Von Adelheid Wedel

27.09.2010
Die Süddeutsche Zeitung" rezensiert Alice Schwarzers Buch "Die große Verschleierung" und nennt es "eine Irreführung". Die TAZ interviewt den palästinensischen Philosophen und Publizisten Sari Nusseibeh und erhält erhellende Antworten zum Nahostkonflikt.
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG schreibt Thomas Steinfeld sehr kritisch über das neue Buch von Alice Schwarzer Die große Verschleierung. Er nennt es "eine Schmäh- und Kampfschrift gegen den Islam, nicht nur in Deutschland". Steinfeld bezeichnet das Versprechen des Verlags, "ein genaues Bild vom heutigen Stand der kritischen Auseinandersetzung über den Islamismus" zu geben, "eine Irreführung". Steinfeld schreibt:

"Es geht in dem Buch darum, den fremden Glauben und seine militanten Anhänger im Stil einer Entlarvung vorzuführen. Der Islam erscheint insgesamt als das Abzulehnende schlechthin."

"Das wahre Problem", so wird Alice Schwarzer zitiert, "ist die systematische Unterwanderung unseres Rechtssystems mit dem Ziel der Islamisierung des Westens". Steinfelds Kommentar:

"Mit der historischen Aufklärung, auf die sich die 'Islamkritiker' berufen, haben solche Verschwörungstheorien nichts zu tun, umso mehr aber mit Geistfeindlichkeit und innerer Mobilmachung. Es gibt aber keinen Grund, den Islam zum finsteren Gegenteil der abendländischen Kultur zu erklären."

An diesem Dienstag erhält der palästinensische Philosoph und Publizist Sari Nusseibeh gemeinsam mit dem israelischen Schriftsteller Amos Oz in Berlin den Siegfried-Unseld-Preis.

"Vor zwei Jahren erschien Nusseibehs Autobiografie 'Es war einmal ein Land. Ein Leben in Palästina' im Suhrkamp Verlag. Sie bildet das literarische Gegenstück zu Amos Oz' Biografie 'Eine Geschichte von Liebe und Finsternis'."

Die taz veröffentlicht ein Interview mit dem 61-jährigen Sari Nusseibeh. Seit 1995 leitet er die arabische Al-Kuds-Universität in Ostjerusalem. Zusammen mit Ami Ajalon legte er 2003 einen Friedensplan vor, der die Grundzüge einer künftigen Zweistaatenlösung benannte. Im taz-Interview sagt er:

"Sie werden überrascht sein, aber ich glaube, dass es auf beiden Seiten eine grundsätzliche Bereitschaft zum Frieden gibt – allen Extremisten zum Trotz."

Seine Einschätzung der politischen Lage in Nahost ist glasklar:

"Die Realität ist, dass sich Juden und Araber um das gleiche Stück Land streiten. Entweder teilen sie es unter sich auf – das läuft auf eine Zweistaatenlösung hinaus -, oder sie teilen sich die politischen Rechte in einem gemeinsamen Staat. Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten.""

Die taz wendet ein:

"Die jüdischen Siedler hätten sicher gern das ganze Land, aber ohne Palästinenser."

Darauf Nusseibeh:

"Na klar. Und viele Palästinenser hätten auch gern das ganze Land, nur ohne Juden."

Dann dreht sich das Interview um die Frage der Gewalt. Dazu Sari Nusseibeh:

"Die Idee, politische Ziele gewaltsam durchzusetzen, ist auf der ganzen Welt populär, auch in Europa, den USA oder anderswo. Meiner Meinung nach führt Gewalt aber zu gar nichts, wie man gerade im Nahostkonflikt sehen kann. Denn obwohl Israel eine Nuklearmacht ist und all diese Flugzeuge und Panzer besitzt, konnte es unseren Willen nicht brechen. Genauso wenig können wir ihren Willen brechen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG berichtet von einer "peinlichen Panne". Dort ist zu lesen:

"Das Online-Programm Haystack sollte Dissidenten vor dem Zugriff der Zensoren schützen, zunächst im Iran. Haystack, auf Deutsch Heuhaufen, ist eine Software des kalifornischen Censorship Research Center und soll Dissidenten in Ländern mit beschränkter Meinungsfreiheit vor dem Zugriff des Staates schützen. Eingebettet in einen Strom von unwichtigen Daten, die eine Art Hintergrundrauschen erzeugen, sollen wichtige Nachrichten verschlüsselt ins Ausland fließen, um dort, von einem Server vom Datenmüll befreit, zum eigentlichen Adressaten weitergeschickt zu werden."

Nach einer ersten Analyse der Software, immerhin von der amerikanischen Außenministerin Clinton initiiert, ist Haystack aber gefährlicher Müll, eine Software, so schlecht programmiert, dass es für Angreifer wie Überwacher leicht ist, das Ganze zu enttarnen. Chefentwickler Daniel Colascione hat sich inzwischen "für den angerichteten Misthaufen entschuldigt".