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Die Palmen der Sieger

Ein spektakulärer Doppelsieg für Österreich. So endeten gestern Abend die 62. Filmfestspiele von Cannes. Jurypräsidentin Isabelle Huppert verkündete sichtlich gerührt die Goldene Palme für den Regisseur Michael Haneke, der sie vor ein paar Jahren mit "Die Klavierspielerin" zu einem Höhepunkt ihrer Karriere geführt hatte.

Von Josef Schnelle | 25.05.2009
    Als Michael Haneke auf der Bühne angelangt war, kam es zu einer minutenlangen innigen Umarmung, die darauf schließen ließ, dass Isabelle Huppert für die höchste Auszeichnung des Festivals tapfer gekämpft hatte. Viel war in den letzten Tagen des Festivals spekuliert worden über den letztendlichen Sieger und stets war dabei Hanekes Melodrama "Das weiße Band" auf der Rechnung gewesen. So war die Entscheidung am Ende keine große Überraschung. Sie wirkte eher wie die endgültige Anerkennung für das Werk des oft umstrittenen österreichischen Regisseurs.

    Auch der deutsche Koproduzent Stefan Arndt konnte sich freuen, denn er hatte im Vorfeld durchgesetzt, dass der Film ein deutsches Ursprungszeugnis bekommen hatte, weil von seiner Berliner Firma das meiste Geld gekommen war. Manche werden also sagen: ein Erfolg auch für Deutschland. Zumindest aber für das deutsche Fördersystem.

    Und das kann man auch vom großen Star des Abends, Christoph Waltz, für seine Rolle im Film Quentin Tarantinos "Inglourious Besterds" sagen. Waltz ist Österreicher, lebt aber in Berlin und ist im deutschen Kino groß geworden. Außerdem wurde der Film mit acht Millionen Euro aus dem Deutschen Filmförderfonds gefördert und von Studio Babelsberg koproduziert. Noch ein Sieg für Deutschland also, das doch auf den ersten Blick gar nicht auffindbar war in Cannes. Christoph Waltz, der eine ganze Woche lang in sämtlichen Festivalgazetten schon zum besten Schauspieler gekrönt worden war, bekam also mit dem Preis für den besten Schauspieler am Ende auch die offizielle Bestätigung seiner Extraklasse. In der Pressekonferenz der Preisträger reichte er die Auszeichnung weiter an seinen Regisseur und Drehbuchautor Quentin Tarantino.

    "Der Film ist für mich ein Ereignis. Fast ein Naturereignis. Und die Natur dahinter ist Quentin Tarantino. Die Rolle des Oberst Landa ist eine Rolle, die ich ehrlich gesagt auf einem Niveau sehe wie die anderen wenigen großen Rollen der dramatischen Literatur."

    Das glückliche Ende des Festivals mit großen Emotion und sogar Tränen bei der Preisverleihung täuschte nur kurz darüber hinweg, das dem Festival nach einem rasanten Beginn am Ende ziemlich die Puste ausgegangen war. Mit einem Skandalfilm der keiner war von "Gaspar Noe" und einem gehobenen Kitschmelodram der spanischen Regisseurin Isabel Coixet.

    Eigentlich war nach Hanekes "Das weiße Band" nichts Nennenswertes mehr gekommen. Unterm Strich ist der Jahrgang 2009 in Cannes mit einigen vieldiskutierten künstlerischen Höhepunkte wie Lars von Triers "Antichrist" ein guter Jahrgang gewesen.

    Für ein großes Publikum kommen allerdings nur wenige Filme in Frage, darunter an erster Stelle "Looking for Eric" von Ken Loach, in dem auch das durch viel Gewalt im Kino gebeutelte Festivalpublikum einmal herzlich Lachen konnte. Die Palme der Herzen geht eindeutig an diesen Film. Die Geschichte: Das Leben eines einfachen Mannes liegt in Scherben bis er sich seinen Lieblingsfußballstar Eric Cantona herbeiphantasiert. Der erscheint ihm leibhaftig und weist ihm den Weg zu einer tollen Frau und überhaupt zu einem besseren Leben - als persönlicher Trainer sozusagen.