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Theaterstück
Vom Umgang mit dem Fremden

In ihrem Theaterstück "Espace Schengen" macht Laura de Weck verschiedene Definitionen des Ausländerbegriffs zum Thema. Statt auf weitere Abschottung und eine latente Abneigung gegenüber allem Fremden, hofft die Autorin auf eine Wende hin zur Weltoffenheit.

Von Michael Laages | 07.03.2014
    Plakat der Befürworter der Initiative zur Masseneinwanderung in die Schweiz
    Angst vor dem Fremden offenbart nur die eigene Furcht. (dpa / picture-alliance / Thomas Burmeister)
    Nein, sehr viel Phantasie hat es nicht gebraucht, um zu ahnen, wohin das Volksbegehren in der Schweiz führen könnte: Als Bewerber allerdings hat sich Laura de Weck ausgerechnet Michail Chodorkowski ausgedacht, der - frisch frei gelassen aus russischer Haft und Verbannung - die Familienzusammenführung in der Schweiz beantragt. Aber nicht mal für ihn gibt's ein Kontingent.
    "Espace Schengen" ist eine scharfe, kleine Polemik, die den prominenten Russen frech in ein Boot setzt mit jedem x-beliebigen Afrikaner, der jetzt schon abgewiesen wird; ganz wie der fiktive Ex-Magnat aus Russland. Und die Autorin nimmt darüber hinaus ganz grundsätzlich all die unklaren Alltagshaltungen ins Visier, die den Umgang mit dem Fremden an sich, speziell wenn es arm ist und bedürftig, so fatal erscheinen lassen. Humanitärer Verpflichtungen ist jeder und ist jede sich bewusst - aber bitte kein Asylbewerberheim in der Nachbarschaft!
    Dialoge wie aus dem Handbuch für Asylbewerber
    So knapp und klar kommt der Text in den besten Momenten daher. Schauspielerin und Schauspieler werfen sich zur Musik eines DJ den ganzen schnellen, kurzen Abend über Stichworte zu und führen Dialoge wie aus dem Handbuch für Asylbewerber. Als vierter Mitspieler ist rechtsaußen auf dem Bühnenpodest und im Video ein gewisser "Bill" präsent, pfiffig geschnitten wird er zum echten Dialogpartner für die anderen - und durch glückliche Fügung (genauer: eine Aufenthaltsverlängerung, einen Aufschub im eigenen Asylverfahren) ist dieser "Bill" in Hamburg tatsächlich dabei.
    Ihm bleiben die letzten Worte in dieser kabarettistisch-präzisen Nummernrevue aus dem europäischen Absurdistan zwischen Asyl und Abschiebung; und Bill, der Reggae-Sänger aus Guinea, singt. Der Fall der Schweiz hat die vielerorts latente Abneigung gegenüber allem, was fremd ist, nur unter's Brennglas gelegt, meint Laura de Weck. Und statt auf weitere Abschottung hofft sie noch immer auf die Wende zur Weltoffenheit - wer nur die eigenen Ängste pflege, werde auch an ihnen scheitern. Auch deshalb passt das kleine Stück jetzt umso besser zur neuen Schweiz.