Journalismus 2.0 - Oder der Fall des Freiherrn Kevin Wilhelm Kuranyi

12.02.2009
Copy und Paste statt Recherche und Call. Das ist Journalismus 2.0. Oder ist es gar kein Journalismus mehr, was oft auf den online-Newsportalen oder immer öfter auch in den gedruckten Erzeugnissen aus den Verlagshäusern zu lesen ist? Ist der ehemals vielleicht sogar einmal anständig und seriös gewesene Journalismus nicht fast überall längst zu einer mehr oder weniger gelungenen Abart der Unterhaltung verkommen? Buntes Infotainment? Ein mashup, zusammengerührt aus anderen mashups? Nichts anderes ist teilweise übrigens auch dieser Artikel, aber er gibt auch gar nicht vor, etwas Besseres zu sein.
Copy und Paste statt Recherche und Call. Das ist Journalismus 2.0. Oder ist es gar kein Journalismus mehr, was oft auf den online-Newsportalen oder immer öfter auch in den gedruckten Erzeugnissen aus den Verlagshäusern zu lesen ist? Ist der ehemals vielleicht sogar einmal anständig und seriös gewesene Journalismus nicht fast überall längst zu einer mehr oder weniger gelungenen Abart der Unterhaltung verkommen? Buntes Infotainment? Ein mashup, zusammengerührt aus anderen mashups? Nichts anderes ist teilweise übrigens auch dieser Artikel, aber er gibt auch gar nicht vor, etwas Besseres zu sein.
Jüngste Beispiele aus der hitzig geführten Debatte belegen, dass diese Entwicklung inzwischen auch die immer noch verbissen verteidigten Bastionen des Qualitätsjournalismus erreicht hat. An dieser Stelle geht es um den frischgebackenen Wirtschaftsminister Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jakob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg, CSU. Spiegel Online hängte einfach noch einen Wilhelm hinten dran. Nun könnte man einerseits sagen, dass davon die Welt nicht untergeht, was natürlich auch stimmt. Aber andererseits steht der Spiegel Online-Fall des Freiherrn von und zu Guttenberg auch exemplarisch für die ganze Misere. Spiegel Online erklärt, dass man nicht zuletzt wegen des großen Zeitdrucks den falschen Namen bei Wikipedia einfach abgeschrieben habe. Außerdem hätten viele andere das auch getan. Bei Wikipedia kann jedermann Einträge verändern. Inzwischen gibt es zwar auch bei Wikipedia eine Redaktion, aber längst nicht alle Ergänzungen oder Korrekturen können in der schier grenzenlosen Informationsflut überprüft werden. Hier versagt die so viel gepriesene Intelligenz der Massen manchmal kläglich. Die Qualität der Information ist nicht gesichert. Aber wer hat nicht schon mal bei Wikipedia geklaut? Und: Ist das wirklich so ein Drama? Stefan Niggemeier nennt die Erklärung des Spiegel Online, im Fall Guttenberg auf einen Fälscher der Internet-Enzyklopädie Wikipedia hereingefallen zu sein, in seinem Blog "eine Bankrotterklärung". Niggemeier: "Die Leute von "Spiegel Online" hätten den kompletten Namen übrigens in einer dpa-Meldung vom 31.10.2008 finden können, sogar mit Quellenangabe: "Der Name des neuen CSU-Generalsekretärs ist lang und eindrucksvoll: Als Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jakob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg führt ihn das Handbuch des Adels."
Man könnte sich natürlich auch fragen, warum Spiegel Online, wenn sie schon abschreiben, nicht gleich auf Guttenbergs eigener Homepage abgeschrieben haben? Guttenberg selbst wird doch wohl wissen, wie er selbst heißt. Aber vielleicht war den Spiegel Leuten diese Quelle nicht vertrauenswürdig genug?
Aber Spiegel Online befindet sich in prominenter Gesellschaft. Heute Vormittag meldete bild.de, dass Schalke 04 seinen Stürmer Kevin Kuranyi gefeuert hat. Auch das stimmte nicht. Die Redakteure von bild.de hatten die Meldung von der Schalker Homepage abgeschrieben und die war wiederum zuvor von Hackern geknackt worden, die dort die Kuranyi-Ente platziert hatten.
Vor einiger Zeit hat die WAZ-Gruppe ihren Vertrag mit dpa gekündigt. Der Essener Medienkonzern begründete dies unter anderem damit, dass das Profil der hauseigenen Zeitungen mit eigenen Geschichten geschärft werden solle und man künftig nicht mehr auf den Einheitsbrei des Agenturjournalismus setzen werde. Gleichzeitig wurden aber viele Redakteursstellen gestrichen und ein zentraler Newsdesk eingeführt. In Zukunft werden also von vielen Ereignissen nicht mehr vier verschiedene Autoren für die vier großen Zeitungen des Hauses berichten, sondern oftmals eben nur noch einer für vier.
Foto: andi kahle/CC