Blockbuster "Mowgli" bei Netflix

Streaming statt großer Kinoleinwand

Jörg Taszman im Gespräch mit Gesa Ufer · 30.07.2018
Mit "Mowgli" hat Warner Bros. einen opulenten Kinofilm produziert. Doch statt in den Kinos wird er vom Streamingdienst Netflix gezeigt, der die Rechte gekauft hat. Damit minimiere Warner das Risiko eines finanziellen Flops, sagt Filmexperte Jörg Taszman.
Der US-Streamingdienst Netflix hat seinen bisher größten Coup gelandet: Ein Blockbuster von Warner Bros., die Realverfilmung von "Mowgli" – die Geschichte des "Dschungelbuchs" – kommt ab Oktober nicht, wie ursprünglich geplant, in die Kinos, sondern startet im Frühjahr 2019 auf Netflix.

"Der zweite Film schneidet meistens schlecht ab"

Wie kam es zu dem spektakulären "Kinoklau" dieser enorm teuren Produktion von Regisseur Andy Serkis? Dummerweise brachte auch Disney 2016 einen Realfilm der "Dschungelbuch"-Geschichte heraus. "Das ist sehr oft so: Wenn es zwei Projekte gibt, die sich inhaltlich sehr ähneln und relativ zeitnah in die Kinos kommen – das hat die Kinogeschichte bewiesen –, gibt es immer einen, der dabei sehr schlecht abschneidet, und das ist meistens der zweite Film", sagt Filmjournalist Jörg Tasman. Zudem habe es Probleme zwischen dem Regisseur Andy Serkis und Warner Bros. gegeben – der Film liege schon längere Zeit auf Eis.
Mit geschätzten 200 Millionen Dollar Produktionskosten im Nacken wollte die Produktionsfirma offenbar kein Risiko eingehen und verkaufte die Aufführungsrechte an Netflix. Daraus - Streamingdienste präsentieren Blockbuster – könnte sich durchaus ein Trend entwickeln: Bei den Filmfestspielen in Venedig, berichtet Taszman, würden dieses Jahr vier Netflix-Film gezeigt.

Chancen auf einen Oscar nicht verbauen

Dass Blockbuster nicht auf die große Leinwand kommen, dürfte viele Kinoliebhaber ohne Streaming-Abo frustrieren. Netflix hat aber bekannt gegeben, zumindest die 3 D-Version auch vereinzelt ins Kino zu bringen. Das wäre neu, denn anders als etwa Amazon Prime hat sich Netflix bisher immer strikt geweigert, den gekauften Filmen auch einen Kinostart zu ermöglichen. Was unter anderem zu einem Ausschluss bei den Filmfestspielen in Cannes führte.
3 D - das steht fest – funktioniert im Fernsehen oder auf einem kleinen Computerbildschirm nicht. Und das wisse auch Netflix, sagt unser Filmexperte Jörg Taszman. Insofern sei denbkar, dass der Streamingdienst entweder mit einzelnen Kinos kooperieren werde oder eigene Kinos einrichte. Ein wichtiger Grund für die Öffnung Richtung Kinoleinwand dürfte aber auch sein: "Nur wenn Filme im Kino laufen, können sie auch für den Oscar nominiert werden." Und auf diese Möglichkeit wolle Netflix natürlich nicht verzichten.
(mkn)
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