wo er zu erreichen ist.
Aus heutiger mobil-smarter Perspektive natürlich vollkommen absurd, unvorstellbar nahezu. Über den Stand der Telekommunikation im Kino und das jeweilige Handy-Modell können wir gut mitkriegen, wie alt ein Film ist.
Barbara Stanwyck in dem Kriminalfilm "Du lebst noch 105 Minuten" von Anatole Litvak aus dem Jahr 1948
Barbara Stanwyck in dem Kriminalfilm "Du lebst noch 105 Minuten" von Anatole Litvak aus dem Jahr 1948© imago/United Archives

Platz 3 – "Du lebst noch 105 Minuten" von Anatole Litvak (1948)

Telefonieren verändert Leben, Liebe und natürlich auch – Rückblende – den Tod im Kino. 1940er Jahre. Leona – Barbary Stanwyck – kann nichts dafür, dass sie bei einer Fehlschaltung der Telefonvermittlung hört, wie ein Mann den Auftrag annimmt, eine Frau zu ermorden, die allein zu Haus ist.
Dass Leona selbst diese Frau ist, dass ihr Ehemann den Auftrag vergeben hat, das ist: Film Noir. Doch: Wenn der Mörder es damals, vor dem Schnurlosen, auf die Einsame oder den Einsamen abgesehen hatte und sich dann noch zynisch über den Bakelit-Apparat ankündigte, gab es ja immer noch eine Zeitverzögerung. Flucht war möglich!
Ob sie gelang, war dann eine andere Geschichte, aber in jedem Fall hatte der Killer mindestens den Weg von der Telefonzelle zurückzulegen.
Filmstill aus "Scream" von Wes Craven mit Drew Barrymore als Casey, verzweifelt am Telefon, wo ihr Mörder sie terrorisiert.
Filmstill aus "Scream" von Wes Craven mit Drew Barrymore als Casey, verzweifelt am Telefon, wo ihr Mörder sie terrorisiert.© picture-alliance / dpa / Kinowelt

Platz 2 - "Scream" von Wes Craven (1996)

Ganz anders in schnurlosen Zeiten, wo die Entfernung zwischen Sender und Empfänger - kommunikationstheoretisch gesprochen - lebensgefährlich verkürzt ist im Kino.
Diese Dame, gerade noch entspannt mit einem schnurlosen Telefon - der ersten Generation - am Herd, um Pop-Corn zu brutzeln, hat im Horrorfilm "Scream" keine Chance zu fliehen.
Denn hinter dem Vorhang, der Tür, der Verandaabdeckung bricht der Killer hervor, der eine Viertelsekunde vorher doch nur am Telefon war.
Will Smith in "Staatsfein Nr.1" von Tony Scott aus dem Jahr 1998
Will Smith in "Staatsfein Nr.1" von Tony Scott aus dem Jahr 1998© imago/United Archives

Platz 1 – "Staatsfeind Nr. 1" von Tony Scott (1998)

Aber wehe, wenn das Telefon, heute im Film wie in der Realität, vor allem per Computer, verbunden ist mit dem weltweiten Datennetz und so zum feuchten Traum eines jeden Hackers wurde. Wehe, wenn der - einst in den 1970er und 80er Jahren ein Robin Hood der Bits & Bytes - heute zwar immer noch die gleichen Holzfällerhemden wie damals trägt, aber ideologisch die Seiten gewechselt hat. Der Auftrag des NSA-Chefs, das menschliche Objekt "durchsichtig" zu machen, ist für den Hacker nur ein kurzer Tanz auf der Tastatur, bedeutet aber für den Anwalt, der in den Fokus des Geheimdienstes geraten ist, das Ende seiner bürgerlichen Existenz.
Aber wie sagt der Ex-NSA-Agent, gespielt von Gene Hackman, ein Hacker, der in die Jahre gekommen ist, in "Staatsfeind Nr. 1": "Ein modifiziertes Telefon ist in Kombination mit einem Laptop ein ziemlich wirkungsvolles Spielzeug."
Um damals, vor 20 Jahren, etwas hinzuzufügen, was heute, nach Dutzenden von Telefon- und Smartphone-Generationen, mehr denn je zutrifft: "Es ist Orwells Welt da draußen."
Das waren noch Zeiten, in denen man die die Dinger – mit oder ohne Schnur – einfach nur reinsprach.
Mehr zum Thema