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"Vier sind das Volk"
Kaum Impro und schlechte Gags beim ZDF

Mit einer Mischung aus Improvisation und Satire sollen die hohlen Phrasen der Politiker spielerisch entlarvt werden: Das ist der Anspruch der neuen Sendung "Vier sind das Volk" mit Wigald Boning. Gelungen ist das nicht.

Von Daniela Mayer | 07.04.2014
    Der Komiker Wigald Boning
    Der Komiker Wigald Boning (picture alliance / Erwin Elsner)
    Ein neues, innovatives Impro-Satire-Spielshow-Format erblickt das Licht des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Mit verrückt-verrockter Deutschlandhymne, dem unvermeidlichen Bernhard Hoecker, Sebastian Pufpaff, Wolfgang Trepper, Philip Simon und dem moderierenden FDP-Mitglied, Wigald Boning:
    "Herzlich willkommen zu "Vier sind das Volk", wir befinden uns hier an historischer Stätte im Wasserwerk in Bonn, hier war jahrelang der Sitz des deutschen Bundestages. Und das ist er ab heute auch wieder, denn ich als Parlamentspräsident und meine vier Mitstreiter als die wahren Volksvertreter zeigen Ihnen anhand verschiedener Spielrunden, wie das Parlament funktioniert. Und alles ist improvisiert."
    Außer diese Moderation. Und alle, die von Wigald Boning in den nächsten 30 Minuten noch folgen werden. Der steht im Anzug unterm Bonner Bundesadler und beide, das muss man leider sagen, wirken auf dem Bildschirm nicht mehr ganz frisch. Das ZDF hat bei dieser Show auf Altbewährtes gesetzt. "Vier sind das Volk" gab es so ähnlich schon mal. In der BBC. Vor 25 Jahren.
    22.03 Uhr: Ein Peitschenknall treibt Bernhard Hoecker, im Laufe des Abends von Philip Simon auch gerne
    "Abgeordnete Honecker, äh Hoecker"
    genannt, ins erste von insgesamt sieben Wortspielen. Kehrtwende heißt es und genau die soll er bei seiner politischen Argumentation zum Thema Steuerhinterziehung vollführen. Mit dem Ziel, den politischen Opportunismus zu entlarven.
    "Die Steuer ist wichtig, sie ist das, was unseren Staat finanziert. Sie ist das, was es unserer Gesellschaft ermöglicht zu leben. Und das nimmt die Selbstständigkeit. Die Menschen übernehmen ja keine Verantwortung mehr. Deshalb, behalten sie ihr Geld."
    Leider entlarvt sich Honecker dabei nur selbst. Das war keine Impro, das waren geschriebene Gags. Und zwar schlechte.
    22:08 Uhr: Der erste Lichtblick. Sebastian Pufpaff, hält eine Gewerkschaftsrede vor Müllkutschern. Mit diesem, ihm angeblich vorher unbekannten Text:
    "Lebt denn der alte Holzmichel noch."
    Die Idee ist neu, aber sie funktioniert. An Stellen, an denen echte Impro passiert, gibt's vielleicht doch noch Hoffnung für die Show.
    "Ich bin heute hier, um Ihnen die Antwort zu bringen. Und ich möchte Ihnen sagen, ja, erlebt noch."
    22.15 Uhr - Halbzeit: Der nicht unwitzige Wolfgang Trepper schimpft über die Sommerzeit und muss dabei – Überraschung - auf total überraschend eingeblendete Überraschungsbefehle reagieren. Zum Beispiel: Haue mit dem Schuh auf den Tisch.
    "So geht das nicht weiter. Scheiße!"
    Verglichen mit dem Satire-Niveau der vorher gelaufenen "heute show", beleidigt diese Show langsam nur noch eines: die Intelligenz ihrer Zuschauer.
    22.17 Uhr: In einem wild zusammen geschnippelten Einspieler bügelt ein Mann eine Katze. Es ist die erste politische Unkorrektheit des Abends, vom Paparazzi-Bild einer dicklichen Merkel beim Langlauf einmal abgesehen. Es folgen wenig originelle Erklärungen von noch unoriginelleren Politikerbegriffen wie Verhältniswahl:
    "Der Seehofer poppt in Berlin und Bayern und irgendwann muss er sich entscheiden, ob er das Verhältnis in Bayern oder Berlin will."
    Dann gibt's plötzlich und unerwartet einen Höhepunkt.
    "Lassen sie mich ausreden."
    Sebastian Pufpaff bricht aus Text und Rolle aus und redet nur noch Quatsch. Und siehe da, es entsteht ein witziges Wortgefecht.
    "So machen sie Politik."
    Endlich ist erkennbar, was in dieser Show gelingen könnte. Die gnadenlose Vorführung des sinnfreien Sprachgehabes von Politikern - mithilfe von Satire und Spontanität. Jetzt endlich schaut auch Wigald Boning vom Teleprompter weg und geht in seiner Funktion als Präsident maßregelnd dazwischen:
    "Ich muss sie des Saales verweisen und das wäre für den weiteren Verlauf der Sitzung ausgesprochen ungünstig."
    Doch da ist es mit dem Spaß auch schon wieder vorbei. Statt den Comedians Raum zur Improvisation zu lassen, wird schnell noch eine Runde geskriptes Phrasendreschen dran geklatscht. Um 22.30 Uhr ist die Show dann vorbei. Was dem Zuschauer nach sieben durchgehetzten, wenig improvisierten Spielen bleibt, ist das Bedürfnis nach Originalität, nach Satire und vor allem nach Luft. All das fehlt leider diesem Format. Beim Improvisieren, Moderieren und beim ganzen derzeitigen Konzept.
    "Die Sitzung ist geschlossen. Gute Nacht Deutschland."