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Langzeitstudien neu bewertet
Rhesusaffen auf Diät werden gesünder alt

US-Forscherteams konnten Widersprüche in den Ergebnissen von zwei Langzeitstudien zur Wirkung von Diäten bei Affen ausräumen. Danach hat eine Kalorienreduktion zwar keine direkten Auswirkungen auf das erreichte Lebensalter - die Tiere auf Diät bleiben im Alter aber gesünder.

Von Christine Westerhaus | 18.01.2017
    Zwei Rhesusaffen (Macaca mulatta) mit ihren Jungen sitzen auf einer Mauer, wobei sich das eine Tier der Fellpflege des anderen widmet, aufgenommen am 24.09.2007 in Kathmandu, der Hauptstadt von Nepal. Im Hinduismus, der Hauptreligion in Nepal, wird der Rhesusaffe als heiliges Tier verehrt.
    Zwei Studien mit scheinbar unterschiedlichen Ergebnissen konnten doch noch vereint werden. (picture alliance / dpa / Jan Woitas)
    Über den Nutzen von FDH-Diäten lässt sich sicher streiten. Doch für die Gesundheit ist es offenbar durchaus sinnvoll, über einen langen Zeitraum weniger Kalorien zu sich zu nehmen: In den beiden Studien, deren Ergebnisse nun im Fachmagazin "Nature" miteinander verglichen werden, hatten die Forscher jeweils Gruppen von Rhesusaffen auf Diät gesetzt. Und in beiden Studien beobachteten die Forscher, dass die Tiere seltener altersbedingte Krankheiten entwickelten als ihre normal ernährten Artgenossen. Doch nur in einer der beiden Studien lebten die Affen auch faktisch länger, wenn sie auf Sparflamme gehalten wurden. Ein Widerspruch sei das jedoch nicht, betont Julie Mattison vom National Institute on Ageing in Baltimore, die eine der Studien geleitet hat:
    "Vermutlich wäre es einfacher gewesen zu sagen, dass die eine Studie richtig gemacht wurde und die andere falsch. Je nachdem, welches Ergebnis die Leute hören wollen. Doch als wir die Untersuchungen miteinander verglichen haben, wurde uns klar, dass beide Studien die Effekte der Kalorienreduzierung in völlig unterschiedlichen Ansätzen untersucht hatten: In der Wisconsin-Studie lebten die Tiere länger gesund und wurden auch insgesamt älter, wenn sie weniger Kalorien bekamen. In unserer Untersuchung lebten die Tiere zwar auch länger gesund, aber nicht insgesamt länger."
    Andere Kost, anderer Zeitpunkt
    Als die Forscher die Studienbedingungen genauer analysierten, sahen sie, dass die Affen in der Studie am NIA, dem National Institute on Ageing, eine wesentlich gesündere Kost zu fressen bekommen hatten: viel Obst und Gemüse und kaum Zucker. In der anderen Untersuchung, die an der University von Wisconsin-Madison gemacht wurde, gab es für die Tiere dagegen eher fettreiche Kost mit viel Zucker. Zudem hatten die Forscher die Tiere am NIA zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Leben auf Diät gesetzt: manche schon vor der Pubertät, andere erst als Erwachsene.
    Auch genetisch unterschieden sich die Affen in der NIA Studie deutlich voneinander: Manche stammten aus China, andere aus Indien. Die Wisconsin-Studie war wesentlich homogener: Alle Tiere waren im dortigen Primatenzentrum geboren worden und dort aufgewachsen. Zudem wurden dort alle Tiere im gleichen Alter auf Sparflamme gesetzt. Trotz dieser Unterschiede kommen beide Studien aber zu einem gemeinsamen und sehr eindeutigen Ergebnis: Wer weniger isst, lebt vielleicht nicht länger, wird aber auf alle Fälle gesünder alt. Mattison:
    "In beiden Studien sehen wir: Tiere, die eine kalorienreduzierte Kost bekommen, leiden seltener an altersbedingten Krankheiten - unabhängig von der Zusammensetzung der Diät oder anderen Faktoren. Das ist die eigentlich wichtige Erkenntnis aus beiden Studien. Und sie ist bedeutender als das Ergebnis, dass die Affen in einer Untersuchung länger lebten, wenn sie weniger zu fressen bekamen. Denn es ist schließlich wichtiger, länger gesund zu bleiben, als insgesamt älter zu werden."
    Weniger krank im Alter
    Vor allem Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen traten bei den auf Sparflamme gehaltenen Affen im Alter seltener auf. Sie litten aber auch seltener an bestimmten Krebsformen. Warum weniger Kalorien die Gesundheit im Alter verbessern können, ist bisher unklar. Doch Julie Mattison und ihre Kollegen hoffen, die Mechanismen nun im nächsten Schritt genauer erforschen zu können:
    "Wir haben Blutproben aus 30 Jahren Forschung und wir haben Gewebeproben von allen Tieren, die verstorben sind. Diese wollen wir nun analysieren, um mehr über die Mechanismen zu erfahren: Sind es bestimmte Stoffwechselwege, die durch die Kalorienrestriktion beeinflusst werden, wie zum Beispiel der Zuckerstoffwechsel oder der Proteinstoffwechsel, oder sind es Immunreaktionen? Ich denke zwar nicht, dass wir zu dem Ergebnis kommen werden, dass ein bestimmter Stoffwechselweg die Gesundheit verbessert und das Leben verlängert. Aber es wird sehr spannend sein, die beiden Studien miteinander zu vergleichen."
    Ergebnisse nicht direkt auf Menschen übertragbar
    Zwar könne man die Ergebnisse aus den Affenstudien nicht direkt auf den Menschen übertragen, meint Julie Mattison. Doch auch für unsere Gesundheit sei es unbestritten förderlich, weniger Kalorien zu sich zu nehmen:
    "Ich denke, es wird niemanden überraschen, dass die Ernährung eines Menschen seine Gesundheit und die Lebensspanne beeinflusst. Die Ergebnisse der beiden Studien verdeutlichen diesen Zusammenhang und sie zeigen, dass es nicht so sehr darauf ankommt, was man isst, sondern dass es Vorteile bringt, nicht zu viel zu essen. Egal, ob es eine westliche Kost mit viel Fett und Zucker ist oder eine gesündere, wie in der NIA-Studie. Vielleicht lebt man nicht länger mit dieser Ernährung, aber sie ist in jedem Fall besser für die Gesundheit."
    Hungern sollte man jedoch nicht, betont Mattison. Und es sei wichtig, sich von dem ständigen Zählen der Kalorien nicht stressen zu lassen.