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Islamisten
Bei Verdacht Ausweis weg

Werden radikale Islamisten mit deutscher Staatsbürgerschaft verdächtigt, die Ausreise nach Syrien oder in den Irak zu planen, soll ihnen der Personalausweis entzogen werden dürfen. Dafür will Bundesinnenminister Thomas de Maizière die nötigen Gesetzesänderungen vorlegen. Kritik kommt indes von der Gewerkschaft der Polizei.

Von Stefan Maas | 18.10.2014
    Ein deutscher Personalausweis ragt aus einem Portemonnaie.
    Als Ersatz für den entzogenen Personalausweis sollen Betroffene ein vorläufiges Papier erhalten, auf dem vermerkt ist, dass die Ausreise aus Deutschland nicht erlaubt ist. (picture alliance / dpa - Karl-Josef Hildenbrand)
    Mit dem Personalausweis in die Türkei und von dort in den Irak oder nach Syrien. Dieser Weg soll radikalen Islamisten mit deutscher Staatsbürgerschaft zukünftig verwehrt sein. Darauf einigten sich die Innenminister von Bund und Ländern gestern bei ihrer Sonderkonferenz in Berlin. Dafür will Bundesinnenminister Thomas de Maizière "unverzüglich" die nötigen Gesetzesänderungen vorlegen. Bislang konnte Verdächtigen nur der Reisepass entzogen werden, was Reisen ins außereuropäische Ausland erschwert, nicht aber der Personalausweis. Denn in Deutschland muss man sich ausweisen können. Das Problem dabei, sagte Ralph Jäger, der nordrhein-westfälische Innenminister und derzeitige Vorsitzende der Innenministerkonferenz, im Deutschlandfunk:
    "Personalausweis reicht, um über die Drehscheibe Türkei nach Syrien und Irak auszureisen. Und wir haben uns darauf geeinigt, das Gesetz so zu ändern, dass Ordnungsbehörden bei bestimmten Verdachtsfällen, dass die Ausreise vorbereitet wird in den Dschihad, den Personalausweis einzuziehen."
    Deshalb hätten sich die Minister gestern darauf verständigt, den Betroffenen ein vorläufiges Ersatzpapier auszustellen. Wie das aussehen könnte, hatte Bundesinnenminister De Maizière gestern erklärt:
    "Auf der Seite eins steht 'Ersatzausweispapier, berechtigt nicht zum Verlassen Deutschlands'. Sie finden dann im Mittelteil diesen Hinweis in vielen Sprachen. Ob es genau dieses Muster wird oder ein ähnliches, wird mit den Ländern im Einzelnen zu erörtern sein."
    Ein unwirksames Mittel?
    Kritik an den Plänen der Innenminister kommt von der Gewerkschaft der Polizei. Deren Vorsitzender, Oliver Malchow, erklärte, mit dem Entzug der Ausweispapiere lasse sich die Reisetätigkeit deutscher Salafisten nicht steuern. NRW-Innenminister Jäger gibt zu, die alleinige Lösung könne diese Maßnahme nicht sein.
    "In einem Europa ohne Grenzen ist es ohnehin schwierig, aber in Verbindung damit, dass der Justizminister plant, die Vorbereitung von Ausreisen in den Dschihad unter Strafe zu stellen, mit dem Entzug des Personalausweises werden wir, nicht in allen Fällen, aber in vielen Fällen, die Ausreise tatsächlich verhindern können."
    Nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden sind bisher mehr als 450 Islamisten aus Deutschland in Richtung Irak und Syrien ausgereist. Mehr als 150 seien inzwischen zurückgekehrt. Bei diesen Rückkehrern könne man drei Gruppen unterscheiden, sagte Jäger. Die erste Gruppe kennzeichne:
    "...dass sie desillusioniert sind. Dass sie festgestellt haben, dass sie als Kanonenfutter missbraucht wurden. Die zweite Gruppe ist traumatisiert aufgrund von Kampferfahrung. Und die dritte Kategorie ist zusätzlich radikalisiert, verroht, ausgebildet mit Sprengstoff und Waffen und stellen in der Tat ein extrem sicherheitspolitisches Risiko dar."
    Hierbei handele es sich um die größte Gruppe. Deshalb müsse alles getan werden, um diese Personen an der Ausreise zu hindern. Denn Deutschland dürfe keinen Terror exportieren. Genau das aber habe Bayern gestern getan, sagen die Grünen.
    Grüne kritisieren Bayerns Abschiebung eines 22-Jährigen
    Am Nachmittag war bekannt geworden, das Bayern einen 22-jährigen Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat in die Türkei abgeschoben hat. Die Grünen werten das als Verstoß gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die die Staaten auffordert, die Ausreise von IS-Kämpfern in das Krisengebiet zu verhindern. Noch vor etwa einer Woche hatte sich auch Bundesinnenminister de Maizière für ein Verfahren in Deutschland und eine mögliche Abschiebung danach ausgesprochen. Bayerns Innenminister Joachim Hermann verteidigte das bayerische Vorgehen als einzig richtigen und konsequenten Weg.