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Draghi dämpft Spekulationen über Negativ-Zins

EZB-Chef Mario Draghi hält sich alle Optionen offen. Spekulationen über negative Zinsen für bei der Zentralbank geparkte Bankengelder hat er erst einmal heruntergespielt. Wie so eine Strafgebühr wirken würde, ist auch noch unklar.

Von Brigitte Scholtes | 21.11.2013
    Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat Spekulationen über einen negativen Zins in der Euro-Zone heruntergespielt. Das Thema sei aber auf der jüngsten Sitzung besprochen worden, bestätigte er. Draghi reagierte damit auf Berichte, wonach die EZB erstmals einen negativen Zins tatsächlich in Betracht ziehe.
    EZB-Chef Mario Draghi hält sich die Option negativer Einlagezinsen für Banken offen. Das tut er wohl mit Bedacht, denn eine Strafgebühr für überschüssige Gelder, die die Banken über Nacht bei der EZB parken, ist bisher wenig erprobt und ihre Wirkung entsprechend unsicher. Die Notenbank will die Kreditinstitute damit ermuntern, ihr Geld in die Wirtschaft zu schleusen, indem sie Kredite vergeben. Mögliche Folgen eines negativen Zinses beschreibt Reinhard Pfingsten, Chef der Vermögensverwaltung bei Hauck & Aufhäuser:
    "Zusammengefasst würde es wahrscheinlich dazu führen: Kreditvergabestandards sinken, also wir kommen einfacher an Kredite dran, aber insgesamt steigen die Kreditzinsen eher und würden nicht sinken."
    Genauso hatten nämlich im vergangenen Jahr die Geldhäuser in Dänemark reagiert, als die dänische Notenbank einen Viertel Prozentpunkt an Strafgebühr auf Einlagen einführte – das aber nur für kurze Zeit. Denn den Banken entstehen so ja Kosten. Ob die Kreditvergabe wirklich angekurbelt würde, daran hat Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ-Bank, jedoch wegen der aktuellen Bankenregulierung Zweifel:
    "Dagegen spricht natürlich schon die kommenden Bankenstresstests. Daher werden Banken weiterhin eher das Risiko scheuen, die Bilanzen eher verkürzen, um die Anforderungen zu erfüllen. Von daher glaube ich jetzt nicht, dass ein negativer Einlagensatz die Investitionsneigung oder die Kreditvergabe der Banken groß stimulieren wird."
    Einen solchen wenn auch kleinen Schritt hin zu negativen Einlagenzinsen müsste man auf jeden Fall flankieren mit anderen Maßnahmen, meinen Volkswirte, weil bei einer höheren Kreditvergabe die Banken wieder mehr Kernkapital zurücklegen müssen. Kurzfristig könnte eine Parkgebühr für die Bankeneinlagen zwar ein deutliches Signal an die Finanzmärkte aussenden, glaubt Michael Schubert, Volkswirt der Commerzbank. Denn damit würde die Notenbank deutlich machen, dass sie bereit ist, auch ungewöhnliche Wege zu gehen. Aber diese Wirkung werde nicht anhalten, glaubt Schubert:
    "Statt das Geld bei der Zentralbank anzulegen, kann eine Bank im schlimmsten Fall natürlich auch Bargeld halten. Dann verringert sich der Wert des Bargelds nicht, wenn der Einlagenzins so niedrig ist, dass die Bargeldhaltung halt günstiger ist, wird die Bank das nicht mehr machen. Es gibt eine Grenze für negative Zinsen. Und wenn die Märkte erkennen, dass es diese Grenze gibt und sie erreicht wurde, denken die Märkte, dass die EZB am Ende ihrer Möglichkeiten ist."
    Die aber hat sie zurzeit noch, indem sie auf anderen Wegen Geld in die Märkte pumpt. Deshalb könnte die EZB doch noch zurückhaltend sein mit der Einführung eines negativen Einlagenzinses.