Archiv

Bankenkongress
Finanzinstitute diskutieren Niedrigzinsen

Niedrige Zinsen waren ein wichtiges Thema auf dem Bankenkongress, mit dem die Europäische Finanzwoche in Frankfurt zu Ende ging. Ebenso die Bankenunion, die manche Finanzinstitute mehr fürchten dürften, als die Rückkehr der Blockupy-Demonstranten.

Von Michael Braun | 22.11.2013
    Dem European Banking Congress hatte Blockupy die European Action Conference entgegengestellt. Die musste sich mit Räumlichkeiten in der Uni Frankfurt begnügen. Die Banker kamen in Frankfurts noble Alte Oper. Und Blockupy hatte heute zwar veganes Frühstück im Angebot. Den Bankern protestierend die Meinung sagen, das ist für 14 Uhr geplant.
    Heute Vormittag war die Geldindustrie also unter sich, aber keineswegs einer Meinung. Der Präsident der Europäischen Zentralbank hatte sich vorgenommen, die niedrigen Zinsen vor Kritik vor allem aus der Bundesbank zu verteidigen. Da schoss Mario Draghi zunächst gegen alle, die nur ihre heimische Volkswirtschaft im Auge haben.
    „In ihren Beratungen handeln die EZB-Ratsmitglieder nicht als Deutsche, Franzosen, Spanier oder Italiener, sondern als Europäer, die ihr europäisches Mandat ausüben.“
    Vielleicht hatte Draghi dabei Jens Weidmann im Sinn, den Bundesbankpräsidenten. Der hat seine Teilnahme am Bankenkongress heute kurzfristig abgesagt. Er hatte aber vorige Woche versucht, die Spannungen im EZB-Rat nicht zu schüren, gleichwohl auf die Gefahren des niedrigen Zinses aufmerksam gemacht:
    „Es ist von einer ‚schleichenden Enteignung der deutschen Sparer’ die Rede, und ich kann diese Sorgen nachvollziehen. Für mich ist es daher wichtig, Sorge dafür zu tragen, dass negative Realzinsen kein Dauerzustand werden und die Geldpolitik nicht zur Gefangenen der Politik oder der Finanzmärkte wird.“
    Draghi gestand heute zu, dass die Sparer - besonders die, die für ihr Alter vorsorgten - ihr Vermögen kaum mehr wachsen sehen. Das sei zwar richtig. Aber auch dem setzte Draghi sein Argument entgegen:
    „Die Zinsen sind niedrig, weil die Wirtschaft schwach ist. Würden wir die Zinsen anheben, würden wir die Wirtschaft schwächen. Die Menschen verlören ihre Arbeit und dann wären ihre Ersparnisse für immer niedriger.“
    Kongressthema ist auch die Aufsicht der EZB über die größten europäischen Banken. Dem will sie eine Bilanzprüfung und einen Stresstest vorschalten, um möglichst keine Altlasten zu übernehmen. Sollte sie aber Bilanzlöcher identifizieren, ist offen, wer die stopft. Das könnte Unruhe ins Bankensystem bringen. Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen warnte deshalb:
    „Die nächsten zwölf Monate könnten für die europäischen Banken die vielleicht entscheidendsten seit der Finanzkrise 2008 werden.“
    Und dann diskutierte der Kongress noch darüber, von welchem EU-Land derzeit die größte Bedrohung für die Währungsunion ausgehe. Frankreich mit seinem ungenügenden Reformeifer sei der heißeste Kandidat, meinten Teilnehmer in einer Blitzumfrage. Aber Deutschland müsse auch was tun, um mit seiner enormen Wettbewerbsfähigkeit andere nicht an die Wand zu drücken. Commerzbank-Vorstand Martin Blessing konnte da Entwarnung melden:
    „Wenn alles umgesetzt wird, was im Koalitionsvertrag steht, werden wir unser Wachstum drosseln und unser Land ein bisschen weniger wettbewerbsfähig machen. So gesehen ist die Konvergenz in Europa auf gutem Weg."
    Solche Ironie dürfte auch den gleich auflaufenden Blockupy-Aktivisten aufstoßen. Ein Motto ihres Protests: „Gegen das europäische Spardiktat“.