Der Journalist und Schriftsteller Deniz Yücel tritt seit jeher vehement ein für die Kunstfreiheit, für das offene Wort und den demokratischen Diskurs. Er hat die Beschneidung des freien Worts am eigenen Leib erlebt, als er 2017 für ein ganzes Jahr in der Türkei in Untersuchungshaft saß. Yücel war damals Türkei-Korrespondent der Tageszeitung "Die Welt", für die er heute noch schreibt.
Es gebe in Deutschland Grenzen der Meinungsfreiheit, sagte Yücel im Gespräch mit Kultur heute, und innerhalb dieser weit gefassten Grenzen, müsse vieles möglich sein, auch "dumme Haltungen" und "bescheuerte Kunst".
Meinungsfreiheit nur für einige ist keine
Das heiße nicht, dass ihm das dumme Wort gleichgültig sei: "Ich bilde mir ein in der politischen Auseinandersetzung mit den Feinden der offenen Gesellschaft auch nicht zimperlich zu sein." Wenn es aber um Verbote und Ausschlüsse gehe, müsse man schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit vieles zulassen. "Ich bin sehr dafür, die Freiheit auch für Worte und Ansichten zu verteidigen, die ich nicht teile, die ich kritisiere oder sogar verabscheue. Denn eine Meinungsfreiheit, die nur für mich selber und meinesgleichen gilt, die ist auch keine."
Yücel: Nur gefühlte Bedrohung ist mir suspekt
Zur Diskussion um die Teilnahme rechter Verlage an der Frankfurter Buchmesse merkte Yücel an: Ein bloßes Gefühl von Bedrohung, wie es in diesem Zusammenhang geäußert worden sei, komme sonst eher von Rechtspopulisten. Einge Autorinnen und Autoren hatten ihre Teilnahme an der Messe abgesagt, weil sie sich, wie die schwarze Schriftstellerin Jasmina Kuhnke, bedroht fühlten oder Solidarität zu ihr demonstrieren wollten.
In Deutschland gebe es staatliche Stellen, die man in Anspruch nehmen könne, wenn es wirklich eine Bedrohung gibt. "Das nicht zu tun und herauszuposaunen, ich bin bedroht und komme nicht, mir ist das ehrlich gesagt suspekt."
Bei der Bekämpfung von Extremisten, Gewalttätern und Feinden der offenen Gesellschaft dürfe man nicht preisgeben, was die offene Gesellschaft ausmache. Dieses Prinzip müsse auch für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und dem Rechtspopulismus gelten.