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Finanzbranche
Bei der Euro Finance Week geht’s um die Bankenunion

Geht eine Bank, pleite muss sie abgewickelt werden. Wer die Zeche dafür bezahlt, ist noch unklar. Darüber diskutieren die EU-Finanzminister bis Ende des Jahres. Die Bankenszene ist aufgewühlt und im Moment geballt vertreten in Frankfurt auf der Euro Finance Week.

Von Michael Braun | 18.11.2013
    Besenrein sollen die Banken sein, wenn die Europäische Zentralbank nächstes Jahr die Aufsicht über die größten Institute übernimmt. Deshalb prüft sie zuvor die Bilanzen und setzt die Institute einem Stresstest aus. Das luxemburgische Direktoriumsmitglied Yves Mersch sprach heute in diesem Zusammenhang das Privileg staatlicher Kreditnehmer an: Kaufen Banken Staatsanleihen, geben sie Staaten also einen Kredit, müssen sie die nicht mit Eigenkapital unterlegen. Das, so Mersch, könnte sich im Prüfverfahren ändern:
    "Auf jeden Teil (gemeint: Fall; d. Red.) werden die Staatsanleihen in einem Stresstest einem Druck unterliegen, weil wir ja ohnehin nicht umhin können, über das Marktrisiko auch die Staatsanleihen zu belasten."
    Und käme dann aus dem Stresstest heraus, die eine oder andere Bank habe zu wenig Eigenkapital, könne Schuldenschnitte a la Griechenland oder Zypern also nicht abfangen, dann kämen die Banken unter Druck: Sie bräuchten neues Kapital. Und wenn niemand es ihnen gäbe? Mersch kritisierte, dass in Deutschland zu schnell der Staat einspringe, ein ungehöriger Wettbewerbsvorteil, den eine OECD-Studie berechnet habe:
    "Laut dieser Studie sparen die 17 größten deutschen Banken aufgrund dieser impliziten Garantie jährlich Zinsen, die sich auf mehr als 20 Milliarden Euro belaufen."
    Gut möglich, dass der deutschen Kreditwirtschaft dieses Privileg in einer europäischen Bankenunion genommen wird. Umso mehr kämpft die Branche gegen Belastungen, die ihr zusätzlich aus Berlin drohen. Deutsche Bank-Vorstand Jürgen Fitschen wurde dabei an die Adresse der Koalitionsverhandler sehr deutlich. Fitschen sagte,
    "dass die Sache mit der Finanztransaktionssteuer ziemlich unsinnig ist. Ich würde mir wünschen, dass in den Koalitionsvereinbarungen man endlich zu dem Punkt kommt, dass man sich endlich über solche Punkte nicht mehr langwierig auseinandersetzen muss. Was muss noch passieren, wem muss man noch zuhören wollen, bevor man zur Einsicht gelangt, dass mit solchen Methoden keine vernünftigen Lösungen möglich sind."
    Banken besteuern, sie schrumpfen lassen, also nur auf Sicherheit zu achten, das funktioniere nicht. Fitschen nutzte eine Analogie zur Autoindustrie:
    "Wenn Sie ein Auto bauen, das nicht schneller als 20 fährt, dann haben Sie ein sicheres Auto wahrscheinlich. Aber versuchen Sie mal, es zu verkaufen. Sie werden böse scheitern damit, weil die Kunden es nicht annehmen werden"
    Deshalb solle niemand das Investmentbanking verteufeln, aller zugestandenen Übertreibungen in der Vergangenheit zum Trotz:
    "Weil wir das Wachstum in Europa auf Dauer nicht hinbekommen, wenn wir immer nur auf den Bankenkredit, auf die Bilanzen schauen. Das muss doch mal in die Köpfe alle Beteiligten reingehen."
    Der Hintergrund: Unternehmen, auch Mittelständler, finanzieren sich zunehmend mit Aktien und Anleihen, also Produkten des Investmentbankings. Daran will die Kreditwirtschaft festhalten. Im Ziel ist man sich einig: eine sichere Finanzindustrie. Über die Methoden wird noch viel gestritten. Und man hat den Eindruck: Der Streit wird heftiger.