Öffnungsperspektiven für die Kultur

Mit konzertierten Maßnahmen alle Bereiche wieder öffnen

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Umgebaute Sitzreihen zur Einhaltung der Abstandsregeln im Berliner Ensemble, dabei wurden einige Reihen komplett entfernt und außerdem einzele Sitze nebeneinander, um den Abstand zu vergrößern.
Wenn man die Kulturbetriebe nicht langsam wieder öffne, stehe die Branche vor einem "Sinnverlust", warnt Intendant Hasko Weber. © imago images/photothek.net/Florian Gaertner
Hasko Weber im Gespräch mit Vladimir Balzer · 03.03.2021
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Die Öffnung von Theatern soll an bestimmte Inzidenzwerte gekoppelt werden. Das hält Intendant Hasko Weber für falsch. Besser sei ein Bündel an Maßnahmen und dann eine Öffnung in allen Bereichen. Ansonsten drohe ein Sinnverlust.
Bund und Länder haben sich nach mehrstündigen Beratungen auf schrittweise Lockerungen der Corona-Maßnahmen geeinigt. Für Theater, Opernhäuser und Kinos bedeutet das perspektivisch, dass sie erst nach vielen anderen Branchen öffnen dürfen, wenn ein bestimmter Inzidenzwert 14 Tage lang gehalten wird.
Hasko Weber, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, hält die Konzentration auf Inzidenzwerte für falsch. Zudem habe die Kultur sich schon lange mit Konzepten darauf eingestellt, ihre Besucherinnen und Besucher so zu empfangen, dass sie möglichst sicher sind. Eine absolute Sicherheit könne es aber nicht geben, betont Weber, der auch Chef der Intendantengruppe im deutschen Bühnenverein ist.
Eine Kopplung an Inzidenzwerte sei auch "schwierig", weil sie auch für Verwirrung sorgen kann: "Nehmen wir an, man hat jetzt einen einigermaßen relevanten Wert unter 50 in seiner Stadt und in dem Landkreis ringsherum ist der über 100, was findet dann statt? Geht da was oder geht da nichts?".

Drohender Sinnverlust im Kulturbereich

Die Schließungen hätten nicht zu dem Erfolg geführt, der angestrebt war, so Weber. Der Lockdown sei zwar richtig gewesen, jedoch hätte er sich nicht in allen Bereichen der Gesellschaft durchgesetzt, "als Innehalten und Kontaktvermeidung". Es sei dadurch zu einer Erosion und Emotionalisierung der Debatte gekommen.
"Wir stehen mit der Kultur neben den existenziellen Fragen, besonders im freien Bereich, vor allem auch vor einem riesengroßen Sinnverlust, der gar nicht so ohne Weiteres wieder aufzuholen sein wird. Es braucht die Anregung im Künstlerischen und im Kulturellen, die Auseinandersetzung, die Begegnung, die Inspiration für kleinere Gruppen von Besucherinnen oder für größere."

Wichtige Bereiche öffnen

Weber fordert deshalb, "mit der entsprechenden Vorsicht und Maßnahmen" die Bereiche zu öffnen, die wichtig sind in der Gesellschaft, dazu gehöre nicht nur die Kultur, sondern auch der Sport und die Gastronomie: "Es kann ein konzertiertes gemeinsames Vorgehen geben."
Hasko Weber, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, spricht vor dem Schauspielhaus am gemeinsamen Aktionstag unter dem Motto "Wir sind da!", um in Zeiten der Corona-Pandemie Solidarität mit anderen betroffenen Einrichtungen zum Ausdruck zu bringen. Hinter ihm sind ein Techniker mit Mischpult und eine Frau, die ein Plakat hält, zu sehen.
Hasko Weber, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, appelliert daran, Vertrauen in die Gesellschaft zu haben. © picture alliance/dpa/Bodo Schackow
Man könne mit einer Mischung aus Impfen, Test und Hygienemaßnahmen flexibel auf die Lage reagieren, auch wenn keine "hundertprozentige Sicherheit" gewährleistet werden könne.
"Ich denke, man sollte jetzt ein Stück Vertrauen in die Gesellschaft haben." Denn die Motivation dazu sei bei allen, die jetzt stillstehen, sehr hoch.

"Der internationale Kulturbetrieb ist zusammengebrochen"

Leider sei bei der Pandemiebekämpfung bisher viel zu wenig "grenzübergreifend europäisch oder global" zusammengearbeitet worden. "Wir fokussieren auf unsere eigene Gesellschaft sehr stark. Das ist nachvollziehbar. Wir haben aber ein internationales Problem."
Das sei auch in der Kultur zu spüren. "Der internationale Kulturbetrieb ist zusammengebrochen und das hat nachhaltige Wirkung, vor allem im musikalischen Bereich, im Konzertbereich, im Musiktheaterbereich, vielleicht in dem Fall stärker als im Schauspiel. Aber auch der Austausch fehlt: Kunst ist international. Eine künstlerische Begegnung (…) ist völlig außen vor."
(kpa)

Hören Sie zu den Bund-Länder-Beschlüssen in Hinblick auf die Kultur auch den Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann:

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