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Dopingkontrollen im Fußball haben Lücken

Die NADA war zuletzt zwei Mal im DFB-Trainingscamp und kontrollierte insgesamt zwölf Nationalspieler auf Doping. Die Kontrollen im Fußball scheinen hart zu sein. Also alles gut? Nein, es gibt noch immer Lücken im Kontrollsystem. Wer geschickt dopen will, kann das auch.

Von Daniel Drepper und Jonathan Sachse | 27.05.2012
    Seit Beginn der Trainingslager sind die Dopingkontrolleure der UEFA unterwegs, um die Spieler der Nationalteams zu testen. Bis zum EM-Finale am 1. Juli werden sie knapp 300 Dopingproben eingesammelt haben. Bei jeder dieser Kontrollen werden Blut und Urin untersucht. Dank der Blutkontrollen kann auch der Betrug mit Fremdblut nachgewiesen werden, dazu gewisse Arten von EPO und Wachstumshormon. Erstmals hatte der Verband bei der EM 2008 Blutkontrollen eingeführt.

    Doch wie effektiv sind diese Tests? Besonders erfolgsversprechend sind die Trainingskontrollen. 2008 hat die UEFA all ihre Trainingstests in den Trainingslagern genommen, war also schon vor dem ersten Spiel mit ihren Kontrollen fertig. Nach dem Eröffnungsspiel hatten die Teams keine einzige Trainingskontrolle mehr zu fürchten, eine Einladung für Doper.
    Dopingexperte Perikles Simon hält nichts davon, den Zeitraum der Tests im Vorfeld festzulegen.

    "Es wurde zum Beispiel vor der WM, vor der letzten Weltmeisterschaft, ganz klar gesagt, wann getestet wird. Also da hat man sich erst in einem Experten-Konsortium zusammengesetzt, um dann den Spielern mitzuteilen, innerhalb dieser Wochen werden wir testen. Dann können sie diese Tests natürlich auch sofort vergessen."

    Das DFB-Team hat vor diesem Turnier bereits eine UEFA-Kontrolle hinter sich. Ein Freifahrtschein? Eher nicht. Für diese Europameisterschaft hat die UEFA angekündigt, auch zwischen den Spielen zu testen. Dennoch gibt es einen Schwachpunkt bei den Trainingskontrollen der UEFA. Kommen Dopingkontrolleure ins Trainingslager, haben die Spieler 60 Minuten lang Zeit, um zur Kontrolle zu kommen. Eine ganze Stunde. Die reicht im Zweifel, um Proben zu verfälschen. Zum Beispiel durch exzessives Trinken oder das Einführen eines Waschmittelkörnchens in die Harnröhre. Letzteres zerstört für die Kontrollen wichtige Strukturen im Urin.
    Der Leiter des Kölner Doping-Labors, Wilhelm Schänzer, lobt die Dopingkontrollen im Fußball. Von der 60-minütigen Frist bei Trainingskontrollen ist Schänzer allerdings überrascht:

    "Da müssen die Kontrolleure aus meiner Sicht so vorgehen, dass die Athleten da wirklich keine Zeit haben groß frei sich zu bewegen und nicht unter Aufsicht sind. Ich denke, dass sollte ein Standard sein, den man schon einhalten sollte."
    Die Kontrollen bei der EM haben Lücken. Trotzdem sind sie die besten, die es im Fußball derzeit gibt. Das Problem: Viele Mittel wirken vor allem in der Vorbereitung. Gute Kontrollen müssten also im Frühjahr stattfinden, am besten noch vor den Trainingslagern der EM-Teilnehmer. Doch diese Kontrollen, etwa in der Bundesliga, sind um Längen schlechter. Im deutschen Fußball gibt es keine einzige Blutprobe. Viele Dopingsubstanzen können Fußballer deshalb völlig gefahrlos einnehmen.
    Im Fußball wird das Dopingproblem oft anders gesehen. So reagierte zum Beispiel DFB-Sportdirektor Matthias Sammer im Herbst 2011 auf Fragen zum Thema distanziert. Doping im Fußball ist für ihn:

    "*Völlig, völliger Nonsens, es ist völlig absurd. Es spielt da wo ich mich auskenne und das ist in nicht ganz wenigen Bereichen keine Rolle. Ich bin nie damit konfrontiert worden und jetzt kommen sie mit ihrer Fragestellung die ja nicht ganz unberechtigt ist und stellen den Fußball so in ein zwielichtiges Licht, weil vielleicht die Blutkontrolle fehlt. Ich sag Ihnen eins: Wenn ich damit die Nation befriedigen kann, machen wir am nächsten Wochenende überall Blutkontrollen. Und sie werden zu dem gleichen Ergebnis kommen. Weil das Thema im Fußball keines ist.""
    Matthias Sammer behauptete im Sportgespräch damals auch, aufgrund der Kontrolldichte könnten Fußballer gar nicht dopen. Doch das ist falsch. Im Schnitt werden deutsche Fußballer nur alle drei Jahre nach einem Spiel kontrolliert. Wobei die Kontrolldichte in der Bundesliga höher ist als in den unteren Klassen. Trainingskontrollen gibt es sogar nur in der ersten und zweiten Liga. Die Nationale Anti Doping Agentur testet pro Saison 500 Mal im Training. Durchschnittlich geben die Profis so nur alle drei Jahre im Training Urin ab. Gezielter werden nur die männlichen und weiblichen Nationalspieler getestet.

    Die deutschen Doping-Behörden sehen im Fußball kein großes Risiko – genau wie im Handball oder im Basketball. Deshalb können nur die Nationalspieler auch außerhalb der Trainings- und Spielzeiten kontrolliert werden. Sie müssen der NADA ihren Aufenthaltsort angeben. Alle anderen Profis werden nur während der offiziell vom Verein gemeldeten Termine getestet. Zu Hause brauchen sie keine Kontrolle zu fürchten. Jedes Land hat hier seine eigenen Regeln. Grundsätzlich gilt: Fußballer haben geringere Auflagen als Radsportler oder Leichtathleten.
    Ein intelligenter Fußballer dürfte so von DFB und UEFA kaum beim Dopen erwischt werden.

    Mehr Beiträge zum Thema Doping im Fußball gibt es seit Freitag unter fussballdoping.de