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Recht auf Vergessen im Internet?

Wie vergesslich ist das Internet? Diese Frage wird derzeit heftig diskutiert, denn die EU plant eine neue Datenschutzrichtlinie. Die Alte stammt aus dem Jahr 1995. Die EU-Justizminister haben sich in Luxemburg darüber beraten. Deutschland sieht an vielen Stellen noch Klärungsbedarf.

Von Annette Riedel | 06.06.2013
    Die EU-Justiz-, bzw. Innenminister wollten heute das äußerst schwierige, äußerst konfliktreiche Thema europäische Datenschutz-Grund-Verordnung bei vier von zehn Kapiteln vorantreiben – und sind nicht sehr weit gekommen. Zu komplex die Materie, zu uneins sind sie noch bei der konkreten Ausformulierung der Gesetzestexte.

    "Wir haben es hier mit 27 unterschiedlichen Mitgliedsstaaten zu tun. Sizilien kommt von einem völlig anderen datenschutzrechtlichen Niveau als Deutschland oder Schweden",

    so der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Schröder nach den Beratungen, die im Ergebnis bestenfalls die Grundlage für sehr viele weitere Beratungen gebracht haben.

    Mit dieser Verordnung sollen eines, wie es scheint noch ziemlich fernen, Tages zum einen europaweit die gleichen Prinzipien und Standards beim Datenschutz gelten. Und zum anderen soll es leichter werden, diese Rechte ganz praktisch einzuklagen. Deutschland gehört zu den Ländern, die, unabhängig von Einwänden bei einzelnen Details des aktuellen vorliegenden Entwurfs für einen gemeinsamen europäischen Datenschutz sind.

    "Für uns ist die große Herausforderung darauf zu achten, dass wir ein einheitliches europäisches Datenschutzrecht bekommen, aber gleichzeitig auch unsere Standards nicht abgesenkt werden."

    Eines der vier Kapitel, bei denen sich die EU-Minister heute einer Einigung zumindest annähern wollten, ist zugleich eines der strittigsten. Es geht um die ‚Einwilligung’. Im Prinzip ist man sich im Grundsatz einig, dass jeder Bürger Eigentümer seiner Daten ist und deren Weitergabe zustimmen muss. Aber wie? Es macht einen erheblichen Unterschied, ob und wie der Nutzer selbst aktiv werden muss, damit Daten weiter gegeben können oder damit sie nicht weiter gegeben werden können.

    Aber auch an anderen Stellen sieht Deutschland noch Klärungsbedarf – nur drei von x Beispielen: Wie kann Pressefreiheit, Quellenschutz und Meinungsfreiheit mit Datenschutz in Einklang gebracht werden? Wie weit geht die Durchsetzung des ‚Rechts auf Vergessen werden’ im Netz? Was wird aus den betrieblichen Datenbeauftragten?

    Die irische Ratspräsidentschaft hatte sich jedenfalls sehr engagiert um die Weitertreibung des Projekts bemüht, obwohl die Iren selbst ja von einem niedrigen Datenschutzniveau kommen. Der irische Justizminister Shatter erinnerte heute auch noch einmal daran, dass einheitlicher europäischer Datenschutz eine Win-Win-Situation für Bürger und Unternehmen sein kann.

    "Der Schutz der Bürger würde deutlich verbessert. Eine bessere, einheitliche Datenschutzarchitektur in Europa wäre auch gut für die Unternehmen gut. Sowohl die Bürgerrechte als auch die Wirtschaft gewännen gegenüber der bestehende Gesetzgebung."

    Es wird noch viel, sehr viel über die europäische Datenschutzverordnung verhandelt werden. Nicht ausgeschlossen, dass das Projekt am Ende scheitert.